30 Sommer auf der Tegernseer Hütte: Wirt Ludwig im Interview – „Heftiger als in den Corona-Zeiten selbst“
Mit dem Saisonende auf der Tegernseer Hütte am Ross- und Buchstein endet für Wirt Michl Ludwig sein 30. Sommer dort. Im Interview spricht der 61-Jährige über Gäste-Andrang und Online-Reservierung.
Kreuth – Auf der Tegernseer Hütte neigt sich die Saison dem Ende entgegen. Nur noch bis Samstag, 4. November 2023, hat das beliebte Bergdomizil der Alpenvereins-Sektion Tegernsee zwischen Ross- und Buchstein geöffnet – dann geht es für die Wirtsleute Michl und Sylvia Ludwig in die Winterpause. Für den 61-jährigen Michl war es bereits der 30. Sommer auf der Tegernseer Hütte. Im Interview erzählt er, wie die Saison gelaufen ist, warum er auf ein Online-Reservierungssystem lieber verzichtet und welche Rolle Corona heuer noch gespielt hat.

Herr Ludwig, bald ist die Bergsaison 2023 auf der Tegernseer Hütte beendet. Sind Sie erleichtert, dass es nun in die Winterpause und zurück ins Tal geht?
Michl Ludwig: „Gerade im Herbst ist es wunderbar hier heroben. Wir hören, wie das Birkhuhn balzt und können Gamsrudel beobachten. Diese Zeit ist immer sehr schön. Aber ich bin es ja auch seit 30 Jahren gewöhnt. Ich freue mich auch, wenn die arbeitsreiche Saison vorbei ist.“

Corona meldete sich zurück
Auf der Tegernseer Hütte galt lange Zeit noch die 3G-Regelung. Die zurückliegende Saison war die erste, bei der Corona-Vorgaben keine Rolle mehr gespielt haben. Wie lief’s?
Ludwig: „Tatsächlich haben wir die Auswirkungen von Corona auch heuer noch zu spüren bekommen. Gleich nach der Wiesn gab’s bei den Übernachtungsgästen ganz viele Corona-Absagen. Das war zum Teil heftiger als in den Corona-Zeiten selbst.“
Wie fällt ansonsten die Bilanz aus? Immerhin verfügt die Hütte über ein nagelneues Bettenlager.
Ludwig: „Es war viel los in dieser Saison – sogar um einiges mehr als vergangenes Jahr. Unser neues Lager kommt bei den Gästen sehr gut an, dort gibt es jetzt kein Gedränge mehr, wie es früher oft der Fall war. Die Leute sind sehr, sehr begeistert und sprechen mich oft darauf an.“
Das heißt, die Beliebtheit der Tegernseer Hütte ist ungebrochen?

Ludwig: „Ja, die Freitage und Samstage sind bei uns oft Monate im Voraus ausgebucht. Ein Problem sind allerdings die kurzfristigen Absagen. Sobald die Wettervorhersagen schlecht sind, haben wir viele Striche quer über den Belegungsplan. Teilweise bekommen wir die Betten trotzdem noch voll, weil viele auch spontan anrufen und nach freien Plätzen fragen – aber eben nicht immer.“
Bewusste Entscheidung gegen Online-Buchungssystem
Für Alpenvereins-Hütten gibt es ja auch ein Online-Reservierungssystem. Seit heuer kann man darüber auch kurzfristig ein Last-Minute-Hüttenbett buchen. Wäre das für die Tegernseer Hütte auch eine Option?
Ludwig: „Wir haben uns dem Online-Reservierungssystem ganz bewusst nicht angeschlossen. Dann müssten wir ja den ganzen Tag online sein, um zu schauen, ob jemand abgesagt hat oder nicht. Das können wir nicht stemmen. Das ist eher was für größere Hütten, bei denen einer den ganzen Tag nur mit Reservierungen beschäftigt ist. Bei uns hat es sich bewährt, dass die Leute telefonisch anfragen und buchen. Der persönliche Kontakt im Vorfeld ist bei uns sehr wichtig.“
Warum?
Ludwig: „Fast alle Gäste, die zu uns kommen, haben Fragen. Zum Beispiel dazu, wo sie parken können oder wie die Wege so sind. Manche wissen ja nicht einmal, wo Kreuth genau liegt. Viele unserer Besucher – gerade die Älteren – sind dankbar, dass bei uns noch eine telefonische Reservierung möglich ist. Ganz ohne Kreditkarte oder sofortiger Überweisung.“
Welche Klientel kommt denn hauptsächlich zum Übernachten auf die Tegernseer Hütte?
Ludwig: „Auffällig ist, dass die Übernachtungen von Familien mit Kindern weniger geworden sind. Wenn in Bayern Ferien sind, dann haben wir schon einige Kinder heroben – speziell in den Pfingstferien. Aber wenn der Rest Deutschlands Ferien hat, sind wenig Kinder zu Gast. Vielleicht liegt es daran, dass für Familien, die nicht Mitglied im DAV sind, die Übernachtung schon recht teuer kommt. Ansonsten haben wir Gäste auch aus Norddeutschland, die unsere Hütte beispielsweise einmal im Fernsehen gesehen haben und sie unbedingt dann auch live sehen wollen.“
„Nächstes Jahr sind wir auf alle Fälle wieder da“
Für Sie war es bereits die 30. Saison auf der Tegernseer Hütte. Darf man auch künftig mit Ihnen als Wirt und Pächter rechnen? Oder denken Sie ans Aufhören?
Ludwig: „Irgendwann werden wir uns das schon überlegen. Nächstes Jahr sind wir aber auf alle Fälle wieder da.“
Wie würden Sie mit wenigen Worten die zurückliegende Saison beschreiben?
Ludwig: „Es gibt immer schöne Tage und weniger schöne. Insgesamt aber sind wir mit der diesjährigen Saison sehr zufrieden. Wir hatten das ganze Jahr über ein festes Team aus vier Mitarbeitern, die fix auf der Hütte waren. So läuft es gut.“
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