1. tz
  2. München
  3. Region

Ältester Azubi Deutschlands (67): „Ich zieh’ vor jedem Metzger den Hut“

Erstellt:

Von: Gerti Reichl

Kommentare

Heinz Waldenmaier Metzgerlehrling mit 67
Heinz Waldenmaier, Metzgerlehrling mit 67. © THOMAS PLETTENBERG

Heinz Waldenmaier ist mit seinen 67 Jahren nicht nur Deutschlands ältester Azubi, sondern vermutlich auch der Lehrling mit dem großen Medien-Echo. Die Tegernseer Zeitung hat bei Heinz Waldenmaier nachgefragt, wie es ihm als Lehrling ergeht.

Rottach-Egern - Seit der ehemalige Bundesgrenzschutz-Beamte Heinz Waldenmaier im September 2022 in der Tegernseer Zeitung von seinem neuen Leben als Metzgerlehrling in einem kleinen Rottacher Betrieb erzählt hat, können sich er und sein Chef Stephan Hagn vor Medienanfragen nicht mehr retten. Jetzt hat die Redaktion nachgefragt, wie es ihm als Lehrling im Landkreis Miesbach inzwischen ergeht.

Deutschlands ältester Azubi erzählt aus seiner Ausbildung

Herr Waldenmaier, bei welcher Arbeit erreiche ich Sie denn gerade?

An der Fleischerschule in Augsburg. Ich sitze hier gerade mit Kameraden nach getaner Arbeit und trinke ein Bierchen.

Nach der Schule ein Bierchen, auch nicht schlecht.

Das hat heute so lange gedauert. Wir sind nicht fertig geworden mit der Arbeit. Und jetzt führen wir in gemütlicher Runde noch ’Fachgespräche’.

Wie lange müssen Sie denn diese Schule besuchen?

Ich muss garnichts, sondern durfte ausnahmsweise zu den Kameraden vom zweiten und dritten Lehrjahr im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung dazustoßen. Ich hab’ heute mein erstes Schwein zerlegt. Zum Glück hat man mir dabei auch ein bisschen geholfen, denn das ist am Anfang gar nicht so leicht mit den möglichen und damit verschiedenen Zuschnitten. Eine Woche werde ich hier bleiben.

Metzger-Azubi zieht Zwischenfazit: Leberkäs und Schnitzel stellt er bereits alleine her

Was können Sie denn überhaupt schon seit Beginn der Ausbildung im vergangenen Jahr?

Ich kann unter anderem am Kutter stehen und das Brät selber machen. Mein Chef, der Stephan, richtet zwar die Gewürze dazu her, aber alles andere mach’ dann ich. Zum Beispiel könnte ich den Leberkäs schon ganz allein herstellen.

Sie sind also schon eine echte Hilfe.

Glaub ich schon, denn es geht schon um einiges schneller, seitdem ich da bin. Wir haben zwar eine Maschine, den sogenannten Füller, aber ich muss das Handwerk mit dem Abbinden und Abdrehen der Würschtl auch noch mit der Hand richtig lernen. Ich denke mir immer: Hoffentlich bring ich da keinen Knopf nei (lacht).

Wie geht’s Ihnen denn in der Berufsschule?

Eigentlich sehr gut, aber das wird nicht ewig so bleiben. Es macht mir wahnsinnig Spaß, und ich hab’ meine ersten Schnitzel und Fleischpflanzerl gemacht. Ich bin mit Begeisterung dabei und inzwischen voll anerkannt bei den jungen Kameradinnen und Kameraden, die mit mir die Schule besuchen.

Aber Schnitzel und Fleischpflanzerl dürften Sie in Ihrem Alter doch können, oder?

Ja schon, aber es geht ums Erlernen verzehrfertiger Produkte, um deren Inhaltsstoffe, Nährwerte und dergleichen, und das muss ein Metzger eben auch können und wissen. Wir haben auch schon das Verkaufen geübt, da bin ich hinter der Theke gestanden.

Sie nehmen die Schule anscheinend sehr ernst.

Und wie! Im November bin ich mit meiner Frau ein paar Tage nach Ägypten in den Urlaub geflogen. Ich bin wieder früher zurück, damit ich meine Schule nicht versäume, zu der ich immer donnerstags nach Rosenheim muss. Weil der Flieger kaputt war, hab’ ich umgebucht und bin nachts über Istanbul nach München, wurde dann auch noch geblitzt, war aber mittags, leider verspätet, in der Schule.

Fällt Ihnen das Lernen leicht?

Naja, ich lerne wie ein Wahnsinniger, doch nach zwei bis drei Wochen hab’ ich Einiges wieder vergessen. Das hat wohl mit meinem Alter zu tun.

Medien-Hype war „wirklich eine Belastung“: Interviews mit Radio, Print und Fernsehen

Wie gehen Sie denn mit dem Medien-Hype um, den Sie ausgelöst haben?

Ich hoffe, dass das jetzt langsam zu Ende geht, denn das war zuletzt wirklich eine Belastung, auch für den Betrieb. Wir haben gut 30 Interviews geführt, für Radio, Print und Fernsehen. Und überall werde ich angesprochen. Natürlich war mir bewusst, dass die Presse aufspringt, aber dieses Ausmaß war mir nicht klar. Am 7. Februar werde ich noch bei „Wir in Bayern“ im BR-Studio sein, dann muss a Ruh’ sein.

Bereuen Sie schon, dass Sie nochmal in die Lehre gehen?

Auf keinen Fall! Ich will was fürs Handwerk tun und für die Wertschätzung des Metzgerberufs. Ich sag Ihnen was: Ich zieh’ vor jedem Metzger den Hut, denn es ist eine hoch anspruchsvolle Tätigkeit. Wir Metzger, und das sag’ ich jetzt schon mal, verarbeiten ein Tier zu einem Mittel zum Leben. Und das muss mehr wertgeschätzt werden. Mir sind die Augen da inzwischen aufgegangen. Bisher hatte ich in meinem Berufsleben überwiegend mit Papier zu zun, und jetzt stelle ich was her und sehe am Abend, was ich produziert hab’. Das ist eine tolle Erfahrung für mich.

Wird Ihre Lehre angesichts Ihres Alters nun von drei auf zwei Jahre verkürzt?

Da muss ich mich noch entscheiden, denn ich will nicht der Schlechteste sein. Mein Ziel ist der Gesellenbrief. Ob das in zwei oder drei Jahren gelingt, weiß ich noch nicht.

gr

Auch interessant

Kommentare