Streit um den Wolf: Bauernverband und Tierrechtler melden zwei konträre Demos an

Die ersten 400 Schafen sind am Garmischer Kramerplateau aufgetrieben worden. Am Samstag, 6. Mai, wollen Bauernverband und „Aktiervisten“ mit jeweils einer Demo auf die Straße gehen.
Garmisch-Partenkirchen – Es geht los. An diesem Wochenende werden in Garmisch die ersten 400 Schafe auf das Kramerplateau aufgetrieben. Bislang eine eher wenig beachtete Aktion. Doch sieht das heuer im Zeichen der Wolfsrückkehr anders aus. Während die Hirten die Nutztiere zu ihrer Frühjahrsweide rund um die Kriegergedächtniskapelle bringen, mobilisieren sich an diesem Samstag zwei Lager in der Garmisch-Partenkirchner Fußgängerzone. Auf der einen Seite stehen pro Wolf die Mitglieder der „Aktiervisten Oberland“ am Richard-Strauss-Platz. Auf der anderen Seite der Bayerische Bauernverband am Bischoffeck, die ihre Nutztiere vor den Beutegreifer schützen wollen.
Tierrechtler: „Wir sind gegen Hass und Hetze“
Die „Aktiervisten“ sind ein Verbund aus Tierschützer und Tierrechtler. Seit längerem machen sie mit Aktionen auf sich aufmerksam. Im Januar protestierten sie beispielsweise auf dem Herzogstand gegen den Abschuss der Gams. Sie sind pro Wolf, wollen mit einem Infostand und einem Schaubild für den strenggeschützten Beutegreifer werben und sensibilisieren. „Wir wollen, dass Menschen keine Angst vor ihm haben, also weg vom ‚Märchen des bösen Wolfes‘“, sagt Sylvia Arlette Greif, Abteilungsleiterin Tierschutz des bayerischen Landesverbandes der Partei Die Linke.
Sie will eine friedliche Co-Existenz erreichen. „Wir sehen die Probleme der Almbauern schon auch“, sagt sie. Doch müsste dort laut Greif der Wille da sein, Herdenschutzmaßnahmen zu ergreifen. „Wir sind gegen den Hass und die Hetze, die zurzeit betrieben werden.“ Etwa 20 Teilnehmer haben sich für die Kundgebung am Richard-Strauss-Platz angemeldet.
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Bauernverband und Grünen-Politikerin: Wolfszäune sind tödlich für unzählige Wildtiere
Auf der anderen Seite steht der bayerische Bauernverband am Bischoffeck, der ebenfalls einen Infostand mit rund 50 angemeldeten Teilnehmern aufstellen wird. Sprechen werden unter anderem Landrat Anton Speer (Freie Wähler), Bürgermeisterin Elisabeth Koch (CSU) sowie Kreisobmann Klaus Solleder. „Wir wollen klarmachen, welche Auswirkungen der Wolf auf die Almwirtschaft hat“, sagt Solleder.
Die Schutzmaßnahmen für die Herde seien mit Zäunen mit vorgeschriebenen 90 bis 140 Zentimetern Höhe „nicht nur sinnlos, da sie der Wolf leicht überspringt“. Sie seien für die Biodiversität gar gefährlich: „Wolfssichere Zäune können zur tödlichen Gefahr für sämtliche Wildtiere werden“, sagt Solleder. Der Strom von mindestens 4000 Volt bedeuten für Igel, Frösche oder Eichhörnchen den Tod.
47 Almen müssten mit 1000 Meter langem Zaun geschützt werden - unmöglich
Eine Feststellung, die auch die dritte Landrätin Tessy Lödermann (Die Grünen/Bündnis 90) gemacht hat. Am Donnerstagabend hat ihr Kreisverband zu dem Online-Dialog „Der Wolf und sein Platz in der Landwirtschaft“ eingeladen mit Grünen-Politiker wie Landtagsabgeordneter Christian Hierneis und Sepp Grasegger, Vorsitzender des Landesverbandes Bayerischer Schafhalter aus Partenkirchen. „Diese Zäune sind Todesfallen. Was wir da schon alles an Tieren rausholen mussten, die da elendig eingegangen sind“, mahnt Lödermann. Um die 47 Almen im Landkreis zu schützen, „bräuchten wir 1000 Kilometer Zaun“. Das sei „reiner Wahnsinn.“ Zumal es sowieso schon zu viele Zäune gäbe.
Überhaupt stecke Lödermann in der Zwickmühle. Sie findet den Beutegreifer faszinierend, aber „eine Tierart über alle andere zu stellen, ist nicht richtig“. Zumal die Almwirtschaft für eine Artenvielfalt von 40 000 Tiere und Pflanzen verantwortlich ist. Deshalb plädiert sie auch für einen professionellen Abschuss, „ehe Giftköder ausgelegt oder irgendwelche Laien illegal Wölfe töten“.
Benedikt Egner, Vorstandsmitglied der Werdenfelser Züchter, schaut mit Sorgen auf den Almsommer. „Schutzhunde bringen bei uns nicht viel.“ Diese bräuchten eine homogene Herde von mindestens 100 Schafen, mit denen er mindestens ein Jahr lang zusammenlebt, ehe er sich mit dieser sozialisiert. „Und bei uns haben die meisten Schafhalter nur fünf bis 20 Stück.“
Die zwei Demos
beginnen an diesem Samstag, 6. Mai 2023, in Garmisch-Partenkirchen jeweils um 11 Uhr. Der Bayerische Bauernverband informiert an seinem Stand am Bischoffeck bis 17 Uhr. Die Tierrechtler „Aktiervisten“ bis 16 Uhr am Richard-Strauss-Platz.
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