Der neue „Tatort“ aus Frankfurt: Rechter, als die Polizei erlaubt

Welchem Kollegen kannst du noch trauen? Die Polizei selbst steht im Mittelpunkt des neuen Frankfurter „Tatort“. Die Kommissare Janneke und Brix (Margarita Broich und Wolfram Koch) ermitteln diesmal in den eigenen Reihen. Wenn das real ist - gute Nacht!
Ein Mord, begangen vor den Augen der Zuschauerinnen und Zuschauer oder im Off, das Auffinden der Leiche, die Arbeit der Kriminaltechniker – nichts von dem, was üblicherweise einen Krimi einleitet, spielt sich hier ab, hier steht einzig und allein die Suche nach einem toten Polizisten im Mittelpunkt. Nicht enden wollen diese Fahrten kreuz und quer durch eine nächtliche, menschenleere Landschaft, hier ist eine desillusionierte, ausgebrannt wirkende Truppe unterwegs, die von einem obskuren Zeugen mal dahin, mal dorthin geführt wird.
Bastian Günther, Autor und Regisseur von „Erbarmen. Zu spät“ mutet dem Publikum viel zu in diesem ARD-„Tatort“. Man hat das Gefühl, in Echtzeit dabei zu sein bei dieser unspektakulären, mühsamen, körperlich und seelisch belastenden Aktion. Und doch ist dieser Film keine Sekunde langweilig, denn im fahlen Schein der Lampen werden beängstigende Strukturen innerhalb der Polizei sichtbar (Kamera: Michael Kotschi).
Die Dunkelheit kann durchaus als Metapher gesehen werden – hier wird der Umsturz vorbereitet, hier werden Waffen und Lebensmittel gehortet für den Tag X, hier kann einer behaupten: „Wir sind so viele!“ und locken: „Komm zu uns, noch ist es nicht zu spät!“ Die rechten Umtriebe bei der Frankfurter Polizei standen Pate für diesen Film, der einerseits die Dimensionen der Unterwanderung des Apparats beleuchtet, andererseits aber auch die Psyche der Beamten in den Blick nimmt.
Es wird nicht viel geredet, dafür sprechen die Gesichter, sie erzählen von der Angst vor den eigenen Kollegen, von brüchigen Freundschaften, aber auch von der Trostlosigkeit des Daseins als Ordnungshüter – gefeiert und über die Stränge geschlagen wird immer auf der anderen Seite.
Bastian Günther hat sehr gute Darsteller zur Verfügung, allen voran Godehard Giese als Radomski, ein Teufel mit sanftem Blick. Aber auch Karsten Antonio Mielke, Uwe Rohde und Niels Bormann müssen nicht viel tun, um Charaktere jenseits aller Klischees zu verkörpern. Wolfram Koch als Paul Brix und Margarita Broich als Anna Janneke fügen sich gut ein in diese Personnage – an ihnen zeigt Macher Günther, wie wenig heldenhaft und allwissend Kriminaler sein können.
Dass die Täter auf freiem Fuß bleiben, beunruhigt ebenso wie das Blut, das plötzlich vom Himmel regnet. Noch so ein albtraumhaftes Bild. Was kommt da wohl noch auf uns zu?