„Die Natur gerät durcheinander“: Wie Pflanzen und Tiere auf den Endlos-Sommer reagieren

Ist das noch normal? Dass der Herbst dieses Jahr ungewöhnlich mild ist, sieht man auch an der Natur. Blumen und Bäume sprießen noch immer oder schon wieder, einige Tiere sind länger aktiv - und auch das Thema Heuschnupfen ist nach wie vor aktuell.
München - 17 Grad, strahlender Sonnenschein. Die Insekten schwirren herum, die Blumen blühen, die Bäume tragen Blätter. Nein, wir befinden uns nicht im Frühjahr, sondern schon Ende Oktober. Der Klimawandel beschert uns heuer voraussichtlich das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Nicht ohne Folgen: „Die Prozesse in der Natur geraten durch die Klimaerwärmung durcheinander“, sagt Martin Hänsel, Geschäftsführer vom Bund Naturschutz München.
Blumen und Bäume blühen zu früh oder zu spät
Der städtische Rosengarten an der Isar ist bunter denn je im Oktober. „Der Sonnenhut blüht immer noch, sonst ist eigentlich im September Schluss“, berichtet Gärtner Kay Grassall. Auch die Rosen blühen dort noch ungewöhnlich reichlich. „Und der Winter-Schneeball blüht gerade – das ist früh. Wir stellen viele Verschiebungen fest.“ Sogar der ein oder andere Obstbaum trägt bereits Blüten. „Das liegt daran, dass die Bäume durch die sommerliche Trockenheit in eine Ruhepause gehen, die sonst eigentlich im Winter stattfindet. Der Baum wird fehlgeleitet“, erklärt Experte Martin Hänsel.
Beobachtet man rein die Entwicklungen in der Natur, kommt Agrarmeteorologin Bianca Plückhahn vom Deutschen Wetterdienst gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland zu dem Schluss: „Der Herbst dauert insgesamt zwei Wochen länger als noch im Zeitraum 1961 bis 90“. Laut einer Studie der ETH-Zürich tragen Bäume inzwischen länger ihr Herbstlaub – doch dieses sei wegen Schäden durch Hitze seltener rot und gelb, sondern braun.
Igel denkt noch nicht an Winterschlaf
Auch die Tierwelt ist durcheinander. In München fliegen noch viele Mücken herum – und stechen auch zu. Hänsel: „Sie halten sich heutzutage länger – bis die wirklich tiefen Temperaturen kommen.“ Und auch der Igel tappst eifrig herum. „Er findet noch ausreichend Nahrung und kann Gewicht zulegen – und geht entsprechend später in den Winterschlaf.“

Heuschnupfen hat fast das ganze Jahr Saison
Für Allergiker können die auffallend milden Temperaturen ganz schön nervig sein. Die Heuschnupfensaison geht immer früher los – und dauert auch immer länger. „Früher war von November bis Januar Pause, mittlerweile sind es nur noch ein paar Wochen“, sagt der Münchner Hautarzt und Allergie-Experte Christoph Liebich. Kaum ist die eine Saison vorbei, steht auch schon die nächste vor der Tür. Im Herbst könne es passieren, dass die Brennnessel, die Ambrosia und eventuell Gräser länger fliegen als früher, erklärt Christoph Liebich.
Dann geht es gleich wieder weiter mit der Nieserei: „Die Hasel und die Schwarzerle sind oft schon Mitte Dezember aktiv – drei bis vier Wochen früher als im langjährigen Mittel“, sagt Christina Endler vom Zentrum für Medizin-Meteorologische Forschung des DWD. Nur der November gelte noch als fast ganz pollenfrei, Wenigstens ein kurzes Aufatmen.
Mehr News finden Sie in unserer brandneuen tz-App, jetzt im verbesserten Design mit mehr Personalisierungs-Funktionen. Direkt zum Download, mehr Informationen gibt es hier. Sie nutzen begeistert WhatsApp? Auch dort hält Sie tz.de/muenchen ab sofort über einen neuen Whatsapp-Kanal auf dem Laufenden. Hier geht‘s direkt zum Kanal.