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„Ich finde einfach, ich habe nichts verbrochen“: Augsburger Klimaaktivist besetzt Baum im Würmtal

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Zweimal räumte die Polizei im Juni 2021 Baumhäuser im Forst Kasten. Im Hintergrund ist Ingo Blechschmidt auf einer Plattform zu sehen.
Zweimal räumte die Polizei im Juni 2021 Baumhäuser im Forst Kasten. Im Hintergrund ist Ingo Blechschmidt auf einer Plattform zu sehen. © Lennart Preiss/dpa

Das Amtsgericht München setzt sich am Donnerstag mit der Baumbesetzung im Forst Kasten im Juni 2021 auseinander. Angeklagt ist Klimaaktivist Ingo Blechschmidt. Er sieht die Chance auf eine rechtliche Aufarbeitung der damaligen polizeilichen Räumung.

Neuried – Ingo Blechschmidt (35) muss sich am Donnerstag, 9. November, vor dem Amtsgericht München verantworten. Ihm wird ein Verstoß gegen das Bayerische Versammlungsgesetz vorgeworfen. Er hatte im Juni 2021 als Baumbesetzer im Forst Kasten bei Neuried gegen vom Landratsamt München erlassene Auflagen verstoßen. Blechschmidt verzichtet auf einen Anwalt. Der promovierte Mathematiker, Universitätsdozent und Mitgründer des Augsburger Klimacamps sagt: „Ich finde einfach, ich habe nichts verbrochen.“

Augsburger Klimaaktivist und Mathematiker vor Gericht: „rund 20 Verfahren“

Fast zweieinhalb Jahre ist es her, dass die Polizei zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen Baumhäuser im Forst Kasten räumte. Die Aktivisten protestierten damals gegen die Rodung von 9,5 Hektar Wald zugunsten des Kiesabbaus. Der hoch umstrittene Pachtvertrag zwischen der Heiliggeistspital-Stiftung, die der Landeshauptstadt gehört, und der Gebrüder Huber Bodenrecycling GmbH aus Neuried wurde heuer im Mai einvernehmlich aufgelöst. In Forst Kasten werden damit keine Bäume gefällt, um an Kies zu kommen. Die juristischen Konsequenzen jedoch, die sich aus der Baumbesetzung 2021 ergaben, sind nicht abgearbeitet. Im Gegenteil: Laut Blechschmidt steht bei der Mehrheit der „rund 20 Verfahren“, die damals eingeleitet worden seien, eine Terminfindung noch aus.

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Blechschmidt besetzte vier Nächte lang Bäume im Forst Kasten

Blechschmidt verbrachte insgesamt vier Nächste im Forst Kasten. Die erste Baumbesetzung endete nach zwei Tagen am 10. Juni 2021. Das Landratsamt hatte den Teilnehmern per Bescheid untersagt, auf Bäume zu klettern und bauliche Vorrichtungen an Bäumen anzubringen. Außerdem sollte der Versammlungsort um 100 Meter an „eine besser geeignete Örtlichkeit“ verlegt werden. Die Teilnehmer kamen diesen Verfügungen nicht nach, und die Polizei räumte die beiden Baumhäuser schließlich. Am 18. Juni 2021 kehrten die Rodungsgegner zurück in den Forst Kasten. Auch hier beendete ein Polizeieinsatz den Protest. Gegen 14 Personen wurde Ordnungswidrigkeitenanzeige erstattet.

Aktivist argumentiert mit Versammlungsfreiheit

Blechschmidt kam damals in Haft. Er sei „nur um Haaresbreite einem vierwöchigen Gewahrsam nach Polizeiaufgabengesetz“ entkommen. Blechschmidt: „Eine Haftrichterin befand darüber nach kurzer Anhörung, ohne Anklageerhebung oder Hauptverhandlung.“ Diese wird nun eröffnet, nachdem Blechschmidt gegen einen Bußgeldbescheid, der ihm 2022 zuging, Einspruch eingelegt hat. Angesetzt ist sie auf einen Verhandlungstag, doch Blechschmidt sieht „bezüglich Räumung und Rodung noch offene Fragen“. Er möchte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter befragen, „damit das transparent behandelt wird“. Blechschmidt will sich auf die Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 des Grundgesetzes berufen. „Das wurde nicht angemessen berücksichtigt.“ Sollte das Amtsgericht seiner Argumentation folgen, ergibt sich für ihn „als Konsequenz“, dass die polizeiliche Räumung der Baumhäuser damals nicht rechtens war.

Im Forst Kasten war der Augsburger seit seiner Verhaftung nicht mehr. Er habe damals „freiwillig in der Drucksituation“ der Haftrichterin das Versprechen gegeben, keinen Fuß mehr in den Wald zu setzen.

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