Blinde Frau stürzt auf U-Bahngleis: tot

München - Zwei Zeugen erkannten die dramatische Situation, zogen im Zug und auf dem Bahnsteig fast gleichzeitig die Notbremse. Doch da war es schon zu spät.
Im U-Bahnhof Silberhornstraße (Au) geschah am Dienstag ein grauenhafter Unfall mit einer blinden Frau. Alexandra R. (28) verwechselte dort den Zwischenraum zwischen zwei Waggons mit dem tatsächlichen Einstieg in die U2 – und stürzte ins Gleis.
Die Videokamera auf dem Gleis dokumentierte, wie sich die junge Sozialpädagogin um 22.45 Uhr mit ihrem Blindenstock an die Bahnsteigkante herantastete und abstürzte. Der U-Bahnfahrer (28) bekam von dem Unfall nichts mit. Aus seiner Sicht – er hat am Bahnsteigende einen Spiegel und trat auch aus dem Führherstand heraus – war alles klar für die Abfahrt. Also schloss er alle Türen und stieg ein.
Genau in diesem Moment sah ein auf der Rolltreppe herabfahrender U-Bahnfahrer, der privat unterwegs war, Alexandra R. Sie war wieder aufgestanden, versuchte in Todesangst, auf den Bahnsteig zurückzuklettern. Auch im Zug wurde ein Fahrgast Zeuge dieser schrecklichen Szene. Beide Männer schafften es nicht mehr rechtzeitig, die Notbremse zu erreichen.
Der anfahrende Zug riss Alexandra R. zurück ins Gleis und überrollte sie. Sie war sofort tot. Die U2 wurde am Kolumbusplatz gestoppt. Der Fahrer erlitt einen Schock.
Geschockt sind auch Alexandras Freunde. Die junge Frau war von Geburt an blind. Ein ehemaliger Schulfreund: „Sie war ein sehr aufgeschlossener Mensch, hat viel Sport gemacht und sich von ihrer Behinderung nicht einschränken lassen.“ Auch Christian Seuß, Geschäftsführer des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbunds, kannte sie: „Ich bin erschüttert. Sie war eine sehr aktive Frau, stand mitten im Leben.“ Er ist selbst blind und kennt die Tücken der U-Bahn: „Bei den neuen Waggons ist die Verwechslungsgefahr groß. Da muss sich ein blinder Mensch sehr konzentrieren.“ In München leben insgesamt 6200 blinde und stark sehbehinderte Menschen.
tz