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29-Jährige werden Opfer von K.o.-Tropfen – „Du weißt einfach nicht mehr, was passiert ist“

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Von: Leoni Billina

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Zwei Münchnerinnen gehen feiern und bekommen K.-o.-Tropfen verabreicht. Es folgt eine Nacht, an die sie sich nicht mehr erinnern können.

München - Eigentlich wollten sie einfach eine schöne Zeit verbringen. Doch der Abend endet für Jessica H. (29) und ihre Freundin in einem Albtraum: Jemand mischt ihnen K.-o.-Tropfen in ihre Getränke.

Es ist Freitagabend, Jessica trifft sich mit ihrer Freundin in einem Restaurant. Zum Essen trinken die beiden ein Glas Wein, dann geht es weiter in eine Bar in der Innenstadt. Auch dort trinken sie einen Wein und einen Tequlia. „Bis dahin war alles noch gut“, erzählt Jessica. Sie lernen in der Bar ein paar Leute kennen, ziehen mit ihnen weiter in einen Club in der Nähe. Dann endet der Abend – allerdings nur in Jessicas Erinnerungen.

Nach K.-o.-Tropfen: Im Gang ihres Wohnhauses wacht die Münchnerin auf

Das nächste, was sie weiß, ist, wie sie aufwacht. 8 Uhr früh am nächsten Morgen, „Ich lag im Gang meines Wohnhauses“, erzählt die Münchnerin. Die Tasche offen, Jacke und Schuhe dreckig, „als wäre ich hingefallen“. Schnell ist ihr klar: Jemand muss ihr K.-o.-Tropfen verabreicht haben. Ein Anruf bei ihrer Freundin bestätigt die Vermutung: Die erzählt, dass sie in der Nacht bewusstlos auf der Toilette im Club gefunden wurde.

Der halbe Abend – einfach ausgelöscht in den Köpfen der Frauen. „Es muss uns eigentlich jemand im Club in den ersten Drink etwas reingetan haben“, sagt Jessica. Oder schon in der Bar zuvor? Sie wissen es nicht, alle Erinnerungen: weg.

Eine Münchnerin wurde beim Ausgehen Opfer von K.o.-Tropfen
Eine Münchnerin wurde beim Ausgehen Opfer von K.o.-Tropfen © imago/INSADCO

K.-o.-Tropfen machen die Personen hilflos, wehrlos oder bewusstlos

Immer wieder kommt es vor, dass Menschen unbemerkt K.-o.-Tropfen verabreicht werden. „Unter K.-o.-Mitteln versteht man Substanzen, die geeignet sind, Personen hilflos, wehrlos oder bewusstlos zu machen, um Folgestraftaten zu ermöglichen“, erklärt Prof. Dr. Frank Mußhoff vom Forensisch Toxikologischen Centrum in München. „Häufig werden Substanzen eingesetzt, die auch noch zu Erinnerungslücken führen.“

Wie bei Jessica: Wann sie sich von ihrer Freundin getrennt hat, wie sie nach Hause gekommen ist, ob alleine oder in Begleitung, mit einem Taxi – sie weiß es nicht.

Betroffene reagieren oft aus Schuldgefühlen nicht

Für K.-o.-Mittel können mehr als 100 Wirkstoffen in Frage kommen – häufig verwendet werden Schlaf- oder Beruhigungsmittel wie Benzodiazepine oder GHB, auch Liquid Ecstasy genannt, so Mußhoff. Die meisten Substanzen seien nur kurz nachweisbar. Oft würden Betroffene zu spät reagieren, aus Schuldgefühl oder weil sie sich nicht wirklich erinnerten.

Jessica fühlt sich noch Tage später unwohl, ihr ist schwindlig, sie muss sich übergeben. „Am schlimmsten ist die psychische Belastung. Dass du einfach nicht weißt, was passiert ist.“ Und dass, obwohl die beiden Frauen aufgepasst haben, nicht zu viel getrunken haben.

Gastro-Chefs sind schockiert

Als der Betreiber der Bar und der Club-Chef von dem Vorfall erfahren, sind sie schockiert. „Leider kommt das in der Gastro-Szene immer wieder vor, dass jemand Opfer von K.-o.-Tropfen wird. Aber das ist das erste Mal, dass ich höre, dass so etwas bei uns passiert“, sagt der Club-Chef. Die Mitarbeiter seien angehalten, auf auffällige Situationen zu achten, herrenlose Gläser würden weggeräumt. „Man muss immer wieder auf dieses schlimmes Thema aufmerksam machen.“

Jessica und ihre Freundin haben reagiert: Sie haben Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Das einzige was ihnen nun bleibt, ist zu hoffen, dass Licht ins Dunkel kommt.

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