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Putzbrunner holt in Arizona WM-Medaille im Fallschirmformationsspringen

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Von: Iris Janda

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Fallschirmspringer Thomas Spielvogel blickt in die Kamera.
15.500 Sprünge hat Thomas Spielvogel aus Putzbrunn in seinem Leben schon absolviert. Mit Bronze bei der Weltmeisterschaft feiert er nun seinen größten sportlichen Erfolg. © oh

Der Putzbrunner Thomas Spielvogel hat mit seinem Team den dritten Platz bei der Fallschirmspring-Weltmeisterschaft in Arizona geholt. Es ist die erste WM-Medaille für ein deutsches Team im Formationsspringen seit 1985. 

Noch hängt die bronzene Medaille etwas unscheinbar an einem Bild im Eingangsbereich des modernen Reihenhauses. „Wo sie letztendlich hinkommt, muss ich mir noch überlegen“, meint Thomas Spielvogel. Klar ist, dass sie nicht einfach bei den unzähligen Pokalen und Medaillen im Sportraum im Keller landet – schließlich stellt sie den größten sportlichen Erfolg des Putzbrunners dar.

Spielvogel, der ursprünglich aus dem Schwarzwald kommt, ist leidenschaftlicher Formations-Fallschirmspringer. Seit 1982 nimmt er an Deutschen Meisterschaften Teil, seit 1988 hat er diese ungebrochen gewonnen. 15 Mal schon hat er an Weltmeisterschaften teilgenommen, aber erst bei dem diesjährigen Turnier in Arizona ist es ihm und seinem Team Airbus Illertissen gelungen, einen Platz auf dem Treppchen zu holen.

Erst vor wenigen Tagen ist Spielvogel nach vier Wochen Aufenthalt aus den USA zurückgekehrt, die Eindrücke sind noch frisch und die Freude weiter ungebrochen. „Jetzt hat es endlich mal gereicht nach so vielen Jahren“, sagt er voller Freude. Besonders beeindruckend ist es, dass Spielvogels Mannschaft als Amateurteam eine Medaille errungen hat. Die Erst- und Zweitplatzierten USA und Katar sind professionelle Mannschaften, die mit ganz anderen finanziellen Mitteln unterstützt werden.

Beim Achter-Formationsspringen startet die achtköpfige Mannschaft aus 4000 Metern Höhe und hat dann 50 Sekunden Zeit, um so viele Formationen wie möglich in der Luft zu machen. Zum Team gehört auch ein Kameramann, der hinterher springt und die Formation filmt. Eine fünfköpfige Jury sieht zeitgleich das Video und vergibt für jede richtig ausgeführte Formation einen Punkt. „Die besten Teams machen im Schnitt 20 Punkte, wir etwa 15 bis 16“, berichtet Spielvogel.

Das Fallschirmspringen ist für Spielvogel nicht nur ein Hobby. Im Leben des 60-Jährigen, der deutlich jünger wirkt, dreht sich alles darum. Mit 16 Jahren schon machte er seinen ersten Sprung. Später studierte er Sport, sein Ziel war aber immer, das Fallschirmspringen auch zum Beruf zu machen. Durch Zufall ergab sich für ihn dann die Gelegenheit, mit drei Freunden eine Flugschule im Weserbergland in Nordrhein-Westfalen zu eröffnen.

Die Schule gibt es noch heute, Spielvogel stieg aber 2002 aus, um sich mehr auf den Wettkampfsport zu konzentrieren. 2016 begann er bei der Jochen Schweizer Arena in Taufkirchen als sportlicher Leiter und baute dort wesentlich das Team für den Windkanal auf. Vergangenes Jahr wechselte der Putzbrunner dann zu einem Windkanal-Anbieter in Neufahrn.

Bei dieser Biografie ist es kein Wunder, dass er auch seine Ehefrau beim Fallschirmspringen kennengelernt hat. Sein zwölfjähriger Sohn steht ebenfalls bereits in den Startlöchern und feiert beim Flug im Windtunnel Erfolge. „Das ist irgendwie im Blut“, meinte Spielvogel lachend. Schließlich wurde ihm selbst die Leidenschaft in die Wiege gelegt. Der Vater war Fallschirmjäger bei der Bundeswehr und übte den Sport später hobbymäßig aus. Als Kinder seien er und seine zwei Brüder viel auf dem Flugplatz gewesen und wollten schon immer in die Fußstapfen des Vaters treten. „Da wächst man so rein.“

Wie Straßenbahn fahren

Angst verspüre Spielvogel beim Fallschirmspringen nie und das, obwohl er in seiner langen Karriere schon viele schwere, oft tödliche Unfälle miterlebt hat. „Ich habe in meinem Leben schon über 15.000 Sprünge gemacht, für mich ist das wie Straßenbahn fahren.“

Wie es allerdings für Spielvogels Wettkampf-Karriere weitergeht, ist noch unklar. Drei aus dem Team hätten wegen des hohen Zeitaufwands nun aufgehört. Gerade seien sie noch in der Findungsphase, ob sie aufhören oder eine neue Mannschaft für das Turnier 2024 aufbauen sollen.

Um auf diesem Niveau Fallschirm zu springen, sei der Aufwand groß – sowohl zeitlich als auch finanziell. Etwa 40 bis 50 Tage gemeinsames Training pro Jahr sind nötig. „Jeder muss also viele Wochenenden investieren und unbezahlten Urlaub nehmen.“ Zudem müsse jeder sich individuell fit halten, vor allem Kondition sei wichtig. „Auf 4000 Metern ist die Luft dünner, es dauert zwar nur wenige Sekunden, aber fühlt sich wie ein Sprint an“, erklärt der Sprungexperte. Zudem müssten Koordination und Beweglichkeit trainiert werden.

Hoher zeitlicher und finanzieller Aufwand

Früher konnte die Mannschaft nur von Ostern bis Oktober gemeinsam trainieren, dank Indoor-Flugtunneln ist das mittlerweile auch ganzjährig möglich. Einen besonders großen Windkanal, in den die komplette Achter-Formation passt, gibt es in Berlin. An zwei Wochenenden im Monat fährt Spielvogels Team im Winter dazu in die Hauptstadt. „Ohne das Indoor-Training geht es heute in der Weltspitze gar nicht mehr“, weiß er. Daneben hat das Team einen Mentaltrainer, der in Team- und Einzelsitzungen die Stressresistenz und Konzentrationsfähigkeit coacht.

Ausrüstung, Flugstunden, Zeit im Windkanal und die Reisen zu Trainings und Wettkämpfen – das alles ist nicht günstig. Unterstützung erhalten die Sportler von ihrem Sponsor Airbus, dem Namensgeber des Teams. Außerdem haben seit diesem Sommer einen weiteren Sponsor, einen Sprungschule aus den USA, und werden von den Herstellern bei der Ausrüstung unterstützt.

Dass Geld aber nicht automatisch Erfolg bedeutet, hat Spielvogel erst bei der WM wieder erlebt. Das Profi-Team aus Frankreich, das vom Staat finanziell gefördert wird, hatte eine aus Top-Springer zusammengewürfelte Mannschaft, die aber nicht als Team funktionierte. „Wir dagegen stellen uns selbst zusammen und versuchen dann die möglichst beste Mannschaft zu sein“, so der Putzbrunn. Denn eines sei unheimlich wichtig bei der Formation: „Du musst dir gegenseitig vertrauen.“

Iris Janda

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