Angst-Atlas: Diese 20 Orte fürchten Münchner am meisten
München - Über 170 Bürger haben sich in den vergangenen zehn Tagen bei Stadtrat Michael Kuffers Angstraum-Melder beteiligt. Die tz zeigt hier exklusiv die Top 20 Problem-Plätze auf.
Der Hauptbahnhof und der Alte Botanische Garten sind traurige Spitze – beim Angstraum-Melder von Stadtrat Michael Kuffer (45, CSU) ist vor allem der Bereich rund um Bayer- und Schützenstraße nicht gut weggekommen: Drogensüchtige, Alkoholiker und pöbelnde Gruppen! Über 170 Bürger haben sich in den vergangenen zehn Tagen bereits bei Kuffers Angstraum-Melder beteiligt. Auf dieser Seite sollen Münchner Orte melden, an denen sie sich unsicher fühlen. Abzüglich der Mehrfachnennungen sind so 70 Plätze in der Stadt zusammengekommen. 70 Angsträume!
„Es wäre natürlich besser, wenn es eine schlechte Resonanz gäbe“, sagt Kuffer. „Denn dann gäbe es schlicht weniger unsichere Orte in der Stadt.“ Die gute Nachricht sei, dass der Angstraum-Melder gut angenommen werde. „Ich bekomme auch Zuspruch von Menschen, die sagen, dass so eine Plattform gefehlt hat.“
In den nächsten Tagen will der Bundestagskandidat der CSU nun auf Basis der Liste „relativ schnell einen umfassenden Bearbeitungsauftrag an die Stadtverwaltung geben“. Parallel dazu werde er über ausgesuchte Fälle mit der Polizei und über das Thema Bahnanlagen mit der Deutschen Bahn Kontakt aufnehmen.
Geplant ist, bei der Umsetzung etwaiger Maßnahmen Fachleute, Bezirksausschüsse und Bürger einzubinden.
Bei den Meldungen geht es aber nicht nur um No-Go-Areas. Teilnehmer wünschen sich auch bessere Beleuchtung oder weniger Hecken. Die tz zeigt hier exklusiv 20 Problem-Plätze auf.
1. Alter Botanischer Garten/Hauptbahnhof

Das scheint sich immer mehr zum Problem-Bereich zu entwickeln: Viele Bürger beschweren sich mittlerweile über Drogenabhängige, Alkoholiker und pöbelnde Gruppen. So schreibt ein Münchner: „Trotz aller aktuellen Maßnahmen fühle ich mich da nicht sicher.“ Eine andere Münchnerin meidet sogar das Areal rund um den Hauptbahnhof, wenn sie von der Arbeit abends nach Hause geht, „nachdem mir Kolleginnen erzählt haben, dass sie dort oft von Männern oder Männergruppen angesprochen wurden und nun auch den Ort meiden“.
Manuela Brehm (35), Altenpflegerin, und Robert Müller (36), Kfz-Machaniker, aus der Altstadt mit Hündin Finni: „Der Hauptbahnhof ist Umschlagplatz Nr. 1 für Drogen. Wegen der Gewalt sollten Frauen hier bei Dunkelheit nicht mehr rausgehen. Meine Frau wurde hier schon mal belästigt. Unsere Finni reagiert auf Fremde sehr sensibel, ein kleiner Wachhund!“
2. Ostbahnhof

Oft angegeben wird aber auch der Ostbahnhof, etwa der Durchgang zur Friedenstraße. „Dort lungern immer wieder Betrunkene, Bettler oder andere Müßiggänger herum“, schreibt ein Bürger. Zudem sei der Tunnel für Fußgänger und Radfahrer zwischen Orleansstraße und Friedensstraße nachts richtig gefährlich geworden. Die Notfallmelder seien alle demoliert und total zerstört. „Im Winter hatten Männer ihr Nachtlager dort aufgeschlagen. Da hab ich mich so gefürchtet, dass ich den Tunnel abends nicht mehr benutzen konnte.“
Wolfgang (75), pensionierter Kriminalhauptkommisar, und Renate (72) Stoephasius, Rentnerin, aus Schwabing: „Drogen und Stricher München ist nicht mehr so steril wie früher. Über die Szene hier liest man auch viel - obwohl es in Berlin noch viel schlimmer mit Drogendealern aussieht. Die öffentlichen Toiletten sind in einem traurigen Zustand. Strichjungen sieht man auch oft.“
3. Zentraler Omnisbusbahnhof

Die dunklen Parkdecks sorgen hier nicht unbedingt für Zuversicht. Das Gelände ist schwer einsehbar und schlecht ausgeleuchtet. Eine Münchnerin schreibt an Kuffer: „In letzter Zeit halten sich sowohl im Bereich des ZOB als auch auf der Hackerbrücke selbst zwielichtige Gestalten und Mitglieder von Bettelbanden auf. Da ich in der Nähe wohne, muss ich täglich mehrmals an diesen Orten und Personen vorbei. Besonders nach Einbruch der Dunkelheit oder nach Ladenschluss ist der Busbahnhof mittlerweile sehr unangenehm.“
Ilse Junginger (63), Volkswirtin und Pendlerin aus Waldkirch: „Zum Glück bin ich nicht ängstlich und nicht im „gefährdeten Alter“. Die vielen Nationalitäten, die hier zusammentreffen, machen mir nichts aus. Hier dealen sie bestimmt genauso mit Drogen wie sonst wo. Und vor Gewalt wären sicherlich auch junge starke Männer nicht gefeit.“
4. General-Kalb-Weg

Das wäre so ein Angstraum: Im Mai 2013 ist eine 30-jährige Küchenhilfe auf dem General-Kalb-Weg in einem Waldstück in der Nähe zur S-Bahnhaltestelle „Fasangarten“ unterwegs. Weil sie austreten muss, verlässt sie den Pfad einige Meter in den Wald. Dort wird sie von einem unbekannten Täter gepackt und brutal vergewaltigt. Die Polizei fahndet nach dem Mann, auch in der ZDF-Sendung Aktenzeichen XY wird gesucht. Ohne Erfolg. Der Ort scheint immer noch Angst zu verbreiten. Eine Bürgerin hat ihn beim Angstraum-Melder als problematisch angegeben.
Jürgen Metzner (49) aus Olching und Tammo Tjarks (44) aus Berg am Laim, beide Elektro-Ingenieure: „Nachts sind die Wege zur S-Bahn tatsächlich schlecht beleuchtet. Die Unterführung hat viele düstere Zuwege. Zwischen den vielen Firmengebäuden sind nachts natürlich alle Parks leer. Auf dem Infineon-Gelände gibt es aber immerhin Überwachungskameras.“
5. Unterführungen Riedenburger Straße, Landshuter Allee

Zu dunkel und schlecht einzusehen ist offenbar die Unterführung an der Landshuter Allee, zwischen Hübner- und Ruffinistraße. Gleich mehrere Bürger wünschen sich eine Umgestaltung. Und ein weiterer Münchner beschwert sich über den Weg zur neuen Haltestelle der 25er-Tram an der Riedenburger Straße (Foto). „In der Unterführung wird offensichtlich übernachtet, die Wände sind verschmiert, Spritzen liegen am Boden.“ Als weiteres Negativbeispiel wird die Unterführung an der Otkerstraße genannt. Die befände sich in einem desolaten Zustand, sei verschmutzt und schlecht beleuchtet.
Wilfried Schneeberg (84), Rentner aus der Parkstadt Bogenhausen: „Bierglasscherben liegen morgens oft herum. Wegen der vielen Firmen ist es hier nachts auch menschenleer. Seit der Bus um die Ecke nicht mehr fährt, muss ich durch die Autobahn-Unterführung zur Tram-Haltestelle Riedenburger Straße, um in die Stadt zu kommen.“
6. Finanzgarten
Im unteren Teil des Finanzgartens, zwischen Galeriestraße und Von-Der-Tann-Straße, kommt es vermehrt zu Vandalismus und Verunreinigungen durch herumlungernde Gruppen.
7. Nussbaumpark
Laut Meldungen gibt es dort viele Büsche, in denen sich viele Utensilien von Drogenabhängigen finden. „Würde nur unter größter Vorsicht diesen Park besuchen“, schreibt ein Bürger.
8. Hans-Fischer-Straße
„Die Unterführung empfinde ich vor allem am Abend bzw. nachts als unsicher, da schlecht beleuchtet“, meldet ein Münchner. Dort könnten sich Gauner leicht in den Büschen verstecken und Passanten auflauern.
9. Am Harras
Offenbar ein Versammlungsort von Jugendlichen, ab 20 Uhr laut Meldungen verstärkt besucht. Die Gruppen von oft mehr als zehn Personen würden „aggressiv auftreten“.
10. Partnachplatz
Abends ein Ort, den man meiden möchte, schreiben Münchner. „Im Sommer finden im angrenzenden Park Partys trinkfester Mitbürger statt. Bei Regen und Schnee geht’s dann oft im praktischerweise überdachten U-Bahn-Hof nebenan weiter. Gerade abends wird man dort – als Frau alleine unterwegs – oft dumm angesprochen.“
11. Theresienhöhe
Der Durchgang zur Theresienhöhe 6, 6a, 6b, 6c ist laut Meldung „leider sehr dunkel, dazu verwinkelt und nicht einsehbar. Der Park dahinter (bei Saturn) ist nicht beleuchtet, es lungern dort auch Männergruppen herum“.
12. Landshuter Allee
Mehrfach wünschen sich Bürger eine Umgestaltung der Unterführung Hübner-/Ruffinistraße. Der Tunnel gilt als schlecht einsehbar.
13. Harthof
„Alkoholiker und Drogenabhängige besetzen die Parkbänke, der Park ist nachts sehr dunkel und uneinsehbar“, so ein Melder.
14. Neuperlach, Charles-de-Gaulle-Straße
„Nach 20 Uhr von der U-Bahn Neuperlach durch das PEP über Charles-de-Gaules-Straße bis zum Adenauerring nur im Laufschritt“, schreibt eine Melderin. „Abends habe ich große Angst, hier entlang gehen zu müssen!“
15. Otkerstraße
Ein Armutszeugnis: „Baulich desolater Zustand, Verschmutzung gefährdet die Verkehrssicherheit, schlechte Beleuchtung“, meldet ein Bürger. Dazu würden Schüler die Unterführung „als Mountainbike-Trainingsstrecke“ nutzen – „leider oft auch als Toilette“. Bereits 2009 wurde die Sanierung der Otker-Unterführung im Rahmen der Neugestaltung des Agfa-Geländes beschlossen. Eine Umsetzung ist nicht erfolgt.
16. Koppstrasse
„Auf dieser Straße befindet sich links eine alte Fabrik“, meldet ein Bürger. „Rechts entsteht ein neues Gewerbegebiet. Jedoch ist der Fußgängerweg auf der Seite von der Fabrik mit meterhohen Mauern quasi zugemauert. Der Fußweg ist nachts schlecht beleuchtet, weil die Straßenbeleuchtung wahrscheinlich auch schon über 50 Jahre alt ist. Dazu sind Äste der Bäume teilweise weit über die Fußgängerwege gewachsen. Es kann vorkommen, dass Nutzer der Wege bei der schlechten Beleuchtung mit dem Kopf gegen die Äste stoßen! Der Straßenbelag ist in einem schlimmen Zustand, man stolpert hier leicht. Das alles macht diesen Weg abends zu einem echten Alptraum!“
17. Senftenauerstraße
„Man traut sich schon gar nicht mehr zu der örtlichen Stadtsparkasse, um dort Geld abzuheben“, meint ein Bürger. „Man kann die Senftenauerstraße vor allem abends kaum noch zu Fuß passieren, ohne angepöbelt zu werden.“
18. Forum Westkreuz
„Es lungert hier fast jeden Abend eine Gruppe von lautstarken Jugendlichen herum, die sogar Leute anpöbeln“, empört sich ein Münchnere auf der Webseite. „Meistens sitzen sie dabei vor der Bäckerei oder stehen vor dem asiatischen Schnellrestaurant.“ Alles in allem sei das Westkreuz ein Ort, an dem man „sich ängstigen“ müsse.
19. Allacher Bahnhof
Hier sieht es offenbar düster aus: „Vom Allacher Bahnhof bis zur Bushaltestelle Franz-Nißl-Straße ist dieser Ort schlecht bis gar nicht beleuchtet“, meldet ein besorgter Bürger.
20. Laimer Platz
Was einem Bürger an diesem Platz gar nicht behagt: „Der Gehsteig verläuft parallel zur Parkanlage“, schreibt er, „diese wird regelmäßig von Trinkern und recht dubiosen Personen aufgesucht. Insbesondere in den späten Abendstunden sowie in den frühen Morgenstunden ist dieser Teil des Platzes sehr schlecht einsehbar und bietet potentiellen Tätern ein gutes Versteck. Für diesen Teilbereich wechsle ich bei Dunkelheit vorsorglich die Straßenseite.“
Sascha Karowski