Kein Einzelfall! Darüber, wie viele Gepäckstücke an dem Tag und im Laufe des Advents nicht zugestellt werden konnten, will die Lufthansa keine Auskunft geben. Zuletzt schätzten Mitarbeiter des Flughafens die Zahl auf 30.000. Von Lufthansa heißt es, dass eine Gemengelage daran schuld sei: zum einen das Extremwetter vor zwei Wochen, zum anderen Personalengpässe beim Bodenpersonal. Ein Ende des Koffer-Chaos ist nicht in Sicht, noch ist Hochsaison: Bis zu 1,3 Millionen Fluggäste werden in München bis Ferienende erwartet.
Auch für Familie Hund fiel die erste große Reise ihrer Tochter mitten ins Chaos. Am 16. Dezember hob die Lufthansa-Maschine mit der Tochter von Dirk Hund an Bord in München ab. Es ging weiter über Frankfurt und Madrid nach Santa Cruz. Was dort jedoch nie ankam, war der Koffer der 18-Jährigen. Formulare zur Verlustmeldung habe es am bolivianischen Flughafen nicht gegeben. In Deutschland konnte Hund auch nichts erreichen, die Hotlines seien größtenteils eine Katastrophe. „Womöglich befindet sich der Koffer immer noch in München, nicht einmal nachschauen will man bei Lufthansa“, schimpft der verzweifelte Vater.
Auch die Pfeiffers hatten irgendwann die Nase voll von der Telefoniererei. Mutter Cornelia macht das, wovon ihr Airport-Mitarbeiter natürlich abgeraten hatten: Sie fährt zum Flughafen, fragt sich von Schalter zu Schalter durch – und wird schließlich in den Sicherheitsbereich gelassen. Dort trifft sie auf viele andere Suchende – und entdeckt wenig später tatsächlich die Reisetasche.
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Auch Alexander E., Doktorand aus Norwegen, berichtet gegenüber unserer Redaktion von seiner irren Jagd im Kofferlager. Inmitten von etwa 2000 Gepäckstücken entdeckt auch er schließlich sein Eigentum. „Als ich meinen Koffer gefunden hatte, hat dies keinen interessiert – ich nahm ihn einfach mit“, erzählt er. Obwohl die Gepäckstücke, wie in den Fällen von Familie Pfeiffer und Alexander E., also längst gefunden waren, hatte die Airline wohl Probleme, sie ihren Besitzern zu schicken. „Aktuell kann es zu Verzögerungen bei der Auslieferung kommen“, erklärt eine Lufthansa-Sprecherin.
„Uns nervt, dass man als zahlender Kunde sich selbst überlassen wird und die Airline komplett abgetaucht ist“, sagt Pfeiffer. Hund bezeichnet die Zustände als „skandalös“. Er wird es den Pfeiffers wohl nachmachen – und auf Koffer-Jagd gehen. (Sco, DW, SOP)