Wegen Hochwasser und Naturschutz: Campingplatz muss schönste Plätze sperren lassen
Das Weilheimer Wasserwirtschaftsamt hat im Oktober am Isarhorn seine Flächen am Uferbereich der Isar nachgemessen. Nun gibt es schlechte Nachrichten für die Betreiber des Naturcampingparks: Bis zu 30 Stellplätze werden behördlich gestrichen – ein herber Schlag für die Familie Haaf.
Mittenwald – Ausgerechnet die begehrtesten Plätze sind nun Geschichte. Jene am Isarufer, wo das Wasser sachte plätschert, die Natur intakt und die Ruhe himmlisch ist. Bis zu 30 Stellplätze für kleinere Campingbusse und Zelte hat der Platz am Ufer des Isarhorns geboten. „Wir waren auch schon für nächstes Jahr wieder gut gebucht, alle wollen da runter“, sagt Helga Haaf. Doch nun machte das Weilheimer Wasserwirtschaftsamt (WWA) dem Ganzen ein Ende: Hochwassergefahr, Naturschutz und Verkehrssicherungspflicht lassen den Naturcampingplatz zwischen Mittenwald und Krün erheblich schrumpfen. Ein regelrechter Schock für die Betreiberfamilie Haaf.

Das begehrte Ufer ist das Problem – beziehungsweise erwuchs jetzt erst zu einem. Seit fast 50 Jahren kümmern sich die Haafs auf dem naturbelassenen Refugium nahe der Bundesstraße 2 um ihre Gäste. Noch nie hat es groß Konflikte zwischen Campern, Behörden und Natur gegeben. Stand Hochwassergefahr zu befürchten wie 1999, sind die Urlauber rechtzeitig gewarnt und ist das Betreten der Uferzone untersagt worden. Das WWA duldete quasi die Übernachtungsgäste auf ihrer Fläche oder drückte zumindest ein Auge zu – auch bei der Isarrutsche des Hochseilgartens von Stefan Adam, der sich an der Spitze der Halbinsel befindet. Das Credo: Solange die Natur keinen Schaden nimmt und alle aufpassen, ist alles in Ordnung.
(Übrigens: Alles aus der Region gibt‘s jetzt auch in unserem regelmäßigen GAP-Newsletter.)
Ein Stammgast brachte mit einer Anzeige den Stein ins Rollen
Was hat also diese unkomplizierte Idylle gestört? Ironischerweise ein Stammgast des Campingplatzes. Laut Betreiber beobachtete er, wie auf der markanten Insel im Isar-Flussbett welche illegal ihr Zelt aufgeschlagen hatten. Dort aber wachsen strenggeschützte Pflanzen, unter anderem der Frauenschuh, der in Deutschland auf der Roten Liste als gefährdete Pflanze eingestuft wird. Die Folge: Der Dauercamper erstattete Anzeige und brachte damit den Stein ins Rollen.
Das Wasserwirtschaftsamt Weilheim reagierte prompt. Laut Dr. Andreas Kolbinger, stellvertretender Behördenleiter, hat das WWA Ende Oktober die Flächen am Isarhorn neu vermessen lassen und den Betreibern schriftlich das Ergebnis mitgeteilt.

Das Camping-Grundstück, das sich einst im Besitz der Bundeswehr befand, gehört mittlerweile den Bayerischen Staatsforsten. Der Uferrandstreifen der Isar obliegt allerdings der Verantwortung des Wasserwirtschaftsamts. „Alle errichteten Bauten und Anlagen darauf müssen beseitigt werden“, erklärt Kolbinger. Der Grund: Bei der ufernahen Fläche handelt es sich um strenggeschütztes FFH-Gebiet (Fauna-Flora-Habitat). Vor Jahrzehnten sind Stromkästen und Kabel dort verlegt worden. „Die haben wir schon lange abgeklemmt“, versichert Haaf. „Die werden wir natürlich zurückbauen.“
Betreiber haben Angst vor illegalen Campern am geschützten Flussufer
All das kann sie nachvollziehen. Dass allerdings der Zaun an der Isarbrücke weg soll, ärgert sie. Er hielt bislang Menschen davon ab, mit dem Fahrrad oder zu Fuß sich heimlich auf den Campingplatz zu schleichen und illegal am Flussufer oder auf der strenggeschützten Insel zu biwakieren, Feuer zu machen und so weiter.
Bislang fanden sich am Ufer nur kleinere Campingbusse oder Zelte. „Größere Fahrzeuge würden ja gar nicht runter kommen“, verdeutlicht Haaf. Das Problem mit dem jetzigen Verbot: Es ist schwer zu kontrollieren, da es dem Prinzip des Naturcampingplatzes widerspricht. „Bei uns bucht man keine fixen Parzellen, keine festen Plätze. Jeder darf einfahren und sich seinen Platz selbst aussuchen.“ Das habe bislang hervorragend funktioniert, wäre auch nicht anders gegangen aufgrund der natürlichen Beschaffenheit des Geländes. „Da kann man keine festen Stellplätze ausweisen.“
270 Stellfläche gibt‘s auf 6500 Quadratmeter - Camper dürfen Platz frei aussuchen
Das Problem nun: Für die Betreiberfamilie ist es auf dem 6500 Quadratmeter großen Grund fast unmöglich, jedes abgestellte Fahrzeug zu kontrollieren, besonders nachts. 270 Stellflächen stehen dort zur freien Verfügung. Wenn jemand am Abend noch einmal umparkt und sich ans Flussufer stellt, bekommen das die Betreiber gar nicht mit. Doch sagt das Wasserwirtschaftsamt, dass der Betreiber der Anlage zwingend ein Auge darauf werfen müsse, ob sich seine Gäste im geschützten FFH-Gebiet aufhalten oder auf den Campingflächen.
Ebenfalls seine Konsequenzen aus dem Durchgreifen der Behörde zieht Stefan Adam. Er betreibt seit mittlerweile 17 Jahren den Hochseilgarten am Campingplatz. Einige Seile, besonders die beliebte Seilrutsche über die Isar, liegen ebenfalls im Schutzgebiet und müssen entfernt werden. „Das ist bereits passiert“, bestätigt Adam. Er sieht das ganze sportlich: „Dann muss ich halt für nächstes Jahr eine neue Seilführung machen, wo sie erlaubt ist.“ Aufmachen wird er im Frühjahr sicher wieder.
Für Helga Haaf ist die Reduzierung der Fläche eine Hiobsbotschaft, die sie schwer trifft. „Wir müssen den Schock erst verdauen.“ Zügig will die Betreiberfamilie Kontakt mit den zuständigen Behörden aufnehmen und versuchen, zumindest einen Kompromiss zu finden.
Mehr News finden Sie in unserer brandneuen Merkur.de-App, jetzt im verbesserten Design mit mehr Personalisierungs-Funktionen. Direkt zum Download, mehr Informationen gibt es hier. Sie nutzen begeistert WhatsApp? Auch dort hält Sie Merkur.de ab sofort über einen neuen Whatsapp-Kanal auf dem Laufenden. Hier geht‘s direkt zum Kanal.