Nach Stellenanzeige: Landratsamt Miesbach erhält Kommentare aus der untersten Schublade

Der Landrat sucht eine neue Assistenz, was er beziehungsweise seine Behörde bekommen hat, ist ein regelrechter Shitstorm in den Sozialen Medien und per E-Mail. Womöglich hat die Sache ein juristisches Nachspiel.
Der Montagnachmittag war für einige Mitarbeiter des Landratsamts eine arbeitsreiche Zeit. Binnen kürzester Zeit wurde die Behörde mit Hunderten Nachrichten geflutet. Auslöser waren zwei Bilder in einer Stellenausschreibung. Sie zeigen die vier Assistentinnen des Landrats, wie sie an seinem Schreibtisch stehen, Aktenordner, Telefonhörer und Tablet in der Hand, dabei ihren Chef freundlich anlächelnd. „Wir wollten die gute Stimmung in unserem Büro herausstellen“, sagt eine Sprecherin des Landratsamts.
Stellenanzeige: Erstes Feedback positiv, dann geht es wüst zu
Anfangs ließ sich das auch gut an. Über das Wochenende habe man „viel positives Feedback“ bekommen. Am Montagmittag aber wendete sich das Blatt. Die Kommentare richteten sich gegen das vermeintlich überholte Frauenbild von Behörde, in der Frauen als Untergebene von Männern darstellt würden, geißelten die Rückständigkeit Bayerns und den CSU-Wahlkampf. Wobei sich Landrat von Löwis aktuell ja nur um einen allenfalls mäßig öffentlichkeitswirksamen Platz im Bezirkstag bewirbt.
Diese Vorhaltungen hat das Landratsamt als „noch nicht dramatisch“ angesehen, sagt die Sprecherin. Schließlich seien sie von der Meinungsfreiheit gedeckt, auch wenn die Kommentatoren meist nicht namentlich und ohne Fotos in Erscheinung traten – womöglich seien auch Bots im Spiel gewesen, die automatisiert posten.
Behörde sperrt Kommentarfunktion nach Shitstorm wegen Stellenanzeige
Bis dahin galt es, das Geschehen im Internet nur zu beobachten. Das änderte sich, als die Kommentare begannen, sich gegen die vier abgebildeten Frauen selbst zu richten – und das mit Inhalten und einer Wortwahl, die weit unterhalb der Gürtellinie angesiedelt und keinesfalls zitierfähig ist. „Zum Schutz der Mitarbeiterinnen“, die alle in der Region leben, habe man dann nicht nur die betreffenden Kommentare gelöscht, sondern die Kommentarfunktion insgesamt gesperrt, was den nächsten Schwall an Negativ-Reaktionen auslöste.
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Foto bleibt öffentlich, das wollen auch die Abgelichteten so
Den kompletten Post, also auch das Bild selbst, entfernen, das wollte das Landratsamt nicht – auch nicht die vier betroffenen Frauen, wie die Behördensprecherin betont. „Sie stehen zu dem Foto.“ Dass sie den Landrat „anhimmeln“, wie einer der Vorwürfe lautete, würden sie nicht so sehen.
Von Löwis selbst möchte sich zu dem Vorfall nicht äußern. Ob die Behörde den Shitstorm auf sich beruhen lässt, hat sie noch nicht entschieden. „Wir prüfen, ob wir die Beleidigungen eventuell zur Anzeige bringen“, sagt die Sprecherin. Es waren schließlich übelste Schimpfworte darunter. Die IT-Abteilung sei dabei, die Kommentare wiederherzustellen und zu sichten, wobei darauf keine Priorität liege.
Kritik auch vom Ex-Landrat: „Peinlich“
Zu den Kritikern – wohlgemerkt nicht zu den Hetzern – gehört übrigens auch Ex-Landrat Wolfgang Rzehak. Der Grünen Politiker teilte am Dienstag den Post auf seinem Facebook-Auftritt mit den Worten: „Zurück in die 50er? So eine Stellenanzeige (...) ist heutzutage nur noch peinlich.“ Aber erfolgreich: Ebenfalls am Montag erhielt das Landratsamt drei Bewerbungen auf die ausgeschriebene Assistenz-Stelle (m/w/d), darunter zwei von Frauen.
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