Der größte Coup der Birker Burschen: So gelang der Maibaumdiebstahl vom Bundeswehr-Gelände

Der wohl größte Coup in der Maibaum-Geschichte: Die Birker Burschen verraten, wie sie den Maibaum vom Militärgelände einer Bundeswehr gestohlen hatten.
Unterhaching – Es ist ein Mix aus Krimi und Nervenkitzel, aus Taktik und geschickter Umsetzung: der Maibaumklau als Teil des Brauchtums. Eine Faustregel besagt, dass von zehn Versuchen nur einer gelingt. Den Birker Burschen ist bis dato noch nie ein Maibaum gestohlen worden, umgekehrt schafften sie dies schon vier Mal. Nämlich 1966 und 1969 bei den Lindenburschen in Neubiberg, 1968 in Lanzenhaar. Seinen größten, geradezu filmreifen Coup realisierte der Burschenverein aus Unterhaching aber in der Nacht zum 8. Mai 2019 – und stahl, zusammen mit den Kollegen aus Ottobrunn, den Maibaum vom militärischen Hochsicherheitsgelände der Bundeswehr-Uni in Neubiberg.
Den Birker Burschen kam bei dieser nächtlichen Aktion im James-Bond-Stil ein Zufall zu Hilfe in Form einer E-Mail. Denn drei Tage zuvor fragten die Bundeswehr-Studenten in Unterhaching an, ob sie sich denn fürs Maibaumaufstellen die Scherstangen ausleihen könnten. „Ein Fehler“, schmunzelt im Nachhinein Franz Maier (31), damals Vorstand der Birker Burschen. Die erfuhren über den E-Mail-Verkehr nämlich, wo der Maibaum lagerte und wann der Aufstelltermin war: eine Woche nach dem 1. Mai. So reifte die kühne Idee, in der streng als Militärgelände gesicherten Bundeswehr-Uni zuzuschlagen. Zumal die Rückfrage bei einem Bekannten vor Ort ergab: Ja, der Baum wäre noch zu haben.
„Wir dachten erst, das wäre ein Witz“: Birker Burschen über den Maibaum-Coup von 2019
Also lieferten die Birker Burschen brav die gewünschten Scherstangen, mussten sich dafür als Besucher mittels Ausweiskontrolle für den Zutritt zum Areal der Bundeswehr-Uni anmelden. Und sie staunten nicht schlecht, als sie sahen, wie die Studenten mit den Utensilien ein „Probeaufstellen“ ihres Maibaums vornahmen. „Wir dachten erst, das wäre ein Witz“, erinnert sich Franz Maier. Aber es war keiner. Und so konnten die Birker Burschen diskret alles ausspionieren: Wo lagert der Maibaum überhaupt, wie groß ist er, welche Logistik wäre fürs Klauen nötig?

„Der größte Knackpunkt waren die Warnschilder“, blickt Franz Maier zurück. „Militärisches Sperrgebiet – Achtung, Schusswaffengebrauch“: Nein, ihr Leben riskieren mochten die Birker Burschen natürlich nicht. Aber ein kleiner Tipp half ihnen weiter. Der Kasernen-Kommandant, so hieß es, sei ein Freund des Brauchtums. Also fragten sie dort offiziell an: Wir würden gern euren Maibaum klauen – dürfen wir dazu rein ins Uni-Gelände?
Und siehe da, der Offizier gab grünes Licht. Unter der Maßgabe, dass sämtliche Burschen sich vorab mittels Ausweis und einer Personenliste anmelden. Und zweitens, dass die Brauchtumsregeln (kein Handauflegen der Maibaumbesitzer, keine Gewalt) eingehalten werden. Die Gaudi, ob seine Studenten den Maibaum ordentlich bewachen, mochte er sich nicht nehmen lassen.
Maibaumdiebstahl: Rund 40 Burschen aus Unterhaching und Ottobrunn waren beteiligt
Und so nahm eine kuriose Geschichte ihren Lauf. Am Tag vor dem großen Coup versteckten die Burschen schon mal einen Träger (also das rollende Ende des Transport-Gespanns) auf dem Uni-Gelände – um die Studenten nicht misstrauisch zu machen, benutzten die Maibaumdiebe dafür einen Umzugswagen als Tarnung. Somit war alles angerichtet für die nächtliche Aktion, für die von den Birker Burschen als Unterstützung der befreundete Ottobrunner Burschenverein involviert wurde.
In jener Nacht zum 8. Mai 2019 also standen um 3 Uhr etwa 40 Burschen aus Unterhaching und Ottobrunn an der Pforte der Bundeswehr-Uni und erhielten, da offiziell angemeldet, Einlass. Unbemerkt schlich sich das Team zum sogenannten Atrium, wo der Maibaum völlig unbewacht lagerte – allerdings kreisförmig umgeben von zig Fenstern der Studenten-Wohnungen. Ein Geräusch, ein aufmerksamer Blick – alles wäre vorbei gewesen.
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Den großen Moment hat Franz Maier noch bildlich vor Augen. „Der Maibaum lag völlig ungeschützt da, keinerlei Wache. Aber es war relativ gefährlich für uns wegen der hundert Fenster drumherum – hätte nur einer rausgeschaut und Alarm geschlagen, wären wir entdeckt worden.“
Keine Geräusche: „40 Leute haben den Maibaum angehoben und auf leisen Sohlen weggetragen“
Um dies zu vermeiden, agierten die Burschen wie bei einer Spezialoperation im Stil von James Bond, analog zu Agenten in geheimer Mission: kein Flüstern, keine Geräusche. „Nur auf Handzeichen“, schildert Franz Maier die Situation, „haben 40 Leute lautlos den Maibaum angehoben und auf leisen Sohlen weggetragen.“
Erfolgreich gelungen war der Coup damit aber noch nicht, denn es galt, zähe 700 Meter bis zur Pforte der Bundeswehr-Uni unbemerkt zu überstehen. Ein lautloser Kraftakt, den ein Mann ganz genau verfolgte: „Der Kommandant“, erzählt Franz Maier, „stand im Pyjama am Tor und sah höchst amüsiert zu.“ Weil alles brauchtumsgerecht stattfand, durften die Burschen passieren – Maibaumdiebstahl gelungen.
Vorstand der Birker Burschen erhielt Anruf: „Dran war ein ziemlich angefressener Bundeswehrsoldat“
Nur wenige Stunden später klingelte bei Franz Maier das Telefon. „Dran war ein ziemlich angefressener Bundeswehrsoldat“, berichtet der Unterhachinger. „Mit Müh‘ und Not haben die Neubiberger Studenten unsere Aktion sportlich genommen.“ Denn immerhin war für 11 Uhr das Maibaumaufstellen groß angekündigt, bloß fehlte nun der Baum.

Also musste schnellstens die Auslöse verhandelt werden, die Zeit drängte. Okay, abends beim Neubiberger Maibockfest je eine Maß Bier und eine Brotzeit für jeden der rund 40 Maibaumdiebe? Das Mindeste. „Wir haben hoch gepokert“, sagt Franz Maier über die Auslöse-Verhandlungen. Der Hintergedanke: Bundeswehr-Uni – da muss doch was gehen in Richtung U-Boot-Tour, Panzerfahren, Kampfjet-Mitfliegen? „Aus Spaß haben wir allerlei in die Runde geworfen.“ Letztlich wurden die Burschen zum sogenannten Jahrgangsschießen der Professoren eingeladen, mit Lasergewehr auf dem Schießstand: „Da sind wir dann in voller Mannstärke erschienen und haben mit den Neubibergern gemeinsam gefeiert.“ Ach ja, und der Maibaum kam natürlich, begleitet von großer Eskorte durch Polizei und Feuerwehr, noch pünktlich zurück in die Bundeswehr-Uni.
Stellvertretend für die vielen Burschenvereine und Maibäume im Landkreis München begleitet der Münchner Merkur die Birker Burschen aus Unterhaching in einer Artikelserie bis zum großen Moment am 1. Mai wenn vor dem Wirtshaus „Kammerloher“ nach sieben Jahren wieder ein neuer Maibaum aufgestellt wird.
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