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Bedienung jagt Zechpreller auf Facebook -darf man das?

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Von: Dorita Plange

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Mit diesem Foto fahndet die Münchner Bedienung auf Facebook nach dem angeblichen Zechpreller. © fkn

Eine Münchner Bedienung übernimmt selbst die Fahndung, nachdem sie mit einem jungen Mann in einen Streit gerät, weil der angeblich seine drei Bier nicht zahlen wollte und daraufhin die Flucht ergriff. Ist das rechtens?

München - Für die Suche nach entführten oder vermissten Haustieren hat sich Facebook als beliebte Plattform tausendfach bewährt. Immer öfter jedoch werden die sozialen Medien als privates Fahndungsnetzwerk für die Jagd nach Einbrechern, Dieben, untreuen Ehemännern oder sogar auch Zechprellern eingesetzt – mit klar erkennbaren Fotos aus privaten Überwachungskameras oder Handyschnappschüssen. Jüngster Fall: Seit dem 21. August um 9.50 Uhr sucht eine Münchner Bedienung einen wohl rabiaten Zechpreller – samt Foto des Flüchtenden. 

Das Foto entstand offenbar am früheren Abend des 19. August in einer Seitenstraße im Tal in der Münchner Altstadt. Es zeigt einen rennenden, jungen, blonden Mann in Jeans und weißblauem Hemd, der in Richtung der Altstadt-Gassen läuft. Nach Schilderung der Bedienung hatte er angeblich seine drei Bier nicht bezahlen wollen. Darüber kam es angeblich zu einem handgreiflichen Streit, bei dem die Frau geschlagen worden sei. Außerdem ging dabei wohl ein Handy zu Bruch.

„Hetzjagd“ in sozialen Medien erlaubt? Polizei klärt auf

Wie das Fluchtfoto entstand und wer es gemacht hat, ist unklar. Der Fall ist bei der Polizei bekannt. Die Bedienung hat Anzeige erstattet wegen einer einfachen Körperverletzung. Das bestätigte gestern die Polizei. Der Fall gilt aber nach wie vor als ungeklärt.

Bis gestern wurde die Privatfahndung schon fast 1570 Mal geteilt – darunter auch von einem namhaften Schauspieler. Die über 50 Kommentare reichen von Mitleidsbekundungen und Applaus über Schmähungen bis hin zu kritischen Usern, die sich fragen, ob derartige „Hetzjagden“ mit all ihren Folgen von der Rufschädigung bis hin zum möglichen Jobverlust rechtens sein können...

Sind sie nicht – sagt Polizeisprecher Michael Riehlein: „Derartige Aufrufe sind rechtswidrig. Die möglichen Folgen für diesen öffentlich an den Pranger gestellten Mann stehen in keinem Verhältnis zu der im Raum stehenden und noch gar nicht erwiesenen Straftat.“ Ob er schuldig ist oder nicht, wird letztlich ein Richter entscheiden – nicht die Facebook-Community.

Eine Gratwanderung, die auch die Bedienung kennt. Denn sie schreibt: „Mir ist es bewusst, dass ich mich in einer rechtlichen Grauzone bewege, und bin bereit, dafür die Konsequenzen zu tragen.“

Darf man mit Fotos selbst nach Personen fahnden? Das sagt der Experte

Das Veröffentlichen so eines Fahndungsaufrufs, also die Verbreitung von Text und Foto, ist „klar gesetzwidrig“, sagt Dr. Thomas Glückstein, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht bei der Kanzlei Lausen Rechtsanwälte. „Es gilt das Recht am eigenen Bild. Grundsätzlich muss es niemand hinnehmen, wenn ein Foto von ihm veröffentlicht wird.“ 

Eine Privatperson habe nicht das Recht, mit Foto nach einem Menschen zu fahnden. „Das ist Aufgabe der Polizei“, sagt Glückstein. Auch die Behörden fahnden manchmal mit Fotos nach Menschen. „Aber auch da gibt es Grenzen. Es muss verhältnismäßig sein“, sagt Glückstein. „Das Internet vergisst nichts. Früher wurde ein Steckbrief einfach abgehängt – heute ist das anders.“ Die Frau, die den Aufruf gestartet hat, kann vom Gesuchten zivilrechtlich belangt werden. Unterlassungsklage, Abmahnung – sogar Schadensersatz ist möglich. „Für die Dame kann es teuer werden“, sagt Glückstein. 

Auch der Text sei ein Problem. „Es wird behauptet: Dieser Mann ist ein Schläger – das ist eine Tatsachenbehauptung. Wenn die unwahr ist, ist sie unzulässig. Dann kann das auch in Richtung Beleidung und Ehrverletzung gehen.“ Darf ich so ein Posting als Facebook-Nutzer teilen? „Ich rate jedem dringend davon ab“, sagt Glückstein. „So macht man sich Bild und Text möglicherweise zu eigen und handelt genauso rechtswidrig wie die Urheberin.“

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