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Reuiger Klimakleber: Aktivist stört am Flughafen, bestraft wird er aber für eine andere Tat

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Einen Tag vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine hat sich ein Leipziger Mitglied der Letzten Generation am Münchner Flughafen auf der Straße festgeklebt. Nun folgt das Urteil.

Erding/Flughafen – Bereits zweimal war der Flughafen München Zielscheibe der Letzten Generation. Am 23. Februar 2022 klebten sich mehrere Aktivisten auf Fracht- und Südallee fest, vermieden aber ein Vordringen auf die Start- und Landebahn. Dies gelang den Klimastreitern dann bekanntlich im Dezember desselben Jahres.

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Blockiert wurden im Februar 2022 die Fracht- und die Südallee am Flughafen. Ein 22-Jähriger musste sich deswegen nun vor Gericht verantworten. © Matthias Balk/dpa

Zweites Verfahren gegen Klimakleber eingestellt: Mehr Sicherheitsvorkehrungen beim Prozess

Am Dienstag nun musste sich ein Klimakleber der ersten Aktion vor dem Amtsgericht Erding verantworten. Hier widerfuhr dem 22-Jährigen aus Leipzig Milde. Aber nur, weil er kurz zuvor am Landgericht Kempten die volle Härte des Gesetzes abbekommen hatte. Das zweite Verfahren wurde eingestellt.

Der Prozess gestern fand unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen statt – besondere Einlasskontrollen, Justizbeamte im Saal. Zu Störungen kam es aber nicht. Barbara Streicher, Staatsanwältin aus Landshut, hielt dem Azubi vor, am 23. Februar 2022, einen Tag vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine, gegen 7.30 Uhr die Frachtallee des Flughafens betreten zu haben, gemeinsam mit vier weiteren Vertretern der Letzten Generation. Binnen weniger Minuten gelang es dem Leipziger, sich mit einer Hand aus dem Asphalt festzukleben.

Festgeklebt am Flughafen: Sozialstunden und Freizeitarrest

Die Flughafenpolizei machte den Demonstranten klar, dass sie an einer nicht genehmigten Versammlung teilnehmen. Die Beamten wiesen ihnen einen alternativen Versammlungsort zu. Doch da pappten die Aktivisten bereits auf der Fahrbahn. Schließlich musste die Flughafenfeuerwehr anrücken, um den Sekundenkleber zu lösen. Erst gegen 9.30 Uhr, zwei Stunden später, konnte der Verkehr wieder über die Frachtallee rollen. Ermittelt wurde wegen Nötigung mehrerer Lkw- und Autofahrer. In der Verhandlung machte Jugendrichter Michael Lefkaditis von Beginn an deutlich, dass er in Absprache mit der Staatsanwältin das Verfahren einstellen wolle – aber nicht, weil er kein strafbares Verhalten sehe.

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Lefkaditis berichtete von einem in diesem Sommer geführten Prozess gegen den 22-Jährigen vor dem Landgericht Kempten. Dort hatte sich der junge Mann auf einer Bundesstraße festgeklebt. Das Urteil der Allgäuer Richter: zwei Freizeitarreste und 200 Stunden Sozialdienst. Lefkaditis vertrat die Auffassung, dass diese vergleichsweise strenge Strafe auch das Vergehen des jungen Mannes am Flughafen mit abdecke. „Einen dritten Freizeitarrest kann ich nicht verhängen, sondern nur einen Dauerarrest. Und den hat schon das Gericht im Kempten abgelehnt.“ Zudem befand der Richter in Erding, dass auch ein paar Sozialstunden mehr nichts bewirkten.

Keinen Kontakt zur Letzten Generation mehr: Er schwörte den Klimaklebern ab

Das müssen sie wohl auch gar nicht mehr, denn Verteidiger Dr. Johannes Makepeace erklärte, dass sein Mandant der Letzten Generation abgeschworen habe und kein Kontakt mehr bestehe. Er stehe deren Methoden mittlerweile kritisch gegenüber, sei aber weiter für mehr Klimaschutz.

Zudem, so Makepeace weiter, lebe der junge Mann in einer neuen Beziehung mit einer Frau, die ebenfalls nicht diesem Milieu zugehörig sei. Nicht zuletzt habe sein Mandant psychisch schwere Zeiten durchgemacht. Natürlich stellte sich der Verteidiger der Einstellung nicht in den Weg, betonte aber, „dass ich in diesem Fall ohnehin keine Nötigung erkenne“. Er bat noch darum, dem Ex-Klimakleber die Verfahrenskosten zu ersparen.

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