Erste Praxis in der Messestadt eröffnet: Kinder endlich verarztet

Schon während der Schwangerschaft werden viele Eltern damit konfrontiert: Sie suchen teils sehr lange nach einem Kinderarzt und müssen dann oft weite Wege auf sich nehmen. In der Messestadt ist nun ein Projekt geglückt, das auch anderen unterversorgten Stadtteilen helfen könnte.
Wie lange haben die Eltern aus der Messestadt Riem darauf gewartet: Nach vielen Jahren ohne einen einzigen Kinderarzt im Viertel hat Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) nun gestern endlich feierlich eine Praxis eröffnet, in der Werner-Eckert-Straße 10. Sechs Jahre hat die Realisierung gedauert – nur dank vereinter Kräfte hat es überhaupt geklappt.
Messestadt: kinderreich, aber bislang ohne Kinderarzt
Die Münchner Messestadt ist mit rund 4600 Kindern und Jugendlichen der kinderreichste Stadtteil, deshalb schmerzte diese Lücke bislang besonders. „Viele Kinder im Stadtteil sind nicht zu Vorsorgeuntersuchungen gegangen, weil es einfach keine erreichbaren Praxen mit Kapazitäten gab“, erklärte Viktoria von Wulffen, Vorstandsvorsitzende der Stiftung Lichtblick Kinder- & Jugendhilfe, die die Praxis initiiert hat. Das Problem der Messestadt steht exemplarisch für einige unterversorgte Stadtteile oder Gegenden um München, etwa die Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt oder Milbertshofen/Am Hart (s. Tabelle rechts).

Bei der Praxis in der Messestadt handelt es sich um keine gewöhnliche Praxis, sie ist ein gemeinnütziges Gemeinschaftsprojekt der Startstark gGmbH, der München Klinik gGmbH und der Stiftung Lichtblick Kinder- und Jugendhilfe unter Mitwirkung des Gesundheitsreferates. Die Hilfe war nötig, weil die Zahl der Ärzte zwar auf großräumige Bereiche festgelegt ist, nicht aber auf Ebene der Stadtbezirke – und manche Standorte sich kaum lohnen. „Damit eine Praxis sich trägt, sind gerade Kinderärzte auch auf Privatpatienten angewiesen – und davon gibt es aufgrund der sozialen Struktur in Stadtteilen wie der Messestadt sehr wenige“, erklärt Norbert Blesch, Geschäftsführer von Startstark. Hinzu käme, dass es hier besonders viele kinderreiche Familien gäbe. Das heißt für den Arzt: hohe Inanspruchnahme bei wenig Verdienst.
Stiftung gewährleistet vorerst Finanzierung
Die Lösung: Weil die Praxis mit Personal- und Mietkosten wirtschaftlich kein Selbstläufer ist, hat die Stiftung einen maßgeblichen Anteil der Anschubfinanzierung geleistet, um den Praxisbetrieb in den ersten Jahren finanziell zu unterstützen – mit Spenden von Unternehmen und Privatpersonen, Ein weiterer Kniff: Die Praxis wird von der München Klinik als Filiale des zur München Klinik gehörenden MediCenters betrieben. Der in München praktizierende Kinderarzt Dr. Mathias Wendeborn hat hierfür seinen Sitz an das MediCenter gegeben, in dem er als angestellter Arzt die Praxis aufgebaut hat.
Vorbild für andere Stadtteile?
Hell ist sie geworden, die neue Praxis. Sie ist mit nagelneuem medizinischem Gerät ausgestattet und beherbergt drei Behandlungsräume sowie zwei Wartezimmer. Norbert Blesch: „Nur durch die Spendenbereitschaft und den Mut und die Bereitschaft der Landeshauptstadt, dieses Projekt zu unterstützen, können wir nun endlich eröffnen.“ Lässt sich hoffen, dass dieses Beispiel Schule machen wird und künftig auch die Eltern anderer Stadtteile aufatmen können. Immerhin sagte OB Dieter Reiter gestern: Das Konzept hat Modellcharakter auch für andere Stadtteile.“ Und Dr. Tim Guderjahn, Geschäftsführer der München Klinik, fügte hinzu, diese Praxis zeige beispielhaft, „wie die optimale Vernetzung von ambulanten und stationären Versorgungsangeboten in Zukunft aussehen kann.“