Der neue „Polizeiruf“ aus Magdeburg: In der Gewalt der Nachbarin

Dieser „Polizeiruf“ aus Magdeburg mit Claudia Michelsen ist im Vordergrund ein ganz normaler Krimi. Doch im Hintergrund kämpft Michelsens Chef, Kriminalrat Uwe Lemp (Felix Vörtler), einen Kampf auf Leben und Tod.
Ein Baby wird entführt, eine Ermittlung läuft an, ein Verdächtiger ist schnell im Visier der Kriminaler um Doreen Brasch (Claudia Michelsen). So weit, so konventionell dieser „Polizeiruf 110“ aus Magdeburg, mit dem die ARD die Sommerpause beim Sonntagskrimi beendet. Doch dieser Fall ist viel mehr als das, er erzählt unter dem treffenden Titel „Du gehörst mir“ mindestens zwei dramatische, hochkomplexe (Beziehungs-)Geschichten.
Khyana el Bitar hat ein Drehbuch geschrieben, das regelmäßig die Perspektive wechselt zwischen einer klassischen Tätersuche als Haupthandlung und einer Nebenhandlung, die immer wieder beklemmend in den Mittelpunkt dieses Films rückt – das Duell der Entführerin mit Kriminalrat Uwe Lemp (Felix Vörtler). Der wird als unfreiwilliger Mitwisser des Kidnappings jäh selbst zum Opfer. El Bitar und Regisseur Jens Wischnewski erzählen diese Geschichte kompromisslos als verzweifelten, brutalen (Überlebens-)Kampf zweier ungleicher Kontrahenten, der keine menschliche Reaktion in einer Extremsituation ausspart – von purer Aggression bis zur fast zärtlichen Annäherung.
Buch und Regie zeigen in Inga Werner (Franziska Hartmann) kein Monster, sondern eine zutiefst traumatisierte Frau, die die Trauer über den Verlust des eigenen Kindes bewältigen will, indem sie ein fremdes an sich nimmt. Grandios auch Felix Vörtler als Lemp, der sich von einer Sekunde auf die andere in einer aussichtslosen Lage sieht – und sich in seinem Spiel spürbar weder schont noch schonen lässt. Große Sorgfalt verwendeten die Macher darüber hinaus auf die übrigen Charaktere, gut ausbalanciert das verhängnisvolle Verhältnis der jungen Mutter (Hannah Schiller) zu ihrem Ex-Freund (Max Hemmersdorfer).
Und mittendrin eine charismatische Claudia Michelsen, die nicht viel tun muss, um ihrer Kommissarin in diesem intensiven Film Statur zu verleihen. So bleibt „Du gehörst mir“, obwohl – oder weil – die Zuschauerinnen und Zuschauer stets mehr wissen als die Polizei, packend bis zur letzten Sekunde. Schon jetzt einer der besten Sonntagskrimis des Jahres.
