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Erben in der Millionen-Falle! Diese Tücken lauern im Testament - Münchner Anwalt erklärt die häufigsten Fehler

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Von: Andreas Thieme

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Gemeinsames Haus: Unverheiratete sollten sich absichern
Wer ohne Trauschein eine Immobilie kauft, muss gut planen. Sinnvoll ist ein Testament, denn sonst greift die gesetzliche Erbfolge. © Christin Klose/dpa-tmn/Symbolbild

Das Erbe nach dem eigenen Tod zu regeln ist eine der wichtigsten Aufgabe im Leben. Doch nur jeder Fünfte hat vorgesorgt - was oft zu Streit in der Familie führt.

München - Es gibt keine gesetzliche Pflicht, ein Testament zu erstellen. Aber es kommt oft zum Streit, wenn es keines gibt. Wenn das Dokument fehlt, greift die gesetzliche Erbfolge. Zum Beispiel, wenn der Vater stirbt: Dann muss sich die Ehefrau mit den Kindern einigen. „Ihnen stehen jeweils sogenannte Erbquoten zu: der Frau meist 50 Prozent – wenn es zwei Kinder gibt, stehen ihnen je 25 Prozent zu“, sagt Philipp Pfab, Fachanwalt für Erbrecht in München*. Witwe und Kinder bilden in dieser Konstellation eine Erbengemeinschaft. Pfab erklärt: „Das ist mitunter misslich, wenn es nur eine Immobilie gibt, die gemeinsam bewohnt wird: Etwa, wenn die Ehefrau im Haus wohnen bleiben will, die Kinder aber die Immobilie verkaufen wollen, weil sie Geld sehen möchten.“ Wenn sich die Hinterbliebenen nicht einigen, kommt es im Zweifel zur Versteigerung.

Münchner Anwalt erklärt die Tücken im Testament: Problem Nr. 1 - Oft geht es um Formfehler

Ein Stift, ein Blatt Papier. Mehr braucht es nicht, um ein Testament zu schreiben. Aber: Es muss handgeschrieben sein. Mit Datum und Unterschrift - vor allem unter der letzten Seite. „Es reicht nicht, ein ausgedrucktes Word-Dokument zu unterschreiben“, sagt Pfab. Auch jemand anders darf das Testament nicht schreiben. Bereitet ein Anwalt einen Entwurf vor, muss der Erblasser ihn handschriftlich ab- und auch unterschreiben. Bei gemeinschaftlichen Testamenten von Ehepaaren reicht es, wenn einer den Text schreibt und dann beide das Testament unterschreiben.

Problem Nr. 2: Das Testament zu spät machen

Zum Problem wird das im Falle einer Demenz. Denn der Erblasser muss in der Lage sein, zu verstehen, was er im Testament festlegt – in seiner Form und Tragweite. „Sonst kann seine Testierfähigkeit von den Erben angezweifelt werden“, sagt Pfab. Falls sie erfolgreich klagen, gilt die gesetzliche Erbfolge. Zum Problem wird auch, wenn der Erblasser plötzlich krank wird und stirbt. „Gesetzlich erben seine Frau und seine Tochter aus erster Ehe – sie mochten sich nie, müssen sich dann aber über eine Immobilie verständigen, weil der Mann das in seinem Testament nicht geregelt hat. Er hatte es stets aufgeschoben, den eigenen Nachlass zu regeln – später konnte er es krankheitsbedingt nicht mehr“, so Pfab.

Problem Nr. 3: Die Erben sind unklar

Ein Testament regelt den letzten Willen und setzt die Erben ein. Blöd nur, wenn unklar ist, wer gemeint ist. „Alles an Anna“ gilt als Testament – falls klar ist, wer Anna ist. Erbrechtler Pfab rät zu konkreten Formulierungen: „Alleinerbin wird meine Nichte Anna.“ Vorsicht: „Ich vermache“ sollte man nicht schreiben. Denn ein Vermächtnis – etwa 20.000 Euro an den Tierschutzverein – wandert zunächst in den Topf des Erben, der das Vermächtnis dann herausgeben muss.

Problem Nr. 4: Die Grammatik stimmt nicht

„Anna erbt nicht, aber Berta.“ Oder: „Anna erbt, nicht aber Berta.“ Hier entscheidet das Komma, wer erbt und wer nicht. Kurios: Wenn der Verfasser gar kein Komma setzt, ist der Haupterbe unklar. Dann muss das Nachlassgericht ermitteln, was der Erblasser wollte. „Ich kenne Fälle, da gab es fünf verschiedene Ansichten dazu aus der Familie“, so Pfab. Im Zweifel regelt das Gesetz dann die Nachfolge.

Problem Nr. 5: Fachbegriffe sind verwechselt

Kurz mal googeln und dann testieren – keine gute Idee. Denn Laien machen Fehler bei Fachbegriffen. Vollerbe, Vorerbe, Ersatzerbe, Nacherbe, Schlusserbe: „Wenn im Testament nicht konkret wird, wer gemeint ist oder die Formulierung rechtlich gar nicht passt, hat man ein Problem“, sagt Pfab. Beispiel: Ein Mann bestimmt seine Frau zur Vorerbin für sein Haus, sein Kind zum Nacherben. Bedeutet: Wenn er stirbt, erbt die Frau; wenn sie stirbt, das Kind. In der Konsequenz kann die Witwe dann nicht mehr frei entscheiden, falls sie eine neue Familie gründet–sie ist gebunden an den Willen des Mannes, der das Erbe nach dem Tod der Frau dem Kind zuspricht. Die Ehefrau kann das Haus also lebenslang benutzen – aber nicht verkaufen. Ein dramatischer Unterschied. „Deshalb warne ich vor Vordrucken aus dem Internet“, sagt Pfab.

Video: Das Erbe kann auch verschenkt oder an eine Stiftung vermacht werden

Problem Nr. 6: Angaben sind unklar

„Mein Erbe bekommt der, der mich am Lebensende bis zum Tod gepflegt hat.“ Hier ist der Erbe nicht benannt und es kommen mitunter mehrere Personen infrage. „Viele Gerichtsentscheidungen drehen sich darum, ob der geäußerte Wille des Erblassers wirksam bestimmbar ist oder nicht“, sagt Pfab. Nicht geklärt ist im Beispiel auch der Umfang und die Dauer der Pflege.

Problem Nr. 7: Der Ersatzerbe fehlt

Ein Vater setzt seine Tochter als Alleinerbin ein. Doch was, wenn auch sie stirbt? Das sollte im Testament des Vaters mit bedacht werden, indem er einen Ersatzerben benennt. Zum Beispiel den Mann oder die Kinder der Tochter. Sonst gilt die gesetzliche Erbfolge. Auch für den Fall, dass die Tochter das Erbe ausschlägt, sollte ein Nacherbe benannt sein. „Ein Testament erfordert hier Weitsicht, sagt Pfab.

Problem Nr. 8: Den Pflichtteil nicht bedacht

Im Erbrecht geschützt sind Ehegatte und Abkömmlinge. Wenn der Vater also Frau und Kinder enterbt und alles einem Kumpel vererbt, geht die Familie zunächst leer aus. Zu ihrem Schutz gibt es den Pflichtteilsanspruch – hier in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbanspruches, also je 12,5 Prozent. Heißt: Frau und Kind können eine Zahlung von dem Kumpel fordern. Jedes Kind bekommt damit einen Anteil von 12,5 Prozent: bei einem Haus- und Grundstückswert von 400.000 Euro je 50.000 Euro. Oft führt diese Konstellation zwangsweise zum Verkauf des Hauses, weil der Erbe die Pflichtteilsberechtigten sonst nicht auszahlen kann.

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