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Mit Hinweis auf Schwarzbauten: Grüne üben Kritik an neuem Wohngebiet - Grundstück gehört Bürgermeister

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Von: Carl-Christian Eick

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Wolfratshausen Weidach
Im Wolfratshauser Stadtteil Weidach soll in einem Teilstück im Norden aus sogenanntem Dauergrünland ein allgemeines Wohngebiet werden. Eigentümer des Grundstücks ist Bürgermeister Klaus Heilinglechner. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Für einen Teilbereich im Norden des Wolfratshauser Stadtteils Weidach soll zeitnah ein Bebauungsplan in Kraft treten. Das Grundstück gehört Bürgermeister Heilinglechner - von den Grünen kommt massive Kritik.

Wolfratshausen – Nach dem Willen des Bauausschusses des Stadtrats wird im Ortsteil Weidach zeitnah neues Bauland ausgewiesen. Eigentümer der Fläche, derzeit sogenanntes Dauergrünland, ist Bürgermeister Klaus Heilinglechner, wie Grünen-Stadtrat Dr. Hans Schmidt in der jüngsten Sitzung des Fachgremiums am Mittwochabend nur leicht verklausuliert verriet. Schmidt übte umfassende Kritik an der Aufstellung des Bebauungsplans, insbesondere am Inhalt des Städtebaulichen Vertrags, den die Kommune mit dem Grundstückseigentümer geschlossen hat. Vize-Bürgermeister Günther Eibl (CSU) und der Fraktionssprecher der Bürgervereinigung, Josef Praller, reagierten empört.

Mit Hinweis auf Schwarzbauten: Grüne üben Kritik an neuem Wohngebiet - Grundstück gehört Bürgermeister

Rathauschef Heilinglechner, das sei vorausgeschickt, verließ vor Beginn der Debatte den Sitzungssaal und überließ die Leitung seinem Stellvertreter Eibl. Die Aufstellung eines Bebauungsplans für eine Teilfläche des Areals nördlich des Leitenwegs/Franz-Geiger-Wegs, östlich des Wasenwegs, ist kein neues Thema. Die Entscheidung fiel bereits im März 2008, mit dem finalen Satzungsbeschluss – das letzte Wort hat am kommenden Dienstagabend der Stadtrat – wäre das Verfahren abgeschlossen und der Bebauungsplan würde in Kraft treten.

Weidach: Das neue Nettobauland wäre rund 3150 Quadratmeter groß

Das gibt dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem Schrebergärten stehen, die Möglichkeit, zwei Doppelhäuser sowie einen Dreispänner am nördlichen Ortsrand von Weidach zu errichten. Der Bauausschuss betrachtet die optionale Bebauung als Ortsabrundung, die drei Baukörper würden an zwei vorhandene Doppelhäuser anschließen. Das Gebiet gilt vorbehaltlich der Zustimmung des Stadtrats künftig als allgemeines Wohngebiet. Der Umgriff des Bebauungsplans umfasst knapp 4900 Quadratmeter, das neue Nettobauland ist rund 3150 Quadratmeter groß.

Planungsgewinn liegt laut den Grünen bei „mehreren Millionen Euro“

„Unsere Fraktion lehnt diesen Bebauungsplan ab – vor allem, weil der im Bauausschuss beschlossene Städtebauliche Vertrag in unseren Augen ungenügend ist“, sagte Grünen-Stadtrat Schmidt. Zu einen, weil der Grundsatzbeschluss aus dem Jahr 2008 laut Schmidt vorsieht, dass 15 Prozent der Wohnfläche für 15 Jahre mit Sozialbindung verknüpft sein müssen. Das sei aus heutiger Sicht viel zu wenig. Schmidt verwies auf das Lorenz-Areal in Geretsried. Dort würden 30 Prozent der insgesamt 770 Neubauwohnungen, die wie berichtet das Bauunternehmen Krämmel schafft, einkommensorientiert verwirklicht – „und der Bindungszeitraum beträgt mindestens 40 Jahre“.

Darüber hinaus: Der aktuelle Bodenrichtwert für den Bereich des neuen Bebauungsplans im Norden Weidachs „liegt bei 1050 Euro pro Quadratmeter für Bauerwartungsland und bei weniger als zehn Euro pro Quadratmeter für Grünland“. Schmidt hat gerechnet: Das neue Nettobauland umfasst rund 3000 Quadratmeter, „der Planungsgewinn liegt also bei mehreren Millionen Euro“. Für den Grünen-Stadtrat stellt sich die Frage: „Ist das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Stadt hier befolgt worden?“

Dr. Hans Schmidt
Dr. Hans Schmidt: Der Grünen-Stadtrat lehnt die Aufstellung eines Bebauungsplans ab – in seinen Augen ist der Inhalt des Städtebauliche Vertrags zwischen Kommune und Grundstückseigentümer veraltet. © Peter Knoblich/Archiv

Schmidt berichtete, dass der verbindliche Städtebauliche Vertrag – entworfen 2009 – erst am Dienstag dieser Woche unterschrieben worden sei. „Ich frage die anderen Fraktionen: Hat das Angebot für den Verkauf eines Hauses, das sie vor 15 Jahren gemacht haben, heute noch Gültigkeit, obwohl die Hauspreise inzwischen ins Astronomische gestiegen sind? Müssen nicht sämtliche Punkte dieses Angebots neu verhandelt und an die aktuellen Bedingungen angepasst werden?“

Zudem zeigte sich Schmidt verwundert, dass dem Stadtrat auf der einen Seite „Belastungsanzeigen“ aus den Rathaus-Referaten Planen und Umwelt sowie Bauen und Liegenschaften vorliegen würden – und andererseits „ein seit 15 Jahren dümpelnder Bebauungsplan abschließend bearbeitet werden konnte“. Aufklärung hätte Schmidt gerne vom Rathauschef bekommen („er legt ja fest, welchen Bebauungsplan die Verwaltung bearbeitet“), doch „er hat ja den Raum verlassen, weil er involviert ist“.

Wollen wir hier heute über einen Bebauungsplan reden oder wollen Sie eine Grundsatzdebatte? 

Vize-Bürgermeister Günther Eibl

Der Grünen-Vertreter gab auch zu bedenken, dass der Stadtrat „unter Beobachtung der Öffentlichkeit“ stehe, weil am Isarspitz ihn Weidach drei Schwarzbauten abgerissen werden sollen, „obwohl bei uns Wohnungsnot herrscht“. Nun solle in Weidach ein Bebauungsplan in Kraft treten, „dessen Städtebaulicher Vertrag weit hinter die Verabredungen in den Nachbarstädten zurückfällt“.

Vize-Bürgermeister Eibl reagierte mit offenkundiger Missbilligung auf die Aussagen des Grünen-Stadtrats: „Wollen wir hier heute über einen Bebauungsplan reden oder wollen Sie eine Grundsatzdebatte?“ Die sei längst geführt worden, so Eibl mit Blick auf die lange Vorgeschichte des Verfahrens. BVW-Sprecher Praller hielt Schmidt vor, Inhalte aus nicht öffentlichen Beratungen preisgegeben zu haben und bestand darauf, dass dieser Satz ins Protokoll der Sitzung aufgenommen wird. Er, Praller, sei seit rund 20 Jahren Mitglied des Bauausschusses, diese Art von Geheimnisverrat habe es bis dato noch nicht gegeben. „Ich habe bewusst keine Details preisgegeben“, verteidigte sich Schmidt. Er habe allenfalls „grobe Tendenzen aufgezeigt“.

Das letzte Wort hat der Wolfratshauser Stadtrat

Gegen die Stimmen von Schmidt und seinem Parteifreund Rudi Seibt votierte das Fachgremium schließlich mit 7:2 dafür, dem Stadtrat zu empfehlen: Das Verfahren abschließen und den Bebauungsplan mit der Nummer 73 in Kraft setzen. Die Entscheidung fällt am Dienstag, 14. März, um 18 Uhr in der öffentlichen Stadtratssitzung im Rathaus. (cce)

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