1. tz
  2. München
  3. Kultur

Kunsthalle München: „Flowers forever“ - eine Ausstellung wie ein bunter Blumenstrauß

Erstellt:

Von: Katja Kraft

Kommentare

Sir Lawrence Alma-Tademas „Die Rosen des Heliogabulus“ (1888) in der Kunsthalle München
Flowers forver Alma-Tadema_Die-Rosen-des-Heliogabulus_1888_Coleccion-Perez-Simon.jpg © Kunsthalle München

Die Kunsthalle München lädt zur prächtigen Schau „Flowers forever“ ein. Ein herrlicher erster Frühlingsgruß, der gute Laune macht.

Die Geranie: ein bayerisches Ur-Gewächs? Von wegen. Die wohl beliebteste Balkonpflanze im Voralpenland stammt aus Südafrika. Und damit erzählt mit das Schönste, was uns die Natur geschenkt hat – die Blumenwelt nämlich –, allen, die bereit sind, zuzuhören, auch von den Schrecklichkeiten, zu denen Menschen fähig sind. Von Kolonialhandel, Ausbeutung anderer Länder und Kulturen. Besonders eindrücklich tut dies die Künstlerin Kapwani Kiwanga. Einen kompletten Ausstellungsraum in der Kunsthalle München hat sie grell-gelb bemalt. Darin zwei Podeste, darauf je ein Pfauenstrauch. Eine Pflanze also, die versklavte Frauen als natürliches Abtreibungs- und Verhütungsmitteln nutzten, wenn sich der Kolonialherr wieder an ihnen verging.

Ihre Weiblichkeit zurückgeben möchte die Künstlerin Owanto beschnittenen Mädchen, die sie
Ihre Weiblichkeit zurückgeben möchte die Künstlerin Owanto beschnittenen Mädchen, die sie © kjk

Allein diese Installation in der Schau „Flowers forever“ zeigt, dass die Kuratoren Franziska Stöhr und Roger Diederen sich bei diesem prächtigen Ausstellungsthema nicht auf das Naheliegende beschränken: Statt einzig Stillleben opulenter Bouquets zu präsentieren, wie man sie schon so oft gesehen hat, bieten sie einen lehrreichen und sinnlichen Streifzug durch die Kulturgeschichte der blättrigen Schönheiten vom Altertum bis heute. Mit einem grandiosen Finale: der Installation aus Blumen von der britischen Künstlerin Rebecca Louise Law.

Miguel Chevaliers Medieninstallation in der Kunsthalle München
Digitale Blumen, die auf die Besucher mit Bewegung reagieren, hat Miguel Chevalier eigens für die Schau kreiert. © kjk

Und je mehr man hier erfährt über die religiöse Symbolik der Rose; über die rote Nelke als Anti-Kriegs-Rebellion; von der Umweltzerstörung durch pervertierte Supermarktblumen-Massenproduktion; auch von der historischen Tulpenmanie 1635-1627 in den Niederlanden, bei der wie so oft die Gier über den Verstand siegte; oder wenn aus den Lautsprecherboxen Florian Boeschs Interpretation von Goethes „Heidenröslein“ tönt und einem erst so richtig gewahr wird, dass hier eine versuchte Vergewaltigung beschrieben wird, desto mehr fragt man sich, warum dies die erste Ausstellung überhaupt ist, die sich diesem üppigen Thema spartenübergreifend widmet. Mit Gemälden und Skulpturen, Fotografien, Design und Mode, interaktiver Medieninstallation und naturwissenschaftlichen Objekten. Ein bunter Strauß, den man mit Augen pflücken kann. Und Lust macht auf das gesamte Flower Power Festival 2023, das jetzt in München und im Umland für Frühlingsgefühle sorgt. Bis 27. August 2023 in der Kunsthalle München; tägl. 10-20 Uhr. Der Katalog ist bei Prestel erschienen, 288 Seiten; 45 Euro.

Auch interessant

Kommentare