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Ein „Nein“ war schon zu viel: Aufstieg und Fall eines Möbelhaus-Giganten

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Ein Mann, ein Werk: Gerhard Mahler hat ein Buch über sein Leben als Unternehmer geschrieben.
Ein Mann, ein Werk: Gerhard Mahler hat ein Buch über sein Leben als Unternehmer geschrieben. © Hermsdorf-Hiss

Gerhard Mahler (72) hat eine Autobiografie über seine Erfahrungen als Unternehmer veröffentlicht. Er beschreibt den Aufstieg und Fall des Möbelgiganten Mahler.

Wolfratshausen – Die Kanaren sind ein beliebtes Ziel für Menschen, die sich entspannen und die Seele baumeln lassen wollen. Gerhard Mahler reist aus anderen Gründen dorthin. Der ehemalige Geschäftsführer des Möbel Mahler in Wolfratshausen führt ein Hotel auf Gran Canaria. Über seine jahrzehntelangen Erfahrungen als Unternehmer hat er im Juli ein Buch veröffentlicht – „Alles außer Nein“, hat er es genannt.

Ein „Nein“ zu viel: Aufstieg und Fall eines Möbelhaus-Giganten

In diesem Jahr ist er bereits sieben Mal nach Gran Canaria geflogen – nicht der Erholung wegen. „Gemeinsam mit meiner Familie habe ich vor der Corona-Pandemie das Hotel ,Casa Léon‘ eröffnet. Das erweitern wir in diesem Jahr“, berichtet der 72-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung.

Das Nichtstun falle dem ehemaligen Geschäftsführer schwer, deswegen suche er stets nach neuen Beschäftigungen. So habe er nach dem Verkauf seines letzten Möbelunternehmens in Neu-Ulm angefangen, ein Buch zu schreiben. In diesem Werk –„Alles außer Nein“ hat er es genannt – erzählt Mahler die Geschichte seines Möbelunternehmens auf 178 Seiten. Das Buch handelt von finanziellen Erfolgen, harten Verhandlungen, Mahlers Familienleben – und er macht kein Geheimnis aus einem gesundheitlichen Rückschlag und dessen Nachwirkungen. „Meine Geschichte soll anderen helfen. Sie können aus meinen Fehlern lernen“, sagt Mahler.

Die Geschichte des Familienbetriebs nimmt im Jahr 1900 mit der Gründung einer Schreinerei durch seinen Großvater in Kircheim am Ries, einer Gemeinde in Baden-Württemberg, seinen Anfang. Er selbst wurde 36 Jahre später in dem 2000-Seelen-Dorf geboren. Sowohl sein Vater Georg Mahler als auch er selbst wuchsen in diesem Familienbetrieb auf.

Mahlers Lebensmotto: „Niemals Nein sagen“

Obwohl der junge Mahler keinerlei Interesse an der Schreinerei zeigte und eher das Ziel verfolgte, sich dem kaufmännischen Geschäft zu widmen, willigte er schließlich doch ein, eine Schreinerlehre zu absolvieren. Im Gegenzug – das verhandelte der junge Mann – sollte sein Vater den Familienbetrieb sukzessive in ein Möbelgeschäft umwandeln. Denn Mahler lebt nach dem Motto „Niemals Nein sagen“. Der Bruch dieses Vorsatzes, das sagt er rückblickend, war der Anfang vom Ende seiner Karriere als Möbelunternehmer.

1975 öffnete der gebürtige Baden-Württemberger sein erstes eigenes Möbelgeschäft in Bopfingen. Sieben Jahre später folgte ein weiteres Unternehmen in Wolfratshausen. 2001 schmiedete Mahler Pläne für die Erweiterung des Standortes im Wolfratshauser Gewerbegebiets – mit Restaurant und Kinderland. „Meinen Kindern hat das Ravensburger Spieleland sehr gefallen, sodass ich mich entschlossen habe, im Möbelhaus eine eigene Verkehrsfahrschule zu bauen“, so Mahler. Das hätten seine Kinder statt eines Urlaubes bekommen. Denn für eine Reise habe der Unternehmer keine Zeit gehabt.

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2002 verdoppelte sich das Möbelhaus hinsichtlich seiner Fläche, und das Geschäft boomte. Vor diesem Hintergrund beschloss Mahler, zwei weitere Möbelhäuser zu bauen. Eines im sächsischen Siebenlehn und eines in Neu-Ulm. Auf dem Höhepunkt seines Erfolges erzielte Mahler nach eigenen Angaben 270 Millionen Euro Umsatz und beschäftigte in seinen vier Unternehmen 1600 Mitarbeiter.

Zu Spitzenzeiten sponserte Möbel Mahler mehr als 400 Vereine

An diesem Gewinn ließ er andere Teil haben. „In der Spitze hatten wir mehr als 400 Vereine gesponsort“, schreibt er in seinem Werk. In Wolfratshausen fielen darunter der TSV Wolfratshausen „und jeder Verein und Sportverein, der mir nicht schnell genug davon laufen konnte“, erläutert Mahler im Gespräch mit unserer Zeitung und lacht.

So schnell wie sich der Erfolg entwickelte, ereigneten sich auch die Rückschläge für den Unternehmer. So behauptet der 72-Jährige in seinem Werk, dass sein ehemaliger Geschäftspartner und zwei langjährige Mitarbeiter versucht hätten, ihn in den Ruin zu treiben. Diesem Umstand widmet Mahler in seinem Buch zwei Kapitel. Der größte Fehler war aber in seinen Augen die Finanzierung eines Möbelhauses in Neu-Ulm. In diesem Zusammenhang habe er sich mit den kreditgebenden Banken überworfen. Mahler sagte zu einem der Angebote nein – „Das war wohl ein Nein zu viel.“ Stattdessen „hätte ich einfach machen sollen, was die Männer von mir wollten“. Die Banken entzogen ihm das Vertrauen, und schlussendlich sei er gezwungen gewesen, seine Position als Geschäftsführer abzugeben. Dieser Schicksalsschlag hatte nicht nur wirtschaftliche Folgen für den gebürtigen Baden-Württemberger. Mahler erlitt infolge dessen einen Schlaganfall. „Den spüre ich zwischendurch heute noch am rechten Mundwinkel.“

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2015 verkaufte Gerhard Mahler sein Lebenswerk an einen Wettbewerber

2015 verkaufte er sein Lebenswerk an den Konkurrenten XXXLutz. Dieser wirtschaftliche Schlusspunkt seiner Karriere in Wolfratshausen verlief für den Geschäftsmann „einwandfrei“. Die beiden Eigentümer der österreichischen Konkurrenzfirma hätten sich an alle Vereinbarungen gehalten. Dennoch habe der 72-Jährige ein oder zwei Jahre nach dem Verkauf immer noch gelitten. „Vor allem hatte ich Mitleid mit meinen Mitarbeitern, die ihre Arbeit verloren haben“, sagt der Unternehmer.

Heute verbringt Mahler die meiste Zeit im Ausland. „Das macht mir Spaß und tut mir gut“ – denn Urlaub war in seiner Laufbahn undenkbar. (eki)

Info: „Alles außer Nein“ ist im Internet unter www.kleine-schusterwerkstatt.de für 24,80 Euro erhältlich. Der Erlös kommt einem Schulinstitut in Rumänien zugute.

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