„Für viele ist das ein besonderer Ort“: Danke-Fest nach fünf turbulenten Jahren auf der Tannenhütte

2018 hat Anna Hertle die Tannenhütte übernommen, nachdem die Gamshütte oberhalb von Partenkirchen abgebrannt war. Viel wurde über den Baustil geschimpft, viele Probleme hat die Wirtin erlebt. Doch jetzt ist es an der Zeit, ihren Lieblingsort zu feiern.
Garmisch-Partenkirchen – Ob Anna Hertle den Tisch schön dekorieren könne, fragt der Mann. Mit Blumen, vielleicht einem Strauß. Schließlich will er seiner Freundin auf der Tannenhütte einen Heiratsantrag machen. Dort haben sie sich kennengelernt. Später werden sie sich dort auch das Ja-Wort geben. „Das find’ ich so so so so schön.“ Anna Hertle liebt Geschichten wie diese. Geschichten, wie sie ihre Tannenhütte erzählt. Nicht nur ein Paar hat sich dort gefunden. Einige weiß die Wirtin, die sich auf der Terrasse oder in der Stube zum ersten Mal getroffen haben oder die ihr erstes Date auf das Haus über Partenkirchen führte. Und die dort oben heirateten. „Für viele ist das ein besonderer Ort.“ Für sie auch. Seit 2018 hat Hertle die Hütte gepachtet. Das feiert sie an diesem Sonntag. Ein kleines Danke-Fest nach fünf turbulenten Jahren.

Die Gams- und die Tannenhütte: „Das war immer ein Kraftort für mich“
Schon als kleines Mädchen liebte die Garmisch-Partenkirchnerin, die in Bad Bayersoien aufgewachsen ist, diesen Platz unterhalb des Wankgipfels. „Das war immer ein Kraftort für mich.“ Dass er einmal ihre zweite Heimat werden würde, ahnte sie nicht. Wirtschaftsingenieurwesen hat sie studiert, zehn Jahre lang in ihrem Beruf gearbeitet. Irgendwann aber, „wenn ich mal alt bin“, geht sie auf eine Alm. Hoch hinaus, mit ein paar Schafen und Kühen. Das hatte sie sich vorgenommen.
Es wurden keine Tiere, keine Alm, ins Hochgebirge kam sie auch nicht, und das Rentenalter liegt in weiter Ferne – gerade feierte sie ihren 40. Geburtstag. Doch als die Vorgängerhütte 2015 abbrannte, ergriff sie die Chance, bewarb sich und bekam den Zuschlag.
Gamshütte hieß die Einkehr früher. Ein uriges, altes Haus auf knapp 950 Metern, schnell erreichbar aus dem Tal. Lange war es ein beliebtes Ziel für Touristen und Einheimische. Dann kehrte Unruhe ein. Die Bayerischen Staatsforsten, Besitzer des Grundstücks, stritten mit Bernhard Raubal, Besitzer der Hütte, der das Areal pachtete. Bis Ende 2015, dann wollte der Forst ohne den Garmisch-Partenkirchner weitermachen. Er hatte mit dem Abriss der Hütte begonnen – als der Rest im August 2015 in Flammen aufging. Viele Gerüchte kursierten, lange blieb die Gamshütte Gesprächsthema.
Anna Hertle über ihre Tannenhütte und das Panorama: „Mir wird der Anblick nie fad“
Die Tannenhütte wurde es auch. Zu modern erschien sie vielen Einheimischen, geschimpft haben sie über den Baustil mit den großen Fenstern. Heute schimpft keiner mehr, der einmal eingekehrt ist. Der das Tannenholz der Vollblockhütte, im Oktober 2018 eröffnet, gerochen, durch die Panoramafenster oder auf der Terrasse die Aussicht genossen hat. „Man erlebt das Naturspektakel hautnah.“ Hertle kann sich bis heute nicht sattsehen. Ihre Mitarbeiter lachen sie schon immer aus, wenn sie fast jeden Morgen und Abend Fotos macht. Nicht nur für Instagram, auch für sich. „Es schaut einfach jeden Tag anders aus. Mir wird der Anblick nie fad.“ Er gibt ihr Energie.
Danke-Fest nach fünf Jahren Tannenhütte
Das Fest beginnt am Sonntag, 5. November, um 10 Uhr mit einem Weißwurstfrühstück. Die Band Fuchsdeifes spielt. Für Kinder gibt’s eine Hüpfburg. Unter Aufsicht kann erstmals der neue Flying Fox über die Faukenschlucht getestet werden. Der steht sonst nur Gruppen zur Verfügung.
Genau das wollte Hertle erschaffen: Einen Ort, an dem Menschen runterkommen, ihren Stress vergessen. Erst einmal hinsetzen, das Glück spüren, nachdenken. „Ich wünsche mir immer, dass die Menschen ein bisschen verändert wieder gehen.“ Glücklich, innerlich ruhig. Auch wenn von idyllischer Stille nicht immer die Rede sein kann. An manchen Tagen überrennen die Ausflügler das Team. Fünf Festangestellte beschäftigt sie, „eine super Mannschaft“. Aushilfen zu finden, wird immer schwieriger. Das Thema Personal treibt die 40-Jährige um.
Nicht die ersten Sorgen, die ihr das Dasein als Hüttenwirtin beschert. Hätte sie im Vorfeld gewusst, was sie in ihren ersten fünf Jahren alles erwartet – sie würde sich heute gut überlegen, diesen Schritt noch einmal zu wagen.
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Schwieriger Start mit Problemen bei der Technik, dann kamen Corona und Probe-Probebohrungen
Der Start verlief nach außen gut, im Hintergrund holprig. Etwa ein halbes Jahr dauerte es, bis Technik und Elektrik im Neubau reibungslos funktionierten. Dann kam Corona. 2022 sollte der erste normale Bergsommer werden, da begannen die Probebohrungen für den Wanktunnel direkt an ihrer Terrasse, am Spielplatz. „Das war laut, Wahnsinn.“ Ein Wummern und Brummen von morgens bis abends, mit einer Stunde Mittagspause. Montag bis Freitag, von Juni bis November, in der Hauptsaison. „Brutal.“ Nichts davon war abzusehen gewesen, Saison für Saison plagten sie Existenzängste. „Das war Psychostress.“ Jetzt, wo es endlich störungsfrei laufen könnte, kommen die Personalprobleme. Trotzdem: Hertle liebt ihre Tannenhütte. „Sie ist mein Baby.“
All die unvergesslichen Erlebnisse, die Begegnungen, die Fotos, die ihren Handyspeicher sprengen: Sie will sie nicht missen. Vor allem nicht die Menschen, die ihr die Treue halten und gehalten haben. Die während Corona Getränke am Fenster kauften. Die während der Bohrungen den Lärm auf der Terrasse ertrugen. Die sich an Sonnentagen geduldig in die Schlange stellen. Für sie alle will Hertle an diesem Sonntag feiern, dem letzten Tag vor drei Wochen Betriebsurlaub. „Ich will einfach Danke sagen.“
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