Seltene Krankheit: Hans-Wolf Hoffmann geht nie ohne Taschentücher aus dem Haus

Taschentücher mussten immer griffbereit sein. Ohne mindestens ein Päckchen Tempos ging Hans-Wolf Hoffmann nie aus dem Haus. Der Germeringer litt seit seinem siebten Lebensjahr immer wieder unter Nasenbluten.
Germering – Erst Jahrzehnte später erfuhr er, dass die Ursache dafür eine seltene Krankheit ist.
Das Nasenbluten setzte ohne äußeren Auslöser ein, plötzlich und heftig. Im Durchschnitt passierte das fünfmal in der Woche. Hoffmann gewöhnte sich daran, lebte mit Einschränkungen. Wenn im Bekanntenkreis jemand kein Blut sehen konnte, hielt er sich von dem Betroffenen fern. Dafür, dass er in seiner Firma einen Posten mit Kundenkontakt nicht bekam, hatte er „großes Verständnis“.
Seltene Krankheit: Für sein Engagement gibt’s ein Ehrenzeichen
60 Jahre war Hoffmann alt, als er endlich die Diagnose bekam: Morbus Osler. Dabei handelt es sich um eine Erbkrankheit, die Fehlbildungen der Blutgefäße der Haut, Schleimhaut und inneren Organe zur Folge hat. Die krankhafte Erweiterung der Gefäße führt zu einer verstärkten Blutungsneigung. Neben der Nasenschleimhaut können auch die Lunge und der Magen-Darm-Trakt betroffen sein. Die Zahl der Erkrankten wird auf etwa 30 000 bundesweit geschätzt.
„Seitdem ich die Krankheit kenne, gehe ich locker damit um“, sagt der heute 81-Jährige. Doch er hat noch viel mehr getan. Bereits kurz nach der Diagnose schloss er sich dem bundesweiten Verein „Morbus Osler Selbsthilfe“ an und übernahm die Leitung der damals verwaisten Münchner Regionalgruppe. Sie war nach dem Tod der vorigen Leiterin eingeschlafen. Zum ersten von Hoffmann organisierten Treffen kamen Teilnehmer bis aus Heilbronn und Stuttgart. „Es gab wirklichen Bedarf“, erzählt der Germeringer.
Seltene Krankheit: Gruppe trifft sich zweimal im Jahr
Die Gruppe trifft sich zweimal im Jahr. „Für eine seltene Krankheit reicht das.“ Man tauscht Informationen über neue Behandlungsmethoden aus, pflegt den Kontakt zu Ärzten, lädt Referenten ein. Eines Tages meldete sich ein Mediziner aus Regensburg, der Morbus-Osler-Patienten ambulant mit Laser behandelte. Von dieser Methode der Verödung möglicher Blutungsquellen hatten die Betroffenen bis dahin nur aus Amerika gehört.
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Gemeinsam mit zwei anderen Regionalleitern fuhr Hoffmann zu dem Arzt, um sich näher über die Therapie zu informieren. Schnell war klar: „Wir hatten die silberne Nadel im Heuhaufen gefunden.“ Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Neuigkeit unter den rund 600 Vereinsmitgliedern, der Regensburger Arzt hatte plötzlich Patienten bis aus Hamburg. „Heute ist die ‚Regensburger Methode‘ in ganz Deutschland an großen Kliniken Standard, auch in Großhadern“, erzählt Hans-Wolf Hoffmann.
Übergang
20 Jahre lang hat Hoffmann die Morbus-Osler-Regionalgruppe geleitet. Um einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten, wollte er die Aufgabe rechtzeitig in jüngere Hände abgeben. Die Suche nach einer Nachfolgerin dauerte drei Jahre, dann war sie von Erfolg gekrönt. Inzwischen besucht er die Treffen nur noch als Teilnehmer.
Sein langjähriges Engagement blieb auch in der Politik nicht unbemerkt. Für seine Verdienste im Ehrenamt wurde der Vater eines Sohnes und zweifache Großvater mit dem Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten ausgezeichnet. Verliehen wird es ihm von Landrat Thomas Karmasin, der Termin steht noch nicht fest. Hans-Wolf Hoffmann ging es nie um Ehrungen. Aber als die Nachricht kam, hat er sich denn noch „still und leise gefreut“.
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