„Kam die Frage auf, ob es Christbaum braucht“: Murnau will zur Weihnachtszeit Zeichen setzen

Es wird auch in diesem Advent Licht in Murnau – allerdings weniger üppig und ausgedehnt als in früheren Jahren. Zwei von neun beleuchteten Christbäumen fallen weg, zudem will die Gemeinde LED-Lichterketten anschaffen. Freiwilligen Verzicht übt die evangelische Kirche.
Murnau – Das ganze Land soll mit Energie geizen: eine Lage, in der die Gemeinde Murnau ein Zeichen setzen und zur Adventszeit kein allzu ausuferndes Lichtermeer wie in früheren Zeiten schaffen möchte. Der Bauausschuss nahm dazu „Potenziale zur Energieeinsparung“ bei der öffentlichen Weihnachtsbeleuchtung – zuletzt standen alle Jahre wieder neun Christbäume mit Lichterketten im Gemeindegebiet – unter die Lupe. Dabei geht es mehr um den symbolischen Akt als darum, extrem hohe Kosten zu vermeiden. Rund 6000 Kilowattstunden Strom, so viel, wie durchschnittlich zwei Drei- bis Vier-Personen-Haushalte im Jahr verbrauchen, fallen für alle Baum-Lichterketten im Ort an, wenn sie wie bisher üblich an die 40 Tage lang von 17 bis 7.30 Uhr leuchten. Dabei komme man auf etwa 1500 Euro, sagte Marktbaumeister Klaus Tworek in der Sitzung am Dienstagabend.
Energiekrise: Murnau will Zeichen setzen
Heuer, in Jahr eins der Energiekrise, zieht Murnaus Politik nicht den Stecker, sondern dreht vorsichtig ein wenig am Dimmer. Zwei der neun Standorte – Maibaum sowie Christuskirche der evangelischen Gemeinde, die im Vorfeld ihren Verzicht angekündigt hatte – fallen nach dem einstimmigen Beschluss weg. An den übrigen sollen die Lämpchen, gesteuert per Zeitschaltuhr, nur noch von 16.30 Uhr bis 23 Uhr leuchten. Nach Möglichkeit – und falls aktuell nicht wegen astronomisch hoher Nachfrage Mondpreise aufgerufen werden – rüstet Murnau auf LED-Ketten um und achtet dabei auf eine emissionsarme Lichtfarbe. Bürgermeister Rolf Beuting (ÖDP/Bürgerforum) nannte die Beleuchtung grundsätzlich „schön“, sie bringe Atmosphäre in den Ort. Ihn erstaunte indes die Anzahl der Bäume mit Lichterketten: „Müssen es neun sein?“ Angebracht sieht er in jedem Fall einen pro Ortsteil.
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Die Verwaltung hatte den Vorschlag gemacht, auf die Lichter am großen Baum unterhalb des Schloßmuseums, die mit 2500 Kilowattstunden für 25 Ketten bisher am meisten Energie schlucken, ebenso zu verzichten wie auf jene am Kultur- und Tagungszentrum (KTM) und am Untermarkt. Den aber gingen die Gemeinderäte nicht mit. Veronika Jones-Gilch warb für einen „guten, abgewogenen Kompromiss“, sprach sich gegen ein „Sparen auf Teufel komm raus“ aus und verwies dabei auf einen psychologischen Aspekt: Viele werden es sich daheim nicht mehr so hell machen können, meint die Vertreterin von Bündnis 90/DieGrünen, „es wäre vielleicht ein Zeichen, wenn draußen nicht alles so dunkel ist“. Josef Bierling (CSU) machte sich für die Standorte Schloss – dort finde relativ viel statt – und KTM mit den Christkindlmärkten drinnen und draußen stark. Die Stromkosten sieht er nicht als Argument gegen Lichter, „es geht eher um die Symbolik“. Wolfgang Köglmayr (Mehr Bewegen) liegen kürzere Leuchtzeiten und die Umstellung auf LED am Herzen.
Murnau in Bayern: Zur Weihnachtszeit soll Energie eingespart werden
In einem Fall verzichteten die Betroffenen proaktiv: Vertreter der evangelisch-lutherischen Gemeinde hatten bereits vor der Ausschuss-Sitzung zu erkennen gegeben, dass sie nicht möchten, dass Bauhofmitarbeiter heuer einen Christbaum an ihrer Kirche aufstellen. Ein Beschluss des Kirchenvorstands sieht außerdem vor, die Temperatur im Gotteshaus, das im Winter bislang gewöhnlich sehr warm war, zu drosseln und einige Decken anzuschaffen. „Es wird kühler, nicht bitterkalt“, versichert Pfarrer Florian Bracker. Wie immer soll ein Herrnhuter Stern im alten Eingang hängen und etwas Licht spenden. „Es kam die Frage auf, ob es angesichts der Verhältnisse einen Christbaum braucht“, erklärt Bracker – und man wollte quasi ein Licht-Zeichen setzen, der „politischen und gesellschaftlichen Situation“ gerecht werden.
Für Murnaus Ladenbetreiber geht es darum, einen Mittelweg zu finden – auf Ressourcenverbrauch zu achten, aber auch „weihnachtliche Atmosphäre, die wir brauchen“, zu schaffen und Traditionen „nicht komplett über den Jordan zu schicken“, sagt Stefanie Fischer, Zweite Vorsitzende des Vereins zur Wirtschaftsförderung. Die beleuchteten Sterne an den Fassaden im Markt hängten Immobilien-Inhaber auf eigene Rechnung auf. Vielfach wurde die Deko bereits vor Jahren auf LED umgerüstet.