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„Eine große Unterstützung“: Geflüchtete aus der Ukraine könnten Pflege entlasten

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Von: Elena Royer

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Helfende Hände werden in der Pflege dringend gebraucht. Geflüchtete aus der Ukraine könnten Kliniken und Heime im Landkreis unterstützen. Die Realität sieht jedoch meist anders aus.
Helfende Hände werden in der Pflege dringend gebraucht. Geflüchtete aus der Ukraine könnten Kliniken und Heime im Landkreis unterstützen. Die Realität sieht jedoch meist anders aus. © Daniel Reinhardt/dpa

Geflüchtete aus der Ukraine könnten die Pflege entlasten, die dringend Personal sucht. Doch wie sieht es damit aktuell im Landkreis aus?

Bad Tölz-Wolfratshausen – Zahlreiche Ukrainer sind vor etwa einem Jahr vor dem Krieg in ihrer Heimat nach Deutschland geflohen. Viele von ihnen wollten so schnell wie möglich arbeiten, um ihr eigenes Geld zu verdienen. Und gerade in der Pflege ist man händeringend auf der Suche nach Personal. Eine Win-win-Situation, könnte man meinen. Doch in der Realität sieht es ein Jahr später anders aus.

Keine Geflüchteten aus der Ukraine im Tölzer „Haus am Park“

„Wir beschäftigen keine Geflüchteten aus der Ukraine“, sagt die Einrichtungsleiterin des Tölzer Seniorenheims „Haus am Park“, Natalja Brangenberg. „Wir hatten Stellen in der Hauswirtschaft angeboten, hatten Bewerbungen und haben auch Gespräche geführt.“ Allerdings hätten sich die Bewerber nicht mehr gemeldet. „Somit ist das nichts geworden.“

Gute Erfahrungen mit Flüchtlingen aus 2015

Auch wenn die Geflüchteten, die im „Haus am Park“ vorstellig geworden sind, branchenfremd waren und vorher keinen ähnlichen Beruf gehabt haben, hätte ihnen Brangenberg gerne die Möglichkeit gegeben, hier zu arbeiten. „Wir haben gute Erfahrungen mit Flüchtlingen aus dem Jahr 2015 gemacht“, erzählt sie. „Ich finde, sie wären eine große Unterstützung. Und ich weiß auch von anderen Einrichtungen, dass sie gute Erfahrungen mit Geflüchteten gemacht haben.“

Kreisklinik Wolfratshausen hätte gerne Geflüchtete beschäftigt

Auch in der Kreisklinik in Wolfratshausen hätte man gerne Geflüchtete aus der Ukraine mit medizinisch-pflegerischer Ausbildung beschäftigt, wie Geschäftsführer Ingo Kühn mitteilt. „Leider gab es bisher nur eine Bewerberin.“ Diese habe sich aber umentschieden und eine andere Tätigkeit aufgenommen. Auch die Anmeldung in einem Portal für Jobsuchende aus der Ukraine habe Kühn zufolge in der Kreisklinik bislang nicht den gewünschten Erfolg gebracht.

Viele Bewerber im Pater-Rupert-Mayer-Heim

Im Pater-Rupert-Mayer-Heim in Tölz haben bislang vier Geflüchtete als Pflegehelfer und zwei als Küchenhilfe Arbeit gefunden, wie Einrichtungsleiterin Larisa Leitner mitteilt. „Es gab sehr viele Bewerber“, sagt sie. „Jedoch waren die verfügbaren Arbeitsplätze bei uns schnell besetzt und wir konnten deswegen nicht alle nehmen.“ Sie sieht die Geflüchteten als große Erleichterung für das Seniorenheim, denn „zuvor haben wir die Pflegehelfer nur durch die Zeitarbeitsfirma bekommen“. Erfahrung oder Qualifikationen in der Pflege hätten die neuen Mitarbeiter zwar nicht, wie Leitner erklärt. „Es besteht jedoch eine sehr große Bereitschaft zur Weiterbildung.“

Pater-Rupert-Mayer-Heim hat Sprachkurse organisiert

Auch die Kommunikation mit den Geflüchteten klappt gut, wie die Einrichtungsleiterin berichtet. Sie selbst spricht sowohl Russisch als auch Ukrainisch. „Die Bewerber müssen kein bestimmtes Sprachniveau vorweisen“, erklärt sie. Um die Geflüchteten zu unterstützen, hat das Seniorenheim drei Monate lang zweimal wöchentlich während der Arbeitszeit Sprachkurse für sie organisiert und bezahlt. Ebenso gab es Unterstützung vom Arbeitsamt in Form eines Zuschusses für den Personalkostenaufwand, so Leitner.

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Geflüchtete möchten länger in Deutschland bleiben

Doch wie sieht es mit den Zukunftsplänen der Geflüchteten aus? „Es besteht auf jeden Fall eine längerfristige Planung, sowohl privat als auch beruflich“, freut sich Leitner, die in den Geflüchteten insgesamt eine große Chance für die Pflege sieht. „Sie möchten sich hier gerne ein Leben aufbauen und sich integrieren.“ Alle hätten nach der Probezeit einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten.

Fachklinik Lenggries beschäftigt ebenfalls zwei Geflüchtete

„Wir beschäftigen zwei Geflüchtete aus der Ukraine“, heißt es auch aus der Fachklinik in Lenggries. Sie seien im Hol- und Bringdienst mit unbefristeten Verträgen beschäftigt, wie Geschäftsführer Professor Nikolaus Netzer mitteilt. „Mit beiden Damen sind wir sehr zufrieden.“ Auch fehlende Deutschkenntnisse seien kein Problem. „Die Damen lernen bei uns sehr schnell Deutsch in der Arbeit durch Kommunikation“, so Netzer.

Bei beiden bestehe ihm zufolge kein sofortiger Rückkehrwille. „Bei anderen Geflüchteten war aber bis vor einigen Monaten der Eingliederungs- und Arbeitswille noch eingeschränkt“, so Netzer. „Wohl in dem Glauben, es lohne sich erst gar nicht, eine bezahlte Arbeit oder bezahlte Arbeit unterhalb des Statusniveaus in der Heimat zu beginnen.“ Seinen Erfahrungen aus dem Jugoslawienkrieg zufolge könne sich das aber noch ändern und der Integrationswille steigen, je länger der Krieg dauere. „Deshalb ist es bei uns vorerst bei den zwei Kräften geblieben.“

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