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Hat sich zu selten blicken lassen: Freunde verpacken Wohnung bis ins Detail mit Zeitungspapier

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Von: Katrin Kleinschmidt

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Marian Schrott (li.) in einer Wohnung, eingepackt in Zeitungspapier
Marian Schrott (li.) steckt hinter der Idee. © Emanuel Gronau

Bis ins kleinste Detail – inklusive Kronkorken und Socken - hat eine Gruppe in Weilheim die Wohnung eines Freundes in Zeitungspapier eingepackt. Warum?

Weilheim – Es war 17.42 Uhr. Marian Schrott (25) weiß die Uhrzeit genau. „Meine Handy-App hat angeschlagen, die Überwachungskamera zeichnete Bewegungen in der Wohnung auf.“ Es wurde also ernst. Denn die Räume, die Schrott über sein Smartphone verfolgte, sind nicht seine eigenen – sondern die seines Spezls in Weilheim.

Als der am Donnerstag um 17.42 Uhr nach Hause kam, erwartete ihn eine Überraschung: In der Wohnung war alles – und damit ist wirklich alles gemeint – in Zeitungspapier verpackt. Jede Wand, jeder Schrank, jedes Regal: überzogen mit Zeitungen. Ein Streich des Freundeskreises. Ein Streich, bei dem sich „Haupttäter“ Schrott gar nicht sicher war, ob sein Freund darüber lachen kann. Er kaufte extra die Überwachungskamera, um zu wissen, wann der Spezl nach Hause kommt.

Weilheim: Freunde verpacken Wohnung bis ins Detail mit Zeitungspapier

David Hochmuth (34) heißt der Weilheimer, dessen Wände nun viele Buchstaben zieren. „Er hat uns einige Male versetzt und vernachlässigt“, begründet Schrott die Aktion. „Wir dachten uns: Wenn er keine Zeit für uns hat, nehmen wir uns Zeit für ihn.“

Bis ins kleinste Detail - vor den Freunden war kein Gegenstand in Sicherheit.
Bis ins kleinste Detail - vor den Freunden war kein Gegenstand in Sicherheit. © Emanuel Gronau

Hochmuth ist Koch und macht derzeit seinen Meister in Regenstauf im Landkreis Regensburg. Da er deshalb selten in Weilheim ist, bekam Schrott den Schlüssel und schaute in der Zwei-Zimmer-Wohnung regelmäßig nach dem Rechten. Weil sich der Spezl im Gegenzug zu selten blicken ließ und Verabredungen kurzfristig absagte, heckte Schrott seinen Plan aus. Über einen Freund, der in einer Druckerei arbeitet, bekam er rund 400 Kilogramm Zeitungen – darunter ganz viele Heimatausgaben des Münchner Merkur. Alles Ausschussware, bei der während des Druckprozesses etwas schiefgegangen war. Die Bündel wurden in die Wohnung gebracht – los ging’s.

Weilheimer erlebt böse Überraschung daheim

Die Freunde, alle aus dem Raum Weilheim, wickelten alles ein. Jedes Buch, jede Gabel – und sogar jedes Wattestäbchen in einer geöffneten Packung im Bad. „Es gibt nichts mehr, was nicht eingepackt ist“, sagt Schrott. „Außer Elektrogeräte.“ Die Aktion dauerte drei Tage. Auch Mütter der Spezln packten mit an. Und ein junger Mann, „den wir am Vorabend in einer Bar kennengelernt haben“, sagt Schrott und schmunzelt. „Für einen Umzug fragt man 20 Leute und acht kommen. Diesmal habe ich zehn gefragt und 14 kamen.“ Über die vielen helfenden Hände war er froh. „Man glaubt nicht, wie viel Arbeit das war, alles einzupacken.“

Selbst die Decke der Wohnung wurde beklebt.
Selbst die Decke der Wohnung wurde beklebt. © Emanuel Gronau

Hochmuth glaubt ihm das. Immerhin muss er seit Donnerstag, 17.42 Uhr, mit dem Ergebnis leben. „Als ich reinging, habe ich einfach nur Papier gesehen. Überall“, sagt er. „Das ist ein Kunstwerk. Das ist genial.“ Auf den Schreck packte er als Erstes ein Glas aus – „um mir ein Bier einzuschenken“. Das Bett, die Seife, eine Tasse, ein Kaffeelöffel und die Zahnbürste waren bis Freitag auch ausgewickelt. „Und fürs Anziehen habe ich am Morgen zwei Stunden gebraucht, weil ich nicht die richtigen Sachen fand.“

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Weilheim: Nach Zeitungspapier-Streich droht jetzt die Rache

Das 34-jährige Opfer stieß schon am Donnerstagabend mit Schrott auf die Aktion an. Auf Zeitungspapier sitzend. „Ich bin auf niemanden sauer“, sagt Hochmuth. Wenn sich jemand so viel Zeit für einen Streich nimmt, „muss die Freundschaft etwas ganz Besonderes sein“. Auf seine Wohnung sei er nun „neugierig. Es ist wie Geschenke auspacken.“ Nur eines nerve: „Das Geraschel. Egal, wo ich hingehe. Es raschelt.“

Helfen wollen ihm die Spezl beim Aufräumen nicht. „Das darf er schon selbst machen“, sagt Schrott, der angesichts der Begeisterung seines Freundes befürchtet: „Da hat er nichts draus gelernt. Was muss ich mir denn noch einfallen lassen?“ David Hochmuth hat jedenfalls jetzt schon angekündigt: „Rache kommt.“

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