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Neubiberg: Wanderausstellung im Haus für Weiterbildung

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Der Hinterkopf eines Mannes, der eine Kippa trägt und vor einer Menschenansammlung steht.
Juden, die in Deutschland öffentlich eine Kippa tragen, sind in den vergangenen Jahren immer wieder angefeindet worden. Eine Ausstellung in Neubiberg beschäftigt sich mit alltäglichem Antisemitismus. © Paul Zinken/dpa

Eine Wanderausstellung in Neubiberg macht auf die alltägliche Diskriminierung von Juden in Deutschland aufmerksam. Sie wird im Zuge des Festjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ gezeigt.  

Seit 1700 Jahren gibt es nachweislich jüdisches Leben auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands. Ein Edikt des römischen Kaisers Konstantin vom 11. Dezember 321 legte fest, dass Juden städtische Ämter der Stadtverwaltung Kölns bekleiden dürfen und sollen. Damit gilt dieses Dokument als Beleg, dass jüdische Gemeinden schon seit der Spätantike wichtiger Bestandteil der europäischen Kultur sind.

Aus diesem Anlass wurde 2021 ein Festjahr ins Leben gerufen, bei dem bundesweit tausend Veranstaltungen wie Konzerte, Ausstellungen, Theater und Video-Projekte ausgerichtet werden. Viele Städte und Gemeinden beteiligen sich an dem Festjahr. Ziel ist es, jüdisches Leben sichtbar und erlebbar zu machen sowie ein Zeichen gegen den erstarkenden Antisemitismus zu setzen.

Denn Antisemitismus gehörte nicht nur während des Nationalsozialismus zum jüdischen Leben in Deutschland, sondern auch in der Zeit davor und bis heute. Darauf macht die Wanderausstellung „Du Jude! – Alltäglicher Antisemitismus in Deutschland“ aufmerksam, die noch bis zum 25. Juni im Haus für Weiterbildung besichtigt werden kann. Die Ausstellung mit 21 mobilen Tafeln der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit ist an eine junge Zielgruppe gerichtet, aber ebenso für ältere Altersgruppen geeignet.

Gerade im Zuge des vor wenigen Wochen wieder aufgeflammten Nahost-Konflikts wurde die Diskussion um Antisemitismus in Deutschland wieder in die Öffentlichkeit getragen. Das Neubiberger Kulturamt weist allerdings darauf hin, dass die Ausstellung schon seit Langem geplant gewesen sei und keine Stellungnahme zur aktuellen politischen Lage sein soll. Dennoch ist das Thema der Ausstellung damit aktueller denn je.

So wird auf das große Auseinanderklaffen bei der Wahrnehmung von Antisemitismus hingewiesen: Nur 20 Prozent der nicht-jüdischen Menschen halten Antisemitismus für ein aktuelles Problem, dagegen nehmen 76 Prozent der Juden in Deutschland die Diskriminierung in ihrem Alltag wahr.

Beispiele aus Bereichen wie Musik, Sport und soziale Medien werden herangezogen, um zu zeigen, wo überall antisemitische Diskriminierung stattfindet. Die Ausstellung richtet sich besonders an junge Menschen, weil an Schulen antisemitische Beleidigungen allgegenwärtig sind. So ist „Du Jude!“ – der Titel der Ausstellung – ein gängiges Schimpfwort auf deutschen Schulhöfen. Weil jüdische Schüler an nicht-jüdischen Schulen antisemitisch angefeindet werden, wächst hierzulande auch die Zahl jüdischer Schulen.

Dabei müssen diese ebenso wie Synagogen und andere Einrichtungen bewacht und beschützt werden, da sie immer wieder Ziel von Angriffen werden. Das zeigte zuletzt der Anschlag auf eine Synagoge in Halle vom Oktober 2019. Auch von teilweise gewalttätigen Anfeindungen gegen Juden, die öffentlich die Kippa tragen, wird immer wieder berichtet. So wird Antisemitismus zur realen Bedrohungslage für Juden in Deutschland.

Die Wanderausstellung verdeutlicht auch, dass Judenfeindschaft nicht nur aus einer politischen Richtung kommt. So stammt der israelkritische Antisemitismus oft aus Kreisen linker Gruppen. Diese wenden sich gegen die Israel-Politik gegenüber der Palästinenser und setzen diese Politik mit dem Judentum gleich.

Ebenso wird auf sekundären Antisemitismus aufmerksam gemacht. Darunter wird die Schuldabwehr oder -umkehr verstanden, etwa wenn der Holocaust geleugnet oder relativiert wird. Am Ende der Ausstellung werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie Antisemitismus begegnet werden kann und welche Handlungsmöglichkeiten es gibt.

Die Wanderausstellung „Du Jude! – Alltäglicher Antisemitismus in Deutschland“ kann bis Freitag, 25. Juni, im Haus für Weiterbildung am Rathausplatz 8 zu den Öffnungszeiten von Montag bis Freitag, 8 bis 17.30 Uhr, besichtigt werden. Aufgrund der aktuell geltenden Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie ist eine Anmeldung unter Telefon 60012-922 oder per E-Mail an kulturamt@neubiberg.de erforderlich.

Iris Janda

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