Stadt München untersagt Corona-Demos: Demonstranten droht empfindliches Bußgeld - OB Reiter äußert sich

Erneut kam es in München zu einer unangemeldeten Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen. Wieder musste die Polizei einschreiten. Jetzt zog die Stadt Konsequenzen.
Update vom 28. Dezember, 19.06 Uhr: Die Stadt München hat unangemeldete sogenannte Corona-Spaziergänge für diesen Mittwoch und Donnerstag ausdrücklich untersagt. Damit solle einem Wildwuchs an Demonstrationen mit zum Teil gewaltbereiten Teilnehmern vorgebeugt werden, bei denen weder Mindestabstände eingehalten noch Mund-Nasen-Bedeckungen getragen würden. Das teilte die Stadt am Dienstag mit. Die Teilnahme an nicht angemeldeten und nicht auflagenkonformen Demos gegen die Pandemiebekämpfung sei eine Ordnungswidrigkeit, hieß es weiter. Teilnehmern drohe ein Bußgeld von bis zu 3000 Euro.
Demonstrationen müssen bei der zuständigen Behörde angemeldet werden. Das war bei den sogenannten vermeintlich unorganisierten Spaziergängen nicht der Fall. Die Behörden sehen in den Spaziergängen aber eben keine zufälligen Treffen. Mit der neuen Allgemeinverfügung kann die Polizei nun besser dagegen vorgehen und Verstöße ahnden. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte: „Wie ich bereits angekündigt habe, werden wir als Stadt unsere Möglichkeiten ausschöpfen, um gewalttätige und aggressive Ausschreitungen unter Missbrauch der Meinungs- oder Versammlungsfreiheit und unter Missachtung von Abstandsregeln und Maskenpflicht in Zukunft zu verhindern.“
Stationäre Kundgebung wurde auf die Theresienwiese verlegt
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte bereits an Heiligabend die Kreisverwaltungsbehörden in Bayern darauf hingewiesen, dass Städte und Gemeinden nicht dulden müssten, wenn sich sogenannte Querdenker mit „Spaziergängen“ anstelle angemeldeter Versammlungen den Regelungen des Versammlungsrechts zu entziehen versuchten.
Demonstrationen gegen die Pandemiebekämpfung seien nach Anmeldung und gemäß der dann erlassenen Auflagen weiter möglich, soweit keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestehe, betonte die Stadt München. Ein für Mittwoch angemeldeter Demozug durchs Uni-Viertel mit 5000 Teilnehmenden werde behördlich untersagt; der stationäre Kundgebungsteil werde auf die Theresienwiese verlegt und auf 2000 Teilnehmer mit Maskenpflicht und Abstandsgebot begrenzt. In der jüngeren Vergangenheit sei es nicht gelungen, einen Demozug mit hoher Personenzahl im Griff zu behalten und die Auflagen umzusetzen.
Polizei München will am Mittwoch mit 1000 Beamten aufwarten
Update vom 28. Dezember, 13.07 Uhr: Die Polizei rüstet nach den gewalttätigen unangemeldeten Corona-Protesten in München vor rund einer Woche auf. Bei dem angekündigten Umzug (siehe Erstmeldung) am morgigen Mittwoch (29. Dezember) werde man mit mindestens 1000 Beamten im Einsatz sein, sagte am Dienstag ein Polizeisprecher. Zudem habe man ein Augenmerk auf die sozialen Netzwerke. So gebe es unter anderem einen Aufruf, bei Versammlungen Messer mitzuführen, um sich gegen Einsatzkräfte wehren zu können. In anderen Bereichen gehe es darum, Kinder mit in die erste Reihe zu nehmen. Diesen Aspekt werde man berücksichtigen. Die Eltern müssten sich aber ihrer Verantwortung für ihre Kinder bewusst sein.
Die Polizei kündigte diesmal ein robusteres Vorgehen an. Ein Durchbrechen von Polizeiketten wie in der vergangenen Woche werde man nicht tolerieren. Man könne deshalb auch nicht ausschließen, dass etwa beim Einsatz von Pfefferspray Personen tangiert würden, die in der ersten Reihe nichts verloren hätten.
Erstmeldung vom 28. Dezember, 11 Uhr: München - Am Mittwoch (22. Dezember) zogen rund 5.000 Corona-Skeptiker durch das Münchner Univiertel, um gegen die geltenden Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. Und das, obwohl die Demonstration vom Kreisverwaltungsrat (KVR) zuvor untersagt worden ist. Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl hatte man die Versammlung auf die Theresienwiese verlegt. Ein Marsch durch die Maxvorstadt wurde dann regelrecht erzwungen. Die Situation eskalierte und es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Polizisten. Am Montagabend (27. Dezember) „spazierten“ erneut Corona-Maßnahmen-Gegner durch die Innenstadt.
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Corona-Demo in München: Rangeleien bei „Spaziergang“ am Rindermarkt
Rund 150 unangemeldete Teilnehmer versammelten sich gegen 17.15 Uhr am Marienplatz, skandierten Parolen und hielten Grablichter in den Händen. Abstand- und Maskenregelung wurden dabei nicht eingehalten. Die Polizei verwies die Meute zum Rindermarkt und begrenzte die Versammlung bis 19.30 Uhr. Trotzdem kam es zu Rangeleien zwischen Einsatzkräften und der Polizei. Laut Polizeibericht sei „die Anwendung unmittelbaren Zwangs in Form von Schieben und Drücken erforderlich“ gewesen. Über einen Lautsprecher haben die Beamten Auflagen mitgeteilt und auf die Maskenpflicht hingewiesen.
„Ein verantwortlicher Versammlungsleiter gab sich nicht zu erkennen und konnte nicht identifiziert werden“, heißt es weiter. Insgesamt seien fünf Strafanzeigen (unter anderem wegen tätlichen Angriffs auf Polizeibeamte und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz) und eine Ordnungswidrigkeitenanzeige ausgestellt worden. 120 Beamten seien im Einsatz gewesen.
Nächster Protestmarsch mit mehreren tausend Teilnehmern bereits am Mittwoch geplant
Bereits für Mittwoch (29. Dezember) ist der nächste große Protestmarsch geplant. Das Bündnis „München steht auf“ hat eine Demonstration durch die Maxvorstadt beim KVR angemeldet. Das berichtet die Abendzeitung. Zusammen mit Sicherheitsbehörden prüft das Referat momentan die Anmeldung. „Die Abwägung zwischen dem Versammlungsrecht und möglicherweise gegenläufigen Interessen der Öffentlichkeit, Sicherheitsbelangen oder dem Gesundheitsschutz ist eine Entscheidung, die in jedem Einzelfall aufs Neue sorgsam getroffen werden muss“, erklärte ein Behördensprecher der AZ. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass das KVR den Marsch erneut auf die Theresienwiese verlegen wird.
Bei der Polizei laufen bereits Planungen, damit die Situation nicht erneut eskaliert. „Wir werden ein paar Hundert Beamte mehr einsetzen“, sagte ein Polizeisprecher der AZ. „Polizisten werden Präsenz zeigen und konsequent gegen Störaktionen einschreiten.“
Oberbürgermeister Dieter Reiter hatte sich vergangene Woche schockiert über die Ausschreitungen bei den „Spaziergängen“ gezeigt. „Es kann und darf nicht sein, dass bald private Treffen von mehr als zehn geimpften oder genesenen Menschen sanktioniert werden, hingegen Tausende, vermutlich ungeimpfte Personen bewusst gegen geltende Regeln verstoßen, andere dadurch gefährden und dies keine Konsequenzen nach sich zieht“, zitierte ihn der BR kurz vor Weihnachten. (tkip)
Bei einer unangemeldeten Corona-Demo in Schweinfurt ist es am 26. Dezember ebenfalls zu Ausschreitungen gekommen*. Die Polizei musste Pfefferspray und Schlagstöcke gegen die aggressiven Teilnehmer einsetzen. Ein Kind wurde dabei verletzt. *Merkur.de/bayern ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA