Parkplatz im Oberammergauer Gewerbegebiet: Kunden beschweren sich über „sittenwidrige Abzocke“

Kontrolle ja, aber nicht so: Denn wer im Oberammergauer Gewerbegebiet „Zur Lok“ gegen die Regeln verstößt, wird zur Kasse gebeten. Die Strafgebühren in dieser Höhe aber sorgen für Kritik.
Oberammergau – Wilfried Blume ärgert sich. Und das richtig. Mehrfach ist der Senior auf dem Parkplatz im Oberammergauer Gewerbegebiet „Zur Lok“ wegen Verstößen belangt worden, erklärt er. Einmal war er nur für zehn Minuten in den Supermarkt zum Einkaufen gegangen, als er zurückkam, hing am Auto schon ein Strafzettel über 25 Euro. Der 82-Jährige hatte die Parkscheibe vergessen. Ein anderes Mal war die Ankunftszeit an der Parkscheibe falsch eingestellt gewesen. Er sollte die gleiche Strafgebühr zahlen.
Jahrelang waren die Parkplätze vor den Verbrauchermärkten hinter dem Bahnhof kostenfrei. Seit 2020 ist Schluss damit. Die privaten Eigentümer der Gewerbeflächen haben – in Absprache mit den Geschäften – eine Parkraumüberwachung eingeführt. „Eine sittenwidrige Abzocke“, finden Blume und einige weitere Beschwerdeführer.
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Wintersportler und Touristen nahmen Parkplätze gerne in Anspruch
Ein Vorwurf, den die beauftragte Parkraumüberwachungsfirma zurückweist. Ihr Ziel sei es, „den massiven Missbrauch“ der Abstellflächen durch Fremdparker einzudämmen, wie das Unternehmen dem Tagblatt mitteilt. Wintersportler, Wanderer oder Touristen, die den Ort besuchen wollen, nahmen den Parkplatz stets gerne in Anspruch, um die nahe gelegenen kostenpflichtigen Stellflächen zu meiden. „Der Parkplatz unserer Filiale wurde von sehr vielen Dauerparkern belegt, sodass die Einführung einer Parkraumüberwachung notwendig wurde“, erklärt Christina Stylianou, Leiterin der Unternehmenskommunikation von Netto-Marken-Discount.
„Unsere Kunden sind auf einen Parkplatz nahe am Markt angewiesen“, ergänzt Hans-Peter Vögl, Prokurist von Getränke Fleischmann. „Niemand sollte Getränkekisten weit schleppen müssen.“ Vor allem ältere Menschen, Schwangere, oder Menschen mit Behinderung seien darauf angewiesen, ihr Fahrzeug unweit des Marktes abstellen zu können. Durch Fremdparker werde ihnen diese Möglichkeit immer wieder genommen, betonen die Sprecher der Verbrauchermärkte übereinstimmend.
Parkplatz-Ärger in Oberammergau
Dass die Stellflächen „Zur Lok“ überfüllt wären, diese Erfahrungen hat Blume bei seinen Einkäufen nicht gemacht. „Ich habe den Parkplatz bisher zu keiner Tageszeit komplett belegt gesehen.“ Dass die privaten Eigentümer der Gewerbeflächen gegen Dauerparker vorgehen möchten, sieht der Oberammergauer aber ein. Auch wenn er die regelmäßigen, stichprobenartigen Kontrollen nicht als effektivste Methode einstuft, um den Menschen beizukommen, die ihr Auto länger als die erlaubten zwei Stunden dort stehen lassen. „Es gibt schon Supermärkte, die stellen an den Ein- und Ausfahrten Sensoren auf, die erfassen die Parkzeit“, sagt der Senior. So könne man die Übeltäter doch eher erwischen.
Wer sein Auto in Wackersberg am Parkplatz Hochtanner oder Lehrbienenstand abstellt, wird künftig zur Kasse gebeten.
Hinweistafeln „für ältere Menschen kaum zu lesen“
Vielmehr, so beurteilt der Oberammergauer die Vorgehensweise, werden diejenigen „regelrecht bejagt“, die vergessen, die Parkscheibe einzulegen. „Damit macht die Firma unter Duldung der Märkte gezielt ihr Geld.“ Zwar wird auf insgesamt zwölf großen Hinweistafeln auf die Parkscheiben-Pflicht hingewiesen, „für ältere Menschen sind die Schilder aber kaum zu lesen“, sagt Blume. So landet schnell ein Strafzettel in Höhe von 25 Euro an der Windschutzscheibe. „Diese Vertragsstrafenhöhe liegt im unteren Bereich der Branche“, teilt die Parkraumüberwachungsfirma mit. Auf anderen Parkplätzen werden Verstöße sogar mit 30 oder 35 Euro geahndet. „Im übrigen liegen die Bußgelder des öffentlichen Bußgeldkatalogs inzwischen deutlich höher.“ Bis zu 55 Euro kann das Falschparken auf öffentlich gewidmeten Parkflächen nun kosten.
Auf diesen Arealen eine Überwachung anzuordnen, liegt in der Verantwortung der Gemeinde. All jene in Oberammergau werden seit 2016 durch den Zweckverband Kommunale Dienste Oberland im Blick behalten. Bei der Kontrolle von Stellflächen, die sich wie die im Gewerbegebiet in Privateigentum befinden, ist die Kommune außen vor. „Ein Eingriff in privatrechtliche Angelegenheiten ist der Gemeinde grundsätzlich nicht möglich“, betont Bürgermeister Andreas Rödl (CSU).
Aufgrund zahlreicher Beschwerden über die Strafgebühren har die Kommune bereits 2022 Kontakt mit den Besitzern der Gewerbeflächen aufgenommen. „Lediglich ein Eigentümer war für ein sachliches Gespräch bereit und zeigte sich gleichzeitig bemüht, im Interesse aller Beteiligten eine Lösung beziehungsweise Verbesserung zu finden“, erklärt der Rathauschef. „Im Ergebnis wurde uns mitgeteilt, dass aus Sicht der Eigentümer kein Handlungsbedarf gegeben sei.“
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