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Bürgerbegehren „Grünflächen erhalten“: Stadtrat stimmt nun doch für Übernahme - OB sauer: „Wahlkampfklamauk“

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Von: Sascha Karowski

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Luftperspektive des Marienplatzes in München.
Die Verwaltung im Rathaus wird künftig bei Bauprojekten noch genauer hinschauen müssen. © Dmitry Rukhlenko/Imago

Die Stadt wird die Forderung des Bürgerbegehrens „Grünflächen erhalten“ nun doch uneingeschränkt übernehmen. Demnach soll künftig alles dafür getan werden, keine Grünflächen mehr zu bebauen. Einige Stadträte gehen davon aus, in Einzelfällen noch selbst entscheiden zu können.

München - Zwischendurch waren sich mal alle einig: Der Erhalt von Grünflächen in München ist das Ziel sämtlicher Stadtratsfraktionen. Mit dem Bekenntnis allerdings enden die Gemeinsamkeiten. Der Stadtrat hat sich am Mittwoch mit den Stimmen von CSU und Grünen und gegen die SPD mehrheitlich dazu entschieden, das Bürgerbegehren „Grünflächen erhalten“ zu übernehmen. Und zwar ohne Einschränkungen. Das Bürgerbegehren verlangt, dass die Stadt künftig alles dafür tut, keine weiteren Grünflächen mehr zu bebauen. Im Plenum im Januar noch hatten die Fraktionen mehrheitlich zwar auch bereits für eine Übernahme gestimmt, allerdings mit dem Zusatz, bereits beschlossene Projekte von dem Verbot auszuklammern. Die Regierung von Oberbayern als Rechtsaufsichtsbehörde kassierte den Stadtratsbeschluss allerdings ein. Eine Übernahme sei nur ganz oder gar nicht möglich. Daher musste der Stadtrat am Mittwoch (1. März) erneut abstimmen.

Stadtbaurätin Merk zum Bürgerbegehren: „Bedeutet, dass die Verfahren nicht schneller werden“

Die Regierung hat allerdings auch erklärt, dass eine Übernahme der Forderungen des Bürgerbegehrens die Planungshoheit der Stadt nicht gänzlich aushebeln würde. Folgen hat das Votum dennoch. Die Verwaltung wird bei künftigen Projekten noch genauer hinschauen müssen, ob eine Schule oder ein Mietshaus genau an dieser Stelle entstehen müssen oder ob es Alternativen gibt. Dieser Abwägungsprozess umfasst nun aber auch bereits beschlossene Projekte. Stadtbaurätin Elisabeth Merk warnte am Mittwoch vor Verzögerungen: „Das bedeutet selbstverständlich, dass die Verfahren nicht schneller werden.“

Dass München schneller mehr günstigen Wohnraum braucht, ist wohl unbestritten. SPD-Chef Christian Müller geißelte das Bürgerbegehren daher, es liefere keinen Beitrag zur Stadtentwicklung, sondern diene lediglich dazu, Wohnungsbau und Gewerbe zu verhindern. Bei jedem Bebauungsplanverfahren müsse zwischen den Interessen abgewogen werden, unterstrich auch Stadtbaurätin Merk. Und das sei der Stadt vielfach gelungen, so seien in der jüngeren Vergangenheit bereits vielfach mehr Grünflächen neu ausgewiesen als versiegelt worden. „Natürlich gibt es aber auch Fälle, wo einfach ein bestimmter Grünbestand vor Ort nicht mehr zur Verfügung steht.“

Grünen-Chefin Mona Fuchs: „Es geht darum, dass die Menschen fußläufig eine Grünfläche erreichen“

Und genau solche Flächen zu erhalten, sei wichtig, wie Grünen-Chefin Mona Fuchs unterstrich. „Es geht darum, die Stadt lebenswert zu erhalten, dass die Menschen fußläufig eine Grünfläche erreichen können. Parks und Spielanlagen sind Begegnungsstätten.“ Ihre Fraktion hatte mittels Antrag versucht, ein Ratsbegehren einzuleiten, das neben dem Erhalt von Grünflächen auch detaillierter auf deren Ausgestaltung hinwirken sollte. ÖDP-Chef Tobias Ruff grantelte: „Wenn Ihr die Qualität der Grünflächen steigern wollt, warum habt ihr das nicht schon gemacht? Warum braucht es dafür ein Ratsbegehren.“ Der Antrag fand keine Mehrheit, die Grünen votierten daher auch für eine uneingeschränkte Übernahme des Bürgerbegehrens. So wie die CSU. Deren Fraktionsvorsitzender Manuel Pretzl geht davon aus, dass der Stadtrat die Planungshoheit nicht aus der Hand geben werde. „Die Kernaussage ist, dass wir alles tun werden, um Grünflächen zu erhalten. Dahinter stehen wir. Es gehört aber auch zur Wahrheit dazu, dass wir Ausnahmen machen müssen.“

Wenn die Initiatoren des Bürgerbegehrens bereit gewesen wären, diese Ausnahmen zuzulassen, hätten sie dies allerdings bereits nach dem Plenum im Januar signalisieren können. Doch das taten sie nicht. Jörg Hoffmann (FDP) warf auch daher Grünen und CSU Populismus vor. „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!“

Bürgerbegehren „Grünflächen erhalten“ - OB Reiter glaubt, Abwägung von Interessen ist Stadtratsaufgabe

Er verstehe durchaus den Wusch nach dem Erhalt von Grünflächen, sagte OB Dieter Reiter (SPD). „Ich glaube aber, es ist Aufgabe des Stadtrates, Interessen gegeneinander abzuwägen.“ Dazu gehöre es auch, dass mitunter Schulen oder Feuerwehren dort zu situieren, wo Bedarf bestehen und nicht dort, wo gerade Platz ist. Auch Reiter sprach von reinem Wahlkampfklamauk. Er jedenfalls werde nun künftig jede Abwägung kritisch begleiten und hinterfragen, wo genau – insbesondere von Grünen und CSU – eine Ausnahme gemacht wird.

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