Münchner Gastro-Krise wegen Corona: Verdrängen Freischankflächen nun Parkplätze?
München will seinen Gastronomen in der Corona-Krise beispringen und die Freischankflächen ausweiten - wie weit, darüber wird allerdings im Stadtrat gestritten.
- Münchens Wirte erhalten in der Corona-Pandemie* Hilfe von der Stadt.
- Die Freischankflächen sollen erweitert werden - womöglich auch auf Bürgersteige und Parkplätze.
- Über diesen Vorschlag wird allerdings hitzig im Stadtrat München debattiert.
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München - In München gibt es rund 8000 gastronomische Betriebe. Die sind seit 17. März wegen Corona* geschlossen. Einige Gaststätten hatten sich mit dem Verkauf von Essen zum Mitnehmen* ein wenig über Wasser halten können. Am 18. Mai sollen nun Lokale mit Freischankflächen und die Biergärten bis 20 Uhr wieder öffnen. Speiselokale dürfen ab 25. Mai öffnen, bis 22 Uhr. Hygiene- und Abstandsregeln werden freilich weiterhin gelten. Mithin werden nicht alle Plätze belegt.
Um zumindest einigen Wirten zu helfen, hat der Stadtrat am Mittwoch beschlossen, die Freischankflächen* auszuweiten. Damit unterstützt das Gremium 2508 Betriebe. Ferner ist es Wunsch des Stadtrates, dass die Gebühren für die Nutzung der Freischankflächen so weit wie rechtlich möglich gesenkt werden. Laut Kämmerer Christoph Frey (SPD) sind die Zahlungen derzeit ohnehin gestundet. Die Entscheidung des Stadtrates geht auf mehrere Anträge von CSU, FDP, SPD und den Grünen zurück.

Freischankflächen in Corona-Krise: „Wichtiger Teil der Münchner Lebenskultur steht auf dem Spiel“
SPD-Vize Christian Vorländer sagte im Plenum: „Ein wichtiger Teil der Münchner Lebenskultur steht auf dem Spiel.“ Die Gastronomie brauche schnell Hilfe. Daher sollen Entscheidungen zur Ausweitung der Freischankflächen auch an der Stadtspitze, entweder von OB Dieter Reiter (SPD) oder Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle (SPD), getroffen werden – zeitlich befristet bis zum 30. September. Bis dato hatten die Bezirksausschüsse diesbezüglich das Primat.
Brigitte Wolf (Die Linke) kritisierte das Vorgehen. Die Bezirksausschüsse seien schließlich auch die Ersten, die bei Beschwerden kontaktiert würden. Hans-Peter Mehling (Freie Wähler) erwiderte: „Wir haben nur eine Chance, Hilfen schnell und unbürokratisch zu gewähren, wenn wir das zentral machen.“
CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl ärgerte sich, dass für die Erweiterung der Freischankflächen Stellplätze herangezogen werden. Die CSU hatte zuletzt beantragt, die Flächen auf den Bürgersteigen auszudehnen. „In den Lizenzgebieten gibt es einen hohen Parkdruck. Außerdem ist es nicht so lauschig, wenn alle fünf Minuten der Bus an einem vorbeifährt.“
Richard Progl (Bayernpartei) stellte sogar die Vermutung an, dass durch die Hintertür der Parkraum neu aufgeteilt werden solle. Gabriele Neff (FDP) sagte: „Ich kenne das: Wenn es einmal eingeführt wurde, dann bleibt das auch so.“
“Im Einzelfall können wir es machen, aber nicht pauschal“
Hermann Brem (Grüne) erwiderte, dass es hier nicht darum ginge, den Parkraum neu aufzuteilen. Andreas Schuster (SPD) sagte, dass man den Fußgängern den Platz wegnehme, wenn man die Freischankflächen auf den Gehweg verlege. Dass Parkplätze erfolgreich für den Aufenthalt umgenutzt werden können, habe der Versuch mit den Parklets* gezeigt. „Das war erfolgreich. In der Corona-Zeit ist es richtig, dass wir das ausweiten.“
Pretzl hatte zudem beantragt, den Gastronomen für 2020 die Nutzungsgebühren gänzlich zu erlassen. Das ist laut KVR-Chef Böhle aber nicht möglich, da sich auch die Stadt an die Abgabenordnung halten müsse. „Im Einzelfall können wir es machen, aber nicht pauschal.“ Die Freischankflächen sollen überdies nur an Straßen eingerichtet werden, an denen Tempo 30 gilt. Sollten Linienbusse und Trambahnen fahren, müsste die Verwaltung die Umsetzung detaillierter prüfen. „In jedem Fall werden die Parkplätze baulich und gestalterisch von der Fahrbahn abgegrenzt.“
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