Vielen droht das Aus: Münchner Veranstalter schlagen Alarm - Event zeigt, wie absurd ihre Situation gerade ist
Keine Konzerte vor größerem Publikum, keine Festivals: Viele Konzertveranstalter und Künstler kämpfen ums Überleben. Als flammender Appell an die Politik wird der Olympiaturm rot angestrahlt.
- Eine Branche in der Corona-Krise: Seit Monaten gibt es in München* keine Veranstaltungen vor größerem Publikum.
- Bund und Länder haben das Verbot von Großveranstaltungen bis Ende Oktober verlängert.
- Bundesweit finden am Montag Protestaktionen statt - auch am Münchner Olympiaturm.
- Die Veranstalterbranche befürchtet, noch bis Ende 2020 lahmgelegt zu sein.
München - Bund und Länder haben am Mittwoch beschlossen, Großveranstaltungen bis Ende Oktober zu verbieten. Auflagen mit gravierenden Folgen: „Die nächsten 100 Tage übersteht die Veranstaltungswirtschaft nicht“, sagt Tom Koperek, von der Veranstaltungstechnikagentur LK. Und er erklärt: „Die Veranstaltungswirtschaft zählt über eine Millionen Beschäftigte in Deutschland.“
„Die Lage ist katastrophal“, sagt auch ein Sprecher des Münchner Olympiaparks. „Manche Veranstalter mussten ihre Konzerte schon drei Mal verschieben.“ Um Events doch noch zu retten, könne man sich vorstellen, eine Idee aus Köln aufzugreifen, wonach Konzertbesucher in Plexiglasboxen sitzen. Der Olympiapark habe dem zuständigen Veranstalter ein Angebot unterbreitet, am Ende müsse das Ganze aber erst vom KVR genehmigt werden. Insofern hänge man mit Großveranstaltungen weiter in der Luft.
Corona-Einschränkungen für Veranstalter: Flammender Olympiaturm für „Night of Light“
Deshalb beteiligt sich der Olympiapark auch an der bundesweiten Aktion „Night of Light“, bei der am Montag in über 200 Städten Gebäude und Spielstätten in rotem Licht leuchten. Ein flammender Olympiaturm – ganz nach dem Motto: Alarmstufe Rot für die Veranstalter. Auch das Muffatwerk macht bei der Aktion mit. „Die Krise wird die gesamte Branche noch bis mindestens Ende des Jahres lahmlegen, denn die derzeitig zulässigen Besucherkapazitäten von zehn bis 15 Prozent der regulären Kapazitäten erlauben den freien Veranstaltern keinen rentablen Betrieb“, sagt Sprecher Ralf Binder.

München: Corona-Krise trifft nicht nur Veranstalter - Viele Künstler haben hohe Ausfälle
Düster ist die Stimmung auch im Backstage: Zwar hat am Montag die Münchner* Punk-Band The Munich Fiend Club „für die paar 50 Gäste“ gespielt, wie Geschäftsführer Hans-Georg Stocker sagt. „Aber eher, um die Absurdität mit den Absperrungen aufzuzeigen“. Und Stocker fügt hinzu: „Wir wissen nicht, wie eine Großveranstaltung überhaupt definiert wird. „Permanent in der Luft zu hängen, das macht krank.“
Um die Situation zu entschärfen, hält es die Münchner Konzertveranstalterin Andrea Blahetek-Hauzenberger von Global Concerts für möglich, Konzerte mit Maskenpflicht durchzuführen. „Auch weil wir am Einlass dies überprüfen und Kontrollen bei jedem Besucher durchführen könnten. Ebenso könnte kontrolliert werden, ob die Corona-Warn-App benutzt wird und durch unser ganzheitlich eingesetztes elektronisches Ticketing könnten alle Kontakte zurückverfolgt werden.“

Nicht nur die Veranstalter stecken in der Corona-Krise*. Musiker Sebastian Horn von den Bands Dreiviertelblut und Bananafishbones erklärt: „Bei uns sind 45 Konzerte weggefallen, das können wir nicht einfach nächstes Jahr nachholen.“ Pro Musiker fehlen nach Abzug der Steuern etwa 500 Euro pro Veranstaltung. Alternativen wie Autokino-Konzerte kommen für seine Bands nicht infrage. Horn: „Für mich gehört das bebende und schwebende Publikum dazu.“
Pasinger Fabrik bekämpft Corona-Beschränkungen mit Flucht an die Luft
Eine Alternative gefunden hat die Pasinger Fabrik. Insgesamt werden in diesem Sommer mehr als 50 Konzerte, Lesungen und Kabarett-Abende nach draußen verlegt – nicht nur an die Pasinger Fabrik, sondern auch in den Hof der Blutenburg und den Garten des Ebenböckhauses: „Sommerfrische“ lautet das Motto von 24. Juni bis 29. August (außer montags), worauf sich Geschäftsführer Frank Przybilla riesig freut. Seit 11. März war die Pasinger Fabrik geschlossen, der finanzielle Verlust liege im höheren fünfstelligen Bereich, rechnet Przybilla vor. „Hunderte Veranstaltungen sind ausgefallen.“

Doch mit neuem Konzept und Hygienemaßnahmen* sollen die Münchner doch noch Kultur genießen können: Etwa bei der Opera Frizzante, einem Opernabend mit Mozart, Puccini und Wagner. Oder bei der Beatles-Ausstellung „One day in Life“, bei der der München-Besuch der Band 1966 gezeigt wird. Przybilla ist sich sicher: „Wir haben einen Kulturauftrag – und werden ihn gerne erfüllen.“
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