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Geflüchtete im Würmtal: Wohnungen und Helfer dringend gesucht

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Auf großes Interesse stieß der Abend zum Thema Flüchtlinge im Würmtal, bestritten von den Referenten (stehend v.l.): Katharina Trägler (Landratsamt Starnberg), Uli Essig (Helferkreis Asyl Würmtal), Marion Bredl (Helferkreis Ukraine St. Stefan), Stephan Dünnwald (Bayerischer Flüchtlingsrat), Julia Bake (VHS-Leiterin), Thomas Zimmermann (Landratsamt München) und Anna Tangerding (Sozialnetz Würmtal-Insel).
Auf großes Interesse stieß der Abend zum Thema Flüchtlinge im Würmtal, bestritten von den Referenten (stehend v.l.): Katharina Trägler (Landratsamt Starnberg), Uli Essig (Helferkreis Asyl Würmtal), Marion Bredl (Helferkreis Ukraine St. Stefan), Stephan Dünnwald (Bayerischer Flüchtlingsrat), Julia Bake (VHS-Leiterin), Thomas Zimmermann (Landratsamt München) und Anna Tangerding (Sozialnetz Würmtal-Insel). © Dagmar Rutt

Wie viele Geflüchtete leben im Würmtal und woher kommen sie? Was erleichtert das Ankommen und die Integration, was erschwert es? Gemeinsam veranstalteten das Sozialnetz Würmtal-Insel und die Volkshochschule (VHS) im Würmtal am Mittwoch einen Info-Abend zur aktuellen Situation.

Würmtal – Auf dem Podium am Sitz der VHS am Planegger Marktplatz saßen am Mittwochabend Vertreter relevanter Fachstellen und gaben Einblicke in Strukturen der Flüchtlingshilfe und Einzelschicksale von Menschen, die geflohen sind und nun im Würmtal leben. Eines wurde an dem Abend besonders deutlich: Es braucht dringend mehr Wohnungen und viel mehr helfende Hände. Von dem großen Interesse seitens der Bevölkerung waren die Veranstalter angenehm überrascht. So wurden erst einmal Tische entfernt, um weitere Sitzmöglichkeiten zu schaffen.

Um die Lage vor Ort besser einschätzen zu können, ergriffen Anna Tangerding, Mitarbeiterin des Sozialnetzes Würmtal-Insel und verantwortlich für die Bereiche Integration und Inklusion, und Julika Bake, Leiterin der VHS im Würmtal, im Sommer die Initiative und befragten Geflüchtete im Würmtal. An der Umfrage nahmen 68 Personen aus unterschiedlichen Fluchtländern teil, das Ergebnis ist informativ, wenngleich, laut Veranstaltern, die Umfrage nicht den Anspruch hat, repräsentativ zu sein.

Umfrage zu den Geflüchteten: Jung, in Arbeit und mit Bleibewunsch

Vor allem junge Geflüchtete im Alter von 21 bis 35 Jahren leben laut Umfrage derzeit im Würmtal (46 Prozent), die meisten in Krailling (38 Prozent), Gräfelfing (27) und Planegg (24). 57 Prozent leben in Gemeinschaftsunterkünften, Containern oder in einem Camp, 25 Prozent leben in einer Wohnung, und nur zwölf Prozent gaben an, ein eigenes Zimmer zu bewohnen. Die meisten sind mit Kindern hier (38 Prozent), 23 Prozent leben allein. 40 Prozent gaben an, dass sie mehr Deutsch lernen möchten, und auf die Frage, welcher Beschäftigung sie nachgingen, wurden vor allem die Bereiche „Sprachkurs“ (20 Prozent), „Job“ (29) und Familie (29) benannt.

Rund ein Drittel ist zufrieden mit seiner finanziellen Situation, 69 Prozent gaben an, mehr als 20 Stunden pro Woche zu arbeiten, insbesondere einfache Tätigkeiten wurden benannt. Ihre Freizeit gestalten die meisten Flüchtlinge mit der Familie (33 Prozent). 74 Prozent gaben an, dass sie gerne im Würmtal bleiben würden. Zwölf Prozent der Befragten äußerten, keinerlei persönliche oder private Kontakte zu anderen Menschen zu haben. Das sei speziell für Geflüchtete aus afrikanischen Ländern ein großes Problem, referierte Uli Essig vom Helferkreis Asyl Würmtal, da diese in ihrer Heimat in der Regel in Großfamilien eingebettet seien.

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Fehlbeleger: Anerkannte Geflüchtete bleiben in Unterkünften, um nicht formal als Obdachlose zu gelten

Thomas Zimmermann, Integrationslotse beim Landratsamt München, berichtete von 4500 Geflüchteten insgesamt im Landkreis München, Katharina Trägler, Integrationslotsin am Landratsamt Starnberg, bezifferte für den Landkreis Starnberg 4300, hier insbesondere aus der Ukraine, Afghanistan, der Türkei, Nigeria und dem Irak. Etwa 50 neue Geflüchtete müssten jeden Monat untergebracht werden. Sogenannte „Fehlbeleger“, schon anerkannte Geflüchtete, verblieben häufig in den Lagerunterkünften, da es an Wohnungen mangele und diese formal ansonsten als Obdachlose gelten würden, berichtete Zimmermann.

„Das Ausländerrecht wird bundesrechtlich geregelt, aber auf Landesebene ausgelegt“, sagte Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Daraus resultierten Unschärfen und Missstände, etwa der, dass eine Arbeitserlaubnis auch dann nicht gegeben werde, wenn sie eigentlich rechtens sei. Für eine bessere Struktur jenseits der bemängelten „Kann-und-Soll-Bestimmungen“ sprachen sich alle aus.

„Die Hilfe vor Ort macht den Unterschied“, befand Julika Bake. Es brauche beherzte und empathische Menschen, die unkonventionell handeln und den Betroffenen durch den bürokratischen Dschungel helfen könnten. „Wir brauchen dringend Wohnungen sowie Strategie und Planung, die alle Bedürfnisse adressieren, weil die Flüchtlingsströme nicht aufhören werden, solange es keine gerechtere Welt gibt“, mahnte Uli Essig. Die Containerunterkünfte in den Würmtal-Gemeinden seien immer dichter belegt, und die Ehrenamtlichen würden immer weniger. „Wer Zeit hat, meldet sich bitte“, rief er zur Mithilfe auf. „Sie werden dringend gebraucht.“ (Alexandra Joepen-Schuster)

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