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„Schweinsbraten ist keine Lösung“: Wirt soll 500.000 Euro zahlen – weil er Lokal nicht „altmünchnerisch“ führt

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Von: Andreas Thieme

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Weil er 500000 Euro Vertragsstrafe zahlen soll, klagt Wirt Dietrich Sailer gegen die Stadt
Weil er 500.000 Euro Vertragsstrafe zahlen soll, klagt Wirt Dietrich Sailer gegen die Stadt © SIGI JANTZ

Für sein Wirtshaus in Sendling-Westpark soll Dietrich Sailer 500.000 Euro nachzahlen. Der Grund: Sailer führe das Lokal nicht „in Altmünchner Tradition“.

München - Bei diesem Streit kochen die Gemüter hoch! Denn pro Woche, die vergeht, wird die Strafe für Gastronom Dietrich Sailer (66) höher - und zwar um je 10.000 Euro.

Seit 1995 ist Sailer Wirt der beliebten Villa Flora in Sendling-Westpark. In Erbpacht hat die Stadt ihm die Villa überlassen - unter der Auflage: Das Haus soll als bürgerliche Gastwirtschaft „Altmünchner Tradition“ für weite Bevölkerungskreise geführt werden.
Das städtische Kommunalreferat sieht diese Bedingung aber als nicht erfüllt an - und verlangt nun 500.000 Euro Vertragsstrafe von Sailer. Begründung: Nur an 15 Tagen im Jahr 2022 hatte die Villa geöffnet - und entspreche daher eben nicht dem Leitbild, dass jeder Bürger dort einkehren können soll.

Genau das ist der Stadt aber sehr wichtig. Im Vertrag mit Sailer hat sie entsprechend eine Vertragsstrafe eingebaut. 39.000 Euro pro Monat werden für ihn fällig, wenn er sich nicht an die kommunalen Wirtshaus-Vorgaben hält. „Das ist doch Irrsinn! Ein Wirtshaus außerhalb des Altstadtrings ist spätestens seit Corona nicht mehr rentabel. Das können wir nicht leisten“, sagt Sailer - und klagt jetzt gegen die Stadt. Gestern kam es am Landgericht zur Verhandlung - und sofort zum Streit um die Vertragsinhalte. Denn die 15 Veranstaltungen waren ihm zufolge „für jedermann zugänglich gewesen“. Allerdings: mit Eintrittspreis, etwa für einen „Spanischen Abend“.

Stadt München brummt Wirt 500.000 Euro Vertragsstrafe auf – weil er die Villa Flora nicht „altmünchnerisch“ führt

Das widerstrebt der Stadt, die sich Wirtshausbetrieb wünscht - an sechs Tagen pro Woche. Sailer kritisiert: „Ohne diese Feiern stirbt die Villa. Schweinsbraten allein ist nicht die Lösung.“ Die Richterin hielt dagegen: „Es würde mich interessieren, wann ich bei Ihnen überhaupt mal essen gehen kann.“ Denn die Stadt vermutet, dass Sailer viele für ihn lukrative - private - Veranstaltungen organisiert. Im Internet kann man die gesamte Location für rund 5300 Euro pro Tag mieten.

„Im Vertrag steht nur, dass die Villa die breite Bevölkerung erreichen muss. Und nicht, wann wir öffnen sollen“, sagt Sailer. „Darüber können wir verhandeln - auch über unser Essens-Angebot. Aber nicht mit Vertragsstrafe im Rücken.“
Jetzt soll ein professioneller Streitschlichter helfen - so lange ruht die Strafe der Stadt. Vorerst…

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