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Er war der Tölzer Meistertrainer: Trauer um Eishockey-Legende Mike Daski

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Von: Patrick Staar

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Kinder lagen Mike Daski immer ganz besonders am Herzen. Im Dezember 2011 verabschiedeten ihn Nachwuchsspieler des EC Bad Tölz in den Ruhestand.
Kinder lagen Mike Daski immer ganz besonders am Herzen. Im Dezember 2011 verabschiedeten ihn Nachwuchsspieler des EC Bad Tölz in den Ruhestand. © uva-press

Er führte den EC Bad Tölz als Trainer zur Deutschen Meisterschaft und war eine der größten Sportlegenden im Isarwinkel: Mike Daski. Nun ist er gestorben.

Bad Tölz/Reichersbeuern - Wer versucht, Daskis Vita in einem Artikel wiederzugeben, scheitert zwangsläufig: Ein Leben, wie er es geführt hat, passt nicht in einen einzigen Bericht. Einen kleinen Eindruck gewinnt, wer in die Treppen zu Daskis Partyraum hinabsteigt. Die Wand ist übersät mit Erinnerungsstücken an eine außergewöhnliche Karriere. Mannschaftsfotos des EC Bad Tölz und SC Riessersee hängen einträchtig nebeneinander, umringt von Dutzenden Vereinswimpeln. Von Schwarz-Weiß-Bildern lächeln die Eishockey-Legenden Erich Kühnhackl, Alois Schloder und Gordie Howe, mit dem Daski befreundet war. Lachend zieht Sohn Michael Daski eine Machete aus dem Dachgebälk. Eine Plakette weist darauf hin, dass Daski die Waffe für den dritten Platz bei einem Eishockeyturnier des SC Riessersee erhalten hat – der Himmel weiß, warum.

Auf Händen getragen wurde Mike Daski 1966 nach dem Gewinn des Deutschen Meistertitels mit dem EC Bad Tölz.
Auf Händen getragen wurde Mike Daski 1966 nach dem Gewinn des Deutschen Meistertitels mit dem EC Bad Tölz. © tk-Archiv

Ex-Tölzer-Löwen-Trainer tot: Die ersten Schlittschuhe fand Mike Daski im Abfall

Mike Daski hat ukrainische Wurzeln, wurde 1930 in Winnipeg/Kanada geboren und wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Seine ersten Schlittschuhe fand Daski im Abfall. „Einer war rot und einer war schwarz, und beide waren viel zu groß“, erinnerte er sich einst im Gespräch. „Ich musste sie beim Nachbarn verstecken, weil meine Mutter was gegen Sport hatte.“ Ihr Sohn versuchte sich in allen erdenklichen Sportarten – und hatte überall Erfolg. Er wurde kanadischer Jugend- und Juniorenmeister im Baseball, kanadischer Vizemeister im Fußball, Provinzmeister im American Football sowie Juniorenmeister im Basketball.

Mike Daski: Ehemals Kellner in der Transsibirischen Eisenbahn dann Meistertrainer in Bad Tölz

Doch Daskis wahre Kunst war Eishockey. Nach einem kurzen Gastspiel in Westkanada zog es ihn nach Europa. Dort arbeitete als Kellner in der Transibirischen Eisenbahn. 1949 kam er zu den Herringay Racers nach England und war dort als Bademeister tätig. „Dort hat er gelernt, wie man Spaghetti-Soße kocht“, erzählt seine Frau Gisela lachend. „Wenn er die Soße gekocht hat, war er in seinem Element. Da durfte einen Tag lang keiner in die Küche rein.“ Jedes Gastspiel im Ausland erweiterte seine Kochkünste. In der Schweiz lernte er, wie man das perfekte Käsefondue zubereitet – sein Leibgericht.

1955 landete Mike Daski beim EC Bad Tölz

1955 landete der gebürtige Kanadier beim EC Bad Tölz – und erlebte gleich den ersten Auswärtssieg in Füssen mit. Verstimmt über die Niederlage war Otto Wanner, zugleich Vorstand des EV Füssen und Präsident des DEB: Auf seine Initiative wurden ausländische Spielertrainer verboten. Daski durfte fortan nur noch in der Tölzer 1b-Mannschaft spielen. Was ihn aber nicht daran hinderte, im Tölzer Eishockey Akzente zu setzen. So war Daski der Erste, der den Eishockey-Nachwuchs konsequent förderte. Legendär ist sein Kistentraining: Vom Obstgeschäft Obermayer besorgte sich das kanadische Schlitzohr Unmengen davon und baute daraus auf der Eisfläche einen Trainingsparcours. Die Spieler mussten drüber springen seitlich, vorwärts, rückwärts. 1964 bekam er wieder ein Angebot für die Trainertätigkeit beim ECT. Aus dieser Verbindung ragt der Gewinn der deutschen Meisterschaft 1965/66 heraus. Als es sportlich beim ECT abwärts ging, musste Daski zum dritten Mal ran, konnte aber 1976 den Abstieg aus der 1. Bundesliga auch nicht mehr abwenden.

Tod des Meisetrainers der Tölzer Löwen: „Mike war ruhig, ein Gentleman“, sagt seine Witwe

Zu dieser Zeit war er schon mit seiner Gisela verheiratet. Kennengelernt hat er seine Ehefrau im NCO-Club in der Tölzer Flintkaserne: „Er war mit Spielern der amerikanischen Eishockeymannschaft befreundet und war fast jeden Tag oben“, erinnert sie sich. Es sei „nicht Liebe auf den ersten Blick“ gewesen, sie habe erst im Laufe der Zeit begonnen, seine Art zu schätzen: „Mike hat nicht geklammert, er war ruhig, ein Gentleman.“ Ganz nebenbei war Daski ein begnadeter Tänzer. „Er hat nicht locker gelassen, und irgendwie hat er mich dann rumgekriegt.“ 1973 heirateten die beiden, 1975 wurde ihr Sohn Michael geboren.

Sie erlebte viele weitere Trainerstationen mit. In der Bundesliga coachte ihr Mann den SC Riessersee, EV Landshut, EHC München und Berliner SC. In Österreich war er Trainer in Salzburg und Graz, in der Schweiz beim EHC Kloten und den HC Montana. In den Niederlanden coachte er die Tilburg Trappers und Geleen Smoke Eaters. Beim HC Meran wurde Daski zum „Trainer des Jahres“ in Italien gewählt, den Sportbund Rosenheim führte er in die Oberliga. „Im Prinzip haben wir eine Wochenendbeziehung geführt“, sagt Gisela Daski. „Ich musste mich um meine Eltern kümmern – meine Mutter war nicht gesund und mein Vater gehbehindert.“ An Urlaub sei unter diesen Rahmenbedingungen nicht zu denken gewesen. Dies „alles sei nicht immer einfach“ gewesen.

Auch nach Trainer-Ende beim EC Bad Tölz: Mike Daskis Herz blieb immer im Isarwinkel

Michael Daski junior blieben vor allem die Stationen Graz und Nordhorn in Erinnerung: „In Graz habe ich in dem Vereinsfahrzeug Autofahren gelernt. Und in Nordhorn hat ein Spieler meinem Vater in der Kabine einen Galgen überreicht, weil ihm das Training zu hart war.“

Wo auch immer in Europa es ihn hin verschlug: Daskis Herz blieb im Isarwinkel. Sein Wohnort blieb stets Reichersbeuern, bis zu seinem 79. Lebensjahr stand Daski als Trainer mit dem Tölzer Nachwuchs auf dem Eis.

Mike Daski: Bis zu seinem 78. Geburtstag reiste er jedes Jahr nach Kanada

Was ihn besonders auszeichnete? „Er war sehr bescheiden und genügsam“, sagt Gisela Daski. Den Gedanken, Memoiren zu schreiben, habe ihr Mann stets von sich gewiesen. Trotz seiner großen Karriere habe ihn sein Vater nie zum Eishockey gedrängt, sagt Michael Daski: „Er hat gesagt, dass ich das machen soll, was ich am besten kann – und das ist bei mir die Arbeit mit Computern.“ Seinem Vater sei stets bewusst gewesen, dass es wichtigere Dinge im Leben gibt als Eishockey. Deshalb habe er Nachwuchsspieler nur eingesetzt, wenn die Schulnoten passten: „Da waren viele Eltern gar nicht erfreut.“

Bis zu seinem 78. Geburtstag reiste Daski jedes Jahr nach Kanada, dann machte ihm eine Demenz-Erkrankung immer mehr zu schaffen. „Als er als Nachwuchstrainer aufgehört hat, ist es abwärts gegangen, denn da hatte er keine Aufgabe mehr.“ Dann kam auch noch ein Schlaganfall hinzu: „Die letzten Wochen waren dann nicht mehr schön“, sagt seine Frau. Kurz vor seinem Tod kam der 92-Jährige zurück nach Hause: „Als er in seinem Zimmer die Blumen gesehen hat, die ich gemalt habe, hat er gelächelt – und ist eingeschlafen.“

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