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Hotel nutzt Tegernsee als Energiequelle: „Thermische Seewassernutzung“ in Bayern quasi unbekannt

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Von: Gabi Werner

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Hier wird das Seewasser entnommen: (v.l.) Eric Heppt, Bürgermeister Robert Kühn und Wolfgang Spiegl.
Hier wird das Seewasser entnommen: (v.l.) Eric Heppt, Bürgermeister Robert Kühn und Wolfgang Spiegl. © Thomas Plettenberg

Die Lösung liegt nahe - und ist doch innovativ: Die Firma Athos setzt bei der Energieversorgung ihrer neuen Hotelanlage auf thermische Seewassernutzung.

Bad Wiessee – Die Rede war von einem innovativen, bislang einzigartigen Projekt. Die Firma Athos setzt bei der Energieversorgung ihrer künftigen Hotelanlage in Bad Wiessee, dem Seegut am Tegernsee, auf eine im wahrsten Sinne nahe liegende Quelle: Wärme und Kälte sollen aus dem Wasser des Tegernsees gewonnen werden. Bei der Vorstellung des Konzepts im Hotel Leda am Eck zeigten sich die Verantwortlichen am Freitag (27. Januar) geradezu euphorisch: Der Tegernsee habe als Energielieferant ein schier unerschöpfliches Potenzial, hieß es.

Seewasser wird über eine Ansaug-Anlage entnommen

„Thermische Seewassernutzung“ lautet das Zauberwort. Das Prinzip ist denkbar einfach: Das Seewasser wird in einer Tiefe von rund 35 Metern über eine Ansaug-Anlage entnommen, über Rohre einer Wärmepumpe zugeführt und dann wieder in den See zurück gepumpt. Auf diese Weise werden Wärme und Kälte erzeugt.

In der Schweiz werden schon ganze Ortsteile mit Energie aus Gewässern versorgt

„Eine ökologisch sinnvolle Technik“, erläuterte Wolfgang Spiegl vom beauftragten Ingenieurbüro Spiegl GmbH und schwärmte von den vielen Vorteilen einer solchen Anlage: Der Nutzer mache sich unabhängig von fossilen Brennstoffen, die Technik sei absolut umweltfreundlich und spare – allein in Bad Wiessee – rund 2500 Tonnen CO2 im Jahr ein. Nachteile oder Risiken? Die gebe es im Grunde nicht, sagte Spiegl und berief sich dabei auf die Erfahrungswerte aus der Schweiz, wo mittlerweile ganze Ortsteile mit Energie aus Gewässern versorgt werden. Mit Eduard Schiebelbein hat man sich daher einen erfahrenen Ingenieur aus dem Kanton Zürich an die Seite geholt.

Auch in Freising ist man sich bewusst, dass die Energiewende nötig ist – und möchte „zügig voranschreiten“.

Experten versichern: Dem Tegernsee entstehen keine Nachteile

Die Experten versicherten am Freitag unisono: Die Temperatur im Tegernsee werde durch die Technik nicht erhöht, bei dem Vorgang werde dem Wasser keinerlei Chemie zugesetzt, und auch die sensible Flora und Fauna hätten nichts zu befürchten. Die Ansaug-Geschwindigkeit unter Wasser sei derart gering, „dass keine kleinen Fische im Seiher kleben werden“, sagte Spiegl und beteuerte: „Mit dem See kann und wird nix passieren.“

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Thermische Seewassernutzung in Deutschland noch nicht angekommen

Gemeinde, Wasserwirtschaftsamt Rosenheim, Schlösser- und Seenverwaltung und auch mögliche Bedenkenträger von der Fischerei seien bereits in die Planung eingebunden – und mittlerweile von dem Konzept überzeugt, hieß es. Für die hiesigen Behörden bedeutet das Thema Neuland: Die thermische Seewassernutzung ist in Deutschland noch nicht angekommen. „Dabei“, so Spiegl, „hätte der Tegernsee ausreichend Energie, um alle Gemeinden rund um den See zu versorgen“.

Leitungen werden am Seegrund verlegt und sind vom Ufer aus nicht sichtbar

Theoretisch. In der Praxis werden es zunächst die 25 Gebäude von Strüngmanns Seegut sein, die von der Technik profitieren. Die Leitungen werden am Seegrund verlegt und vom Ufer aus nicht sichtbar sein. Die Entnahme- und Einleitungsstelle entsteht direkt an der Seepromenade unterhalb des ehemaligen Spielbank-Geländes. Auch sie wird nach Angaben der Verantwortlichen unter der Erde verschwinden. Die Energie für die Wärmepumpe soll über PV-Anlagen erzeugt werden.

Wiesseer Gemeinderat steht geschlossen hinter dem Projekt

Wiessees Bürgermeister Robert Kühn (SPD) zeigte sich beim Pressegespräch hoch erfreut über das für die Region „herausragende Projekt“ und berichtete, dass auch der Gemeinderat geschlossen dahinter stehe. „Es freut uns, dass die Firma Athos das Potenzial von Bad Wiessee und unseres Tegernsees erkannt hat.“ Man werde darüber zu diskutieren haben, ob diese Art der Energiegewinnung in der Gemeinde oder auch im Tal noch ausgebaut werden könnte. „Wir danken Ihnen jedenfalls, dass Sie den Stein des Anstoßes dafür gegeben haben“, sagt Kühn in Richtung Eric Heppt, der als Bauherren-Vertreter des Seeguts gekommen war.

Während der Antrag für die Seewassernutzung nun ans Wasserwirtschaftsamt geht, sind auf dem Areal am Wiesseer Seeufer derzeit die Bagger im Einsatz, um den Bodenaustausch vorzunehmen. Die Vollendung der Hotelanlage ist derzeit noch Zukunftsmusik: 2027 oder 2028 soll es so weit sein. (gab)

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