1. tz
  2. München
  3. Region

Taufkirchenerin erhält Anwaltspost – weil Kassierer die Zapfsäule verwechselt

Kommentare

Nach dem Tanken bei der RAN-Tankstelle in Freising hat eine Taufkirchenerin ihre Zapfsäule genannt und bezahlt. Kurz darauf erhielt sie ein Anwaltsschreiben. F: DPA Rechnung für zusätzliche 91 Euro Anwalt nur bei auswärtigen Autos Inhaber hat keine Rechtsgrundlage
Nach dem Tanken bei der RAN-Tankstelle in Freising hat eine Taufkirchenerin ihre Zapfsäule genannt und bezahlt. Kurz darauf erhielt sie ein Anwaltsschreiben. (Symbolbild: dpa) © Lennart Preiss

Eine Taufkirchenerin tankt, der Kassierer verwechselt die Zapfsäule. Kurz darauf erhält sie Post vom Anwalt. Über einen Fall, der zeigt, dass nicht alle rechtlichen Schritte legal sind und lehrt, dass ein Kontrollblick nie verkehrt ist.

Freising/Taufkirchen – Hinfahren, tanken, bezahlen, wegfahren: Das ist in der Regel ein unspektakulärer Prozess. Doch für eine 60-Jährige hat das Tanken an der RAN-Tankstelle in Freising ein wochenlanges Nachspiel.

Tanken in Freising hat wochenlanges Nachspiel

Die Taufkirchenerin tankte dort knapp 40 Liter Super, ging zur Kasse, nannte ihre Zapfsäule und bezahlte anschließend mit Karte. Zwei Wochen später hatte sie Post von einer Dresdner Anwaltskanzlei im Briefkasten. In dem Schreiben heißt es, die Taufkirchenerin habe an ihrer Zapfsäule für 75 Euro getankt. Bezahlt habe sie allerdings den Tankbetrag von einer anderen Säule in Höhe von nur 20 Euro.

Insoweit sei noch ein offener Betrag von 55 Euro zu begleichen. „Das mache ich natürlich, keine Frage“, sagt die 60-Jährige der Heimatzeitung. Was sie allerdings nicht bezahlen will, sind die 91 Euro, die ihr als Rechtsanwaltskosten in Rechnung gestellt werden. „Der zusätzliche Aufwand wurde nicht von mir verursacht“, stellt sie klar.

Unser Erding-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus Ihrer Region. Melden Sie sich hier an.

Hat Kassierer die Säule verwechselt? „Habe dem Mann meine Zapfsäule genannt“

Die Taufkirchenerin ist sich sicher, dass der Kassierer die Säulen verwechselt und den falschen Betrag eingegeben hat. „Ich habe dem Mann meine Zapfsäule genannt. Auch auf den Videoaufnahmen ist erkennbar, dass ich noch einmal dorthin geschaut habe, ehe ich zum Bezahlen in die Tankstelle gegangen bin.“ Sie betont: „Der Fehler liegt bei der Kassenkraft. Ich habe bei der Kartenabrechnung lediglich keine Endkontrolle der eingegebenen Summe gemacht.“

Was sie irritiert, ist die Tatsache, dass die Tankstelle gleich einen Anwalt einschaltet. „Nachdem ich gezahlt hatte, habe ich mir noch die Pizza-Auslage und die Eistruhe genauer angesehen.“ In dieser Zeit hätte dem Kassierer ihrer Meinung nach die Verwechslung auffallen müssen, sobald der Kunde der anderen Säule seine Rechnung bezahlen wollte. „Er hätte mich ansprechen und wir hätten den Vorfall klären können.“ Als das Schreiben der Kanzlei kam, habe sie auch das Gespräch dem Betreiber der RAN-Tankstelle gesucht. Der habe aber nicht mit sich reden lassen. Der Kunde sei verantwortlich.

Tankstellen-Inhaber erklärt Gründe: „Tanken ist eine Bringschuld, der Kunde muss aufpassen“

Im Gespräch mit der Heimatzeitung dagegen erklärt Inhaber Eberhard Feldhoff die Hintergründe: Jeder Mitarbeiter mache 60, 70 Kassendurchgänge in seiner Schicht. „In so einem Fall lässt sich nicht nachträglich nachvollziehen, ob der Mitarbeiter die Säule falsch abgerechnet oder der Kunde einen Fehler gemacht hat.“ Das Ergebnis sei so oder so das Gleiche: „Tanken ist eine Bringschuld. Der Kunde muss aufpassen – es ist ja sein Geld.“

Weshalb bei Unstimmigkeiten ein Dresdner Anwalt eingeschaltet wird, erklärt Feldhoff so: Bei Kunden mit Freisinger Autokennzeichen veranlasse er eine Halteranfrage über das Straßenverkehrsamt. „Dann schreiben wir den Halter persönlich an. Dadurch entstehen uns geringe Kosten, die wir in Rechnung stellen.“ Bei allen anderen Kunden, egal, ob aus dem Nachbarlandkreis Erding oder aus dem Ausland, laufe der Vorgang über die Anwaltskanzlei, die auf solche Vorfälle spezialisiert sei. Die Kosten seien dann teurer – und ebenfalls vom Kunden zu tragen.

Freising: „Dass die falsche Zapfsäule genannt wird, kommt sehr oft vor“

Laut Feldhoff sind Fehler beim Tanken keine Einzelfälle. „Dass die falsche Zapfsäule genannt wird, kommt sehr oft vor.“ Die Gründe dafür, ob unabsichtlich oder absichtlich, seien dahingestellt. Zum Fall der Taufkirchenerin sagt er: „Es tut mir leid, warum auch immer das so passiert ist. Manchmal ist das auch eine Verkettung unglücklicher Umstände.“ Von seinem Standpunkt rückt er trotzdem nicht ab: „Wer zahlt, ist verantwortlich. Er muss wissen, ob der Betrag stimmt. Das ist die Gesetzeslage.“

Dass sie ihre Tankfüllung bezahlt, ist auch für die 60-Jährige unstrittig. Ihr geht es lediglich um die zusätzlichen Anwaltskosten. Diese seien, so wie sich dieser Fall darstellt, auch nicht zulässig, erklärt der Moosburger Rechtsanwalt Stephan Hoynatzky.

Es gebe zwei Fälle, wann der Tankstellenbetreiber einen Anspruch auf Kostenerstattung hat: wenn die Taufkirchenerin ihre Frist, um den fehlenden Betrag zu bezahlen nicht einhält, oder vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Bei Eingabe der PIN während der Kartenzahlung nicht auf den berechneten Preis zu schauen, dürfte die Voraussetzungen eines fahrlässigen Handelns laut Rechtsanwalt Hoynatzky aber nicht erfüllen.

Kanzlei aus Dresden bietet Taufkirchenerin Vergleich an

Es gebe also keine gültige Rechtsgrundlage, auf der die Anwaltskosten von der Taufkirchenerin verlangt werden können. Wie sie der Heimatzeitung später mitteilt, hat die Kanzlei aus Dresden der 60-Jährigen einen Vergleich angeboten: „Ich muss nur noch 80 statt der 165 Euro bezahlen.“ Damit musste sie immerhin nur noch 25 Euro draufzahlen, doch die Aufregung macht das wohl nicht wett. Darum das Fazit: Mit einem Kontrollblick ist man immer auf der sicheren Seite.

Mehr News finden Sie in unserer brandneuen Merkur.de-App, jetzt im verbesserten Design mit mehr Personalisierungs-Funktionen. Direkt zum Download, mehr Informationen gibt es hier. Sie nutzen begeistert WhatsApp? Auch dort hält Sie Merkur.de ab sofort über einen neuen Whatsapp-Kanal auf dem Laufenden. Hier geht‘s direkt zum Kanal.

Auch interessant

Kommentare