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Klima-Aktivisten nach Abseil-Aktion auf der A96 zu Geldstrafen verurteilt

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Von: Tobias Gehre

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Die drei Angeklagten gaben vor dem Prozess noch Statements ab.
Die drei Angeklagten gaben vor dem Prozess im Brucker Amtsgericht noch Statements ab. © Gehre

Drei Aktivisten hatten sich im September 2021 von der A96 bei Germering abgeseilt. Jetzt wurden sie deswegen verurteilt.

Fürstenfeldbruck – Das Amtsgericht glich am Donnerstagmorgen (2. März) einer Festung. Justizwachtmeister hatten sich um das Gebäude postiert, die Polizei patrouillierte unentwegt durch die Straßen. Verhandelt wurde in dem alt ehrwürdigen Gebäude an der Stadelbergerstraße aber nicht etwa gegen einen Drogenbaron oder ein Mitglied der Mafia. Vor Gericht standen drei Klimaaktivisten.

Klima-Aktivisten nach Abseil-Aktion auf der A96 zu Geldstrafen verurteilt

Die zwei Frauen und ein Mann hatten am 7. September 2021 bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Ausgestattet mit einer Kletterausrüstung hängten sie sich an eine Eisenbahnbrücke, die südlich von Germering über die A 96 führt. Außerdem enthüllten sie ein Transparent mit der Aufschrift Block IAA – es war ein Protest gegen die zu diesem Zeitpunkt in München stattfindende Internationale Automobilausstellung. Schnell war die Polizei vor Ort und sperrte die komplette Fahrspur Richtung München. Unzählige Autofahrer standen im Stau.

Dass die Zahl tatsächlich nicht zählbar war, zeigte sich am Donnerstag vor Gericht. Denn bei der Angabe der Betroffenen handelt es sich lediglich um eine Berechnung. Dennoch stützte die Staatsanwaltschaft ihre Anklage auf sie. Die Anklagevertretung warf den drei Aktivisten vor, bewusst eine Sperrung der Autobahn hervorgerufen zu haben – und so die berechnete Anzahl an Autofahrern genötigt zu haben.

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Zwei der Aktivisten hatten sich 2021 an eine Eisenbahnbrücke gehängt. © tb

Das sahen die Verteidiger des Trios anders. Schließlich sei es die Polizei gewesen, die die Autobahn gesperrt habe. „Es war die autonome Entscheidung eines Polizisten“, so einer der Anwälte. Dabei habe es noch andere Möglichkeiten gegeben – etwa nur die Spur zu sperren, über der die jungen Leute hingen. Außerdem sei die Polizei doch kein willenloses Werkzeug von Aktivisten, das man für seine Zwecke einspannen könne. Einer der Verteidiger berichtete zudem von einem ähnlichen Fall in Berlin. Dort habe die Polizei die Demonstranten gewähren lassen.

Handy und Plakat extra gesichert

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Eine der Aktivistinnen schilderte auch ausführlich, warum von ihnen keine Gefahr ausgegangen war. Als erfahrene Kletterer hätten sie sich ausgiebig gesichert. Auf die Autobahn hätten sie sich nicht abseilen können, da sie sich mit nur 1,20 Meter langen Schlingen festgemacht hatten. Die Ösen des Plakats habe man zusätzlich mit Klebeband verstärkt. Und sogar ihr Handy habe sie gesichert, damit es nicht herunter fällt.

In dem gut sechsstündigen Prozess zeigte der vorsitzende Richter auch ein Video aus einem Polizeihubschrauber. Auf diesem war zu sehen, wie unter den hängenden Aktivisten der Verkehr normal weiterfloss. Für die Anwälte ein Zeichen, dass die Vollsperrung nicht nötig war.

Prozess Gericht Fürstenfeldbruck
Eine Handvoll Unterstützer waren zur Verhandlung gekommen. Das Amtsgericht wurde dafür stark gesichert. Viele Zuschauer und Journalisten kamen wegen der Sicherheitskontrolle zu spät zum Prozess. © gehre

Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht. Ziel sei eine Blockade der Autobahn gewesen. Die Autofahrer seien dabei instrumentalisiert worden, so der Richter. Außerdem dürfe man Nachahmer nicht ermutigen. Sonst sei der soziale Friede in Gefahr. Der Richter verurteilte die Angeklagten zu je 30 Tagessätzen zu 20, 25 und 30 Euro. Außerdem wurde die Kletterausrüstung beschlagnahmt. Die Verteidiger kündigten an, Rechtsmittel einlegen zu wollen.

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