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Die Bahn raubt uns den Schlaf: Stadt soll Bürger vor Güterzuglärm schützen

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Von: Katrin Hildebrand

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Bahn-geplagt: Stefanie Bartle (links) vom Aktionskreis contra Bahnlärm mit Mitstreiter Richard Pentlehner und Monika Barzen
Bahn-geplagt: Stefanie Bartle (links) vom Aktionskreis contra Bahnlärm mit Mitstreiter Richard Pentlehner und Monika Barzen. © Sigi Jantz

Der Bezirksausschuss nimmt das Rathaus in die Pflicht: Vehement fordert das Gremium einen Lärmschutz für die Anwohner der Berberitzenstraße. Diese leben direkt an einem Gütergleis, können deswegen oft nicht mehr schlafen.

München - Stefanie Bartle vom Aktionskreis contra Bahnlärm (A.c.B.) lebt in der Bocksdornstraße und zählt zu den Betroffenen. „Oft kommt genau dann, wenn ich ins Bett gehe, alle zehn Minuten ein Zug“, sagt sie. „Die wecken einen nicht aus dem Tiefschlaf, aber sie hindern einen am Einschlafen.“ Im Sommer nächtigt die Familie deswegen sogar im Keller. Das Schlafzimmer sei zu heiß, und ein Fenster könne man wegen der Züge nicht öffnen: Mit einer Handy-App hat Bartle nach eigenen Angaben um die 75 Dezibel in ihrem Schlafzimmer gemessen.

Auch nachts rauschen die Güterzüge vorbei. Einige mit um die 100 Dezibel – und das mitten im Wohngebiet. Einen Lärmschutz gibt es nicht. Dabei sind die Zugzahlen seit 2011 deutlich gestiegen. Und sie sollen weiter nach oben gehen. Theoretisch könnten bis zu 48 Züge jeden Tag über das Gleis 5566 in der Lerchenau fahren. Das prognostiziert die Bahn bis 2025. Seit Jahren plant das Unterneh men außerdem, die Feldmochinger Kurve, einen unterbrochenen Gleisabschnitt zwischen Gleis 5566 und dem östlichen Teil des Münchner Nordrings, zu reaktivieren. Damit würde den Zügen ein umständliches Hin und Her am Rangierbahnhof Nord erspart. Die Anwohner fürchten für diesen Fall allerdings noch mehr Verkehr – und noch mehr Lärm.

Das Münchner Planungsreferat plädierte 2017 noch für ein Planfeststellungsverfahren für die Neuauflage der Feldmochinger Kurve. Ein solches Verfahren sähe eine Bürgerbeteiligung vor und könnte auch Lärmschutzmaßnahmen ermöglichen. Doch nun fällt das Urteil der Behörde etwas schwammiger aus. In einer neuen Beschlussvorlage für den Stadtrat ist nur noch verklausuliert von Planfeststellung die Rede. Auch lehnt das Referat eine Lärmvorsorge durch die Stadt wegen des möglichen Präzedenzfallcharakters kategorisch ab.

S-Bahn-Lärm: Bürger machen mobil - Deutsche Bahn reagiert

Der Bezirksausschuss (BA) Feldmoching-Hasenbergl zeigt sich darüber schwer enttäuscht. „Die Bürger in der Lerchenau werden im Stich gelassen“, sagte Christian Zöller (CSU). „Die Stadt folgt der Bahn im rechtlichen Bereich völlig. Unsere Fraktion aber wird keiner Beschlussvorlage zustimmen, die keinen Lärmschutz für die Lerchenau vorsieht.“ Die anderen Parteien sehen das genauso.

Da die Bahn nicht dazu verpflichtet werden kann, sollen Stadt und Freistaat einspringen

Der BA nimmt nun das Rathaus in die Pflicht. „Die Entscheidung über Lärmschutz kann nicht nur rein rechtlich getroffen werden, es muss eine politische sein“, sagt der Vorsitzende Markus Auerbach (SPD). Die Stadt sei mitverantwortlich für die Immissionsbelastung der Menschen in der Berberitzenstraße und den anderen betroffenen Arealen in der Lerchenau. Sie habe schließlich entschieden, dass jeglicher Güterverkehr, der nicht direkt nach München muss, über den Nordring abgewickelt werde. Gleis 5566 mündet in den Nordring, ist also direkt betroffen.

Auerbach wendet sich auch an den Freistaat. Auch dieser sei an der Zunahme des Güterverkehrs in der Lerchenau mit schuld: „Er hat beschlossen, den Zulauf zum Brennerbasistunnel über München zu organisieren.“ Beide Seiten müssten nun Maßnahmen aktiven Lärmschutzes schaffen und eigene Mittel einsetzen, um die Bürger zu schützen, da die Bahn rechtlich voraussichtlich nicht dazu verpflichtet werden kann.

Markus Auerbach (SPD) sieht Stadt und Freistaat in der Verantwortung
Markus Auerbach (SPD) sieht Stadt und Freistaat in der Verantwortung. © FKN

Bei aller Kritik gibt es von Seiten des Bezirksausschusses aber auch ein Lob für das Planungsreferat. In der Beschlussvorlage geht es auch um den mit der Feldmochinger Kurve verbundenen Bahnübergang an der Wilhelmine-Reichard-Straße. Anders als für die Kurve wird es für diesen definitiv ein Planfeststellungsverfahren geben. Bahn und Behörde überlegen nun, die Kurve in diesem Verfahren zumindest „nachrichtlich“ zu erwähnen. Damit wäre theoretisch der Weg geebnet, dagegen Einwände zu erheben, gegebenenfalls sogar zu klagen. „Dafür danken wir dem Planungsreferat“, sagte Auerbach.

Der Bürgerverein A.c.B. hegt noch eine weitere kleine Hoffnung. Durch Recherchen fand er heraus, dass die Strecke 5566 früher ein Stück weiter westlich verlief. Als sie verlegt wurde, sei dies angeblich nicht planfestgestellt worden. Das könnte ihren heutigen rechtlichen Status theoretisch ändern. Die Stadt wurde gebeten, das zu prüfen. Bisher gab es jedoch noch keine Antwort.

Lärmbelästigung der etwas anderen Art: Eine Neubürgerin stört sich am Glockengeläut einer Kirche im Oberland. Die Glocken sollen schweigen, verlangt sie. Der Pfarrer reagiert deutlich - und ziemlich cool via Facebook.

Die besten und wichtigsten Geschichten aus diesem Teil Münchens posten wir auch auf der Facebook-Seite „Mein Feldmoching/Hasenbergl“.

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