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Per SUP-Board: Abenteurer will von Elba nach Korsika - und bekommt überraschende Probleme

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Von: Peter Borchers

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SUP-Wahnsinn: Abenteurer quert Mittelmeer von Elba nach Korsika - Unglaubliche Szenen
Auf großer Fahrt: Andreas Prielmaier vor Elba. Noch ist alles gut... © Prielmaier

Ein Abenteurer aus dem oberbayerischen Icking will von Elba nach Korsika übersetzten - per SUP-Board. Wahnwitzige Szenen einer Erstbefahrung - mit ungewissem Ausgang.

Offene See zwischen Elba und Korsika, 18.04 Uhr: Auf die zwei einsamen Stand-up-Paddler schießt in geringer Höhe ein kleines Aufklärungsflugzeug zu, kreist zwei, dreimal über ihren Köpfen und dreht dann ab. Andreas Prielmaier und Dimitri Lehner wundern sich: Was war denn das? Ein Testflug vielleicht, meint Lehner.

Die beiden sind gute Freunde, haben viele Abenteuer miteinander erlebt. Dieses soll ihr nächstes sein. Im Vorjahr war Prielmaier solo auf dem SUP-Board von Korsika nach Sardinien gepaddelt. Auf der Fahrt hatten ihn im Wechsel Zweifel und Euphorie begleitet. 

SUP-Wahnsinn: Abenteurer aus Icking will von Elba nach Korsika paddeln

Sein neues Projekt soll eine noch größere Hausnummer werden: von Piombino auf dem italienischen Festland gute 15 Kilometer hinüber nach Elba, dann an dessen Küste entlang und schließlich der große Sprung übers offene Meer nach Korsika. „In Summe sind das etwa 130 Kilometer innerhalb von sechs Tagen“, sagt Prielmaier, der aus Icking stammt, seit einigen Jahren aber in Hausham lebt. 

„Nicht ohne“ sind vor allem die gut 60 Kilometer zwischen Elba und Korsika. Deshalb hat der Extremsportler diesmal lieber Unterstützung dabei. Ein Anruf bei Lehner, einem ebenfalls erfahrenen SUP-Paddler, genügt. „Ich bin dabei“, sagt der Kumpel aus Söcking.

Offene See zwischen Elba und Korsika, 18.39 Uhr: Etwa eine halbe Stunde ist die seltsame Begegnung mit der Militärmaschine her. Dem Duo nähert sich ein Boot der französischen Küstenwache. Die beiden Bayern rätseln: Was wollen die? Es wird spannend.

SUP-Extrem: Stand Up Paddler quert Mittelmeer - dann kommt der Sturm

Erst gegen 18.30 Uhr waren die beiden Abenteurer weggekommen aus Piombino. Die erste Etappe hinüber nach Elba ist „ähnlich weit wie mein Crossing von Korsika nach Sardinien letztes Jahr“, sagt Prielmaier – und sie ist eigentlich unspektakulär. Doch extrem lästiger Nordwind macht aus den normal etwa 15 Kilometern locker 20. „Der Wind kam von rechts, war stark. Also konntest du – teilweise nur knieend – ausschließlich auf der linken Seite paddeln.“ Im Zickzack-Kurs kämpfen sich die Zwei durch die Wellen.

Auf Elba treibt sich das Duo wegen einer ungünstigen Wetterlage zwei Tage lang in den Buchten des Eilands herum, biwakiert an einsamen Stränden. „Das SUP bietet dir die coole Möglichkeit, innerhalb einer kurzen Zeit Abenteuer zu erleben, Plätze zu finden, zu denen keiner hinkommt. Und du stehst vor der Herausforderung, eine solch weite Strecke zu schaffen“, erzählt Prielmaier. 

Wind, Strömung, Wellenhöhe und die kräftige Sonne – das alles müsse man nämlich einschätzen und aushalten können. Der Ickinger: „Das ist nicht immer cool. Wenn du zwölf Stunden am Stück paddelst, kann das ein richtiges Mind Game werden. Es macht etwas mit dir, wenn du weißt, dass kein Begleitboot in der Nähe ist und das Handy keinen Empfang hat.“

Plötzlich taucht die Küstenwache auf - und es lauern ungeahnte Probleme

Offene See zwischen Elba und Korsika, 18.44 Uhr: Das Patrouillenboot fährt dicht heran. Die Polizisten wollen die beiden Freunde und ihre Bretter mit Bootshaken an Bord holen. Die Kommunikation ist schwierig: Die Besatzung spricht nur Französisch, kein Englisch. Prielmaier und Lehner verstehen wenig. Was die beiden Bayern aber kapieren: Sie haben offenbar die Sechs-Meilen-Zone Frankreichs verletzt und sollen sich nun vor Polizei und Gericht verantworten. Ein erforderliches Dokument, das ihnen freie Fahrt garantiert hätte, können sie nämlich nicht vorweisen.

An Bord ihrer aufblasbaren Bretter haben Prielmaier und Lehner jeweils eine Schwimmweste, Ersatzpaddel, ein GPS-Gerät, Neoprenanzug, Schlafsack, Isomatte, sechs Liter Trinkwasser, Proviant, ein Tegernseer Not-Bier und Signalraketen von 1997, die Lehner zu Hause aus irgendeiner Kiste gekramt hat. 

An Board haben die SUPler Signalraketen - sie geben ein gutes Gefühl

Ein Test zeigt: Sie funktionieren – was den beiden Freunden ein gutes Gefühl gibt. Prielmaier: „Es ist zwar nur das Mittelmeer, aber manchmal ist auch das unheimlich.“ Die beiden Freunde begegnen einem Hai, einem Schwertfisch und sogar einem Wal. „Und du stehst auf einem kleinen, kippligen Brett, dem jederzeit die Luft ausgehen kann.“

SUP-Wahnsinn: Abenteurer quert Mittelmeer von Elba nach Korsika - Unglaubliche Szenen
Begegnete den beiden Abenteurern: Ein Wal. © Prielmaier

Stunde um Stunde paddeln die beiden Männer. Nichts ist zu hören außer dem Plätschern beim Einstechen des Blatts. Interessant sei die Erfahrung auf dem offenen Meer gewesen, sagt Prielmaier, und genau das, was ihn bei diesem Abenteuer gereizt hat. 

Hinter den Bayern verschwindet Korsika langsam im Dunst - werden Sie jemals Korsika erreichen?

„Du paddelst eine halbe Stunde vor dich hin, du denkst an gar nichts, dein Kopf ist völlig leer“, erzählt er. Dann plötzlich reißen ihn teilweise absurde Gedanken aus der Stille. „Du denkst an die Schulter, die schmerzt, die Sonne, die herunterbrennt.“ Sogar die Steuererklärung, „die ich längst hätte machen sollen“, fällt Prielmaier ein. Hinter den beiden Bayern verschwindet Elba langsam im Dunst, Korsika vor ihnen ist noch weit.

Offene See zwischen Elba und Korsika, 19.10 Uhr: Die Diskussion mit der Küstenwache dauert an. Die Beamten kontrollieren die Pässe, machen Notizen. Prielmaier und Lehner erklären ihnen höflich, dass sie professionelle Abenteurer sind, sie aus rein sportlichen Gründen – es ist eine Erstbefahrung – von Elba nach Korsika paddeln, und sich zwei Stunden vor dem Ziel auch nicht mehr stoppen lassen wollen. Sie greifen zu einem Kniff, sagen der Crew, dass sie im Fall eines Weiterfahrt-Verbots die zehn Stunden nach Elba zurückpaddeln würden. Die Beamten schlagen die Hände über dem Kopf zusammen. Schließlich siegt die Sportbegeisterung der Franzosen. Mit einem Handshake und dem Gebot, die Schwimmwesten anzulegen, entlassen die Beamten die beiden Paddler. Die müssen zuvor allerdings einige Papiere signieren, „ohne zu wissen, was wir da eigentlich unterschreiben“.

Gegen 21 Uhr erreichen die Bayern endlich die korsische Küste. Sie sind erleichtert, aber ein Glücksgefühl will sich nicht so recht einstellen. Die „zeitweise nervige“ Diskussion mit der Obrigkeit drückt aufs Gemüt. Drohen Konsequenzen? Wird’s gar teuer? Diese Fragen beschäftigen die beiden. Erst das Essen in einem Bistro, ein Bier und ein nettes Gespräch mit einem französischen Ehepaar, das die Ankunft der beiden Paddler verfolgt hatte, lockern die Stimmung. Tags darauf geht es mit der Fähre zurück nach Piombino, wo der Camper geparkt ist.

Epilog – Hausham, im Juli: Mittlerweile überwiegt der Stolz, wenn Prielmaier an seinen Trip zurückdenkt. Wie sein Crossing von Korsika nach Sardinien im Vorjahr hat auch diese Route vor ihm und Lehner noch kein Stand-up-Paddler gewagt. Das haben sie recherchiert. Ein komisches Gefühl beschleicht die beiden aber immer noch, wenn sie morgens in ihre Briefkästen sehen. Die große Frage: Liegt unangenehme Post von der französischen Regierung darin?

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