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Nach Wiesn-Wirbel: Münchner Mediziner vergleicht Bier und Cannabis

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Bierkonsum auf Volksfesten - wie schädlich ist Alkohol?
Bierkonsum auf Volksfesten - wie schädlich ist Alkohol? © Matthias Balk/dpa

Nach Aussagen von Wiesn-Wirten und Bürgermeister Dominik Krause: Wie schädlich sind Cannabis und Bier? Ein Münchner Mediziner vergleicht die beiden Substanzen.

München - Das Oktoberfest sei „die weltweit größte offene Drogenszene“ – mit diesem Satz sorgte der neue Bürgermeister Dominik Krause (Grüne) für Riesen-Wirbel. Er hatte mit dieser Äußerung auf eine Interview-Frage geantwortet, wie er zur Legalisierung von Cannabis stehe. Daraufhin empörten sich die Sprecher der Wiesn-Wirte, Christian Schottenhamel und Peter Inselkammer: „Bier ist keine Droge!“, schrieben sie in einer Mitteilung. Wie verhält es sich nun genau mit Cannabis und Alkohol? Wie wirken sie, wo liegen die Unterschiede, wie schädlich sind sie?

Der stellvertretende Direktor des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität, Prof. Dr. Oliver Pogarell, ordnet ein. Er ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und spezialisiert auf Suchtmedizin. „Im üblichen Sprachgebrauch wird als Droge eine illegale Substanz bezeichnet“, sagt der Arzt. Jedoch: Alkohol ist etwas, das Abhängigkeit erzeuge. „Im medizinischen Sinne ist Alkohol also natürlich auch eine Droge.“ Auch wenn Alkohol legal ist. Sowohl Alkohol als auch Cannabis sind Rauschsubstanzen, beide beeinflussen das Belohnungssystem im Gehirn und können abhängig machen.

Experte vergleicht Cannabis und Alkohol: Wirkung, Langzeitfolgen und Suchtpotenzial

Wirkung: „Alkohol führt zu einer leicht gehobenen Stimmung, enthemmt, kann auch beruhigend wirken.“ In Maßen konsumiert führe er dazu, dass man besser mit Mitmenschen in Kontakt komme, das fördere den zwischenmenschlichen Austausch. Wie Alkohol wird Cannabis zunächst aufgrund der positiven Effekte konsumiert, sagt der Experte. „Cannabis kann beruhigen und in einen leicht euphorischen Zustand versetzen.“ Zu viel geraucht, kann Marihuana auf die Stimmung schlagen: Niedergeschlagenheit und Depressionen können Folgen sein. Zu viel Alkohol wiederum führt mitunter zu Gereiztheit, Aggressivität – und beeinträchtigt möglicherweise wichtige Herz-Kreislauf-Funktionen.

Experte: „Alkohol in jeder Dosis hat Risiken.“

Negative Langzeitfolgen: „Gerade beim Alkohol gab es in letzter Zeit wichtige und interessante Erhebungen“, sagt Pogarell. Bisher sei man davon ausgegangen, dass der Konsum von 20 bis 40 Gramm Alkohol pro Tag noch recht unproblematisch sei. „Wobei 20 Gramm Alkohol etwa einer Halben Bier entsprechen.“ Untersuchungen hätten aber mittlerweile gezeigt: „Alkohol in jeder Dosis hat Risiken.“ Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und gesundheitlichen Problemen – wie Erkrankungen der Leber oder Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Cannabis wiederum ist vor allem schlecht für die Lunge, da es meist geraucht würde. Bei anfälligen Personen bestehe außerdem das Risiko einer Psychose, erklärt der Professor.

Suchtpotenzial: „Bei Cannabis ist das nicht ganz einfach zu bestimmen.“ Das Abhängigkeitsrisiko liege bei Personen, die gelegentlich Cannabis konsumierten, bei etwa zehn Prozent. Etwas höher, wenn bereits in jungen Jahren konsumiert würde. „Man geht davon aus, dass um die 300 000 bis 400 000 Menschen in Deutschland cannabisabhängig sind.“ Bei Alkohol sehen die Zahlen anders aus: „Etwa 1,6 Millionen Menschen in Deutschland leiden an einer Alkoholabhängigkeit.“ Dazu kämen etwa noch einmal genauso viele, die in schädlichem Ausmaß Alkohol konsumierten. Plus: Zehn Millionen Menschen, die so viel trinken, dass sie im Laufe ihres Lebens gesundheitliche Probleme entwickeln werden.

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