Das passiert beim Fasten im Körper
Der Stoffwechsel schaltet auf Sparflamme und der Energieumsatz wird gedrosselt, bis wieder mehr Nahrung zur Verfügung steht. Und gibt es dann wieder ausreichend Kalorien, ist der Körper bemüht, die verlorenen Fettpölsterchen wieder aufzubauen – das ist der berühmte Jo-Jo-Effekt. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum Experten vor allzu radikalen Kuren warnen. „Nullfasten geht schwer an die körperliche Substanz – vor allem Menschen mit Vorbelastungen, besonders mit Herzproblemen, muss man davon dringend abraten“, warnt Professor Hans Hauner, Leiter des Instituts für Ernährungsmedizin am Klinikum rechts der Isar und gehört dem Wissenschaftlichen Beirats der renommierten Deutschen Herzstiftung an.
Die Risiken für Herz, Kreislauf und Organe beim Fasten
Besonders Patienten mit Herzschwäche und Menschen mit anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten mit dem Fasten vorsichtig sein. Denn bei extremen Diäten gerät der Körper in ein Defizit. Es fehlen ihm dann nicht nur Fett und Zucker, sondern auch Elektrolyte und Mineralstoffe wie etwa Kalium, ebenso Eiweiß. Kaliummangel kann Herzrhythmusstörungen auslösen. Zudem besteht die Gefahr, dass bei Flüssigkeitsmangel der Blutdruck besorgniserregend abfällt. Dann kann es zu Kreislaufinstabilität kommen. Zudem besteht die Gefahr, dass der Körper übersäuert.
Mangel an Eiweiß führt dazu, dass der Körper an seine Eiweißspeicher geht und diese abbaut, erklärt Prof. Hauner. Es schwindet dann nicht nur die Muskelmasse. Ebenso können der Herzmuskel und andere Organe betroffen sein. Schrumpft der Herzmuskel, kann dies sehr gefährlich werden, warnt Prof. Hauner. Das Immunsystem wird geschwächt, weil ihm ebenfalls die Baustoffe fehlen: Dies sind neben Energie auch Zink, verschiedene Mikronährstoffe und Vitamine, zudem Aminosäuren, aus denen auch die im Blut zirkulierenden Abwehrkörper, genannt Immunglobuline, gebildet werden. Das sind Eiweiße, die die Abwehr des Körpers gegen Krankheitserreger unterstützen. „Wenn jemand durch hartes Fasten mangelernährt ist, kann sein Immunsystem so geschwächt sein, dass es sich gegen einfache Viren und Bakterien nicht wie sonst zur Wehr setzen kann“, sagt Prof. Hauner.
Fasten im Alltag: Die gesunde Variante
Keine Radikalkuren, kein extremer Verzicht und immer darauf achten, dass ausreichend Eiweiß, Vitamine und Mineralien zugeführt werden, rät Prof Hauner. Die gesündeste Art ist in seinen Augen das sogenannte 5:2-Fasten. Dabei isst man an fünf Tagen normal – und an zwei Tagen in der Woche nimmt man weniger zu sich, so etwa 500 bis 700 Kilokalorien. „Mit dieser Fasten-Art kann man auch langfristig an Gewicht verlieren und man ist geschützt davor, dass man im Körper Mangelzustände hervorruft“, so Prof. Hauner.
Eine moderate Energieeinsparung von etwa 500 bis 800 Kilokalorien pro Tag sei auch für Menschen mit koronarer Herzkrankheit möglich – sie sollten das aber nicht ohne ärztliche Begleitung tun. Zudem sollten sie bei der Ernährung nicht beim Eiweiß sparen. Patienten mit Herzinsuffizienz sollten auf ein echtes Fasten besser ganz verzichten, rät Prof. Hauner. Bei ihnen ist regelmäßiges Wiegen besonders wichtig, da es durch Wasseransammlung zu Gewichtsschwankungen kommen kann. Hier sagt dann die Gewichtskontrolle weniger über die Energiebilanz aus, sondern mehr darüber, wie gut das Herz arbeitet.
Fasten gegen Diabetes
Typ 2, Rheuma und Entzündungen „Bei bestimmten Krankheiten kann Fasten eine lindernde Wirkung haben“, sagt Prof. Hans Hauner. Eine dieser Erkrankungen sei Diabetes Typ 2. Hier zeigten gleich mehrere Studien, dass Intervallfasten das Gewicht reduziert und gleich drei wichtige Werte senkt, und zwar den Langzeitblutzuckerwert, den Blutzucker und den Blutdruck. „Wer tageweise fastet, kann an Gewicht verlieren und die Stoffwechselwerte günstig beeinflussen“, erklärt Hauner.
So sei es auch bei Rheuma. „Durchs Fasten kann die Entzündungsaktivität zurückgehen, wodurch es kurzfristig zu weniger Beschwerden und Schmerzen kommen kann.“ Dass Fasten auch bei Krebs helfe, weist der Ernährungsmediziner zurück. „Hier ist Nahrungsverzicht sogar kontraproduktiv, weil die Abwehrkraft des Körpers geschädigt werden kann.“ Andererseits kann bewusster Nahrungsverzicht die Selbstreinigung der Körperzellen, die sogenannte Autophagie, anregen. Ob das allerdings eine verjüngernde Wirkung hat, sei sehr umstritten und unsicher.
Fasten und abnehmen – wie funktioniert das?
Wer abnehmen will, der ist mit radikalem Fasten schlecht beraten. Denn wer schnell viel abnimmt, aber nicht seine Ernährung umstellt, nimmt dann, wenn er wieder isst wie zuvor, postwendend das verlorene Gewicht wieder zu. Deshalb rät Prof. Hauner, die Ernährung umzustellen: Er empfiehlt die „zehn Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE)“. Gleichzeitig sollte man aber wenig Fleisch essen und gelegentlich Fisch. Mit Salz sollte sparsam umgegangen werden. Prof. Hauner: „Diese Art der Ernährung ist reich an ungesättigten Fettsäuren und kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt senken.“
. Diese zehn goldenen Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollten Sie beachten:
1. Vielfalt genießen.
2. Gemüse und Obst – nimm „5 am Tag“.
3. Vollkorn wählen.
4. Mit tierischen Lebensmitteln ergänzen.
5. Gesundheitsfördernde Fette nutzen.
6. Wenig Zucker und Salz.
7. Wasser trinken.
8. Schonend zubereiten.
9. Achtsam essen, genießen
10. Auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben.
Susanne Sasse
1. Intervallfasten: Beim Intervallfasten wird tage- oder stundenweise auf Nahrung verzichtet. Viele Menschen praktizieren die 16:8-Varian-te – das bedeutet: jeden Tag 16 Stunden nichts zu essen. Bei der 5:2-Formel essen die Fastenwilligen an fünf Tagen der Woche normal und schrauben die Kalorienzufuhr an den zwei Tagen auf ca. 500 Kalorien herunter. So zu fasten ist normalerweise nicht schädlich – allerdings schaffen es nach der Erfahrung von Ernährungsmediziner Prof. Hans Hauner nur wenige Menschen, Intervallfasten länger durchzuhalten.
2. Heilfasten: Das Heilfasten wird seit Jahrtausenden zur Krankheitsprävention angewendet und soll bestimmte Krankheiten wie Migräne, Fibromyalgie und chronische Entzündungen positiv beeinflussen–- diese Wirkung soll das Heilfasten auch auf das metabolische Syndrom ausüben. Und nicht nur das: Heilfasten hat das Ziel, den Geist und die Seele zu reinigen. Eine Heilfastenkur ist auf circa zwei bis vier Wochen angelegt und beginnt am ersten Tag mit einer Darmreinigung. Diese Reinigung findet mithilfe eines Abführmittels oder eines Einlaufs statt. Die Darmreinigung soll die Verdauung auf das Fasten einstellen und das Hungergefühl eindämmen. An den folgenden Tagen dürfen zwischen 250 und 500 Kalorien aufgenommen werden. Wichtig: Das Heilfasten sollte stets unter medizinischer Aufsicht durchgeführt werden. Laut Prof. Hauner eignet es sich als ein Einstieg in eine gesündere Ernährungsweise. Tatsache sei aber, dass die meisten nach einer Heilfastenkur rasch wieder zunähmen.
3. Basenfasten: Basenfasten gehört zur Alternativmedizin und soll dabei helfen, den Körper zu „entsäuern“. In der Fastenzeit werden nur sogenannte basische Lebensmittel verzehrt. Dazu zählen Gemüse, Obst, hochwertige Pflanzenöle und bestimmte Nüsse. Wichtig zu wissen: Für die Wirkung des Basenfastens gibt es keinerlei wissenschaftliche Beweise. Es ist nicht nachgewiesen, dass säurebildende Lebensmittel den Säure-Basen-Haushalt im Körper stören. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät davon ab, das Basenfasten langfristig anzuwenden.
4. Null- bzw. Wasserfasten: Die Nulldiät ist die strengste Form: Ernährungsmediziner Prof. Hauner rät davon ab, kranken und gesunden Menschen. Bei der Nulldiät gibt es keinerlei feste Nahrung, nur Wasser oder ungesüßten Tee. Die Aufnahme von Vitaminen und Mineralstoffen bleibt so auf der Strecke. Für eine kurze Zeit kann der Körper das aushalten und auf Reserven zurückgreifen, aber über längere Zeit kann die Nulldiät zu Kreislaufproblemen, Müdigkeit, Muskelkrämpfen oder Kopfschmerzen führen. Auch baut sich Muskeleiweiß ab, sogar im Herzmuskel.
Susanne Sasse