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So gefährlich ist der Alltag der Bahn-Kontrolleure

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Eduard Imblon (54), Chef der MVG-Kontrolleure, kennt Gewalt gegen seine Mitarbeiter
Eduard Imblon (54), Chef der MVG-Kontrolleure, kennt Gewalt gegen seine Mitarbeiter. © Jantz

München - Die Gewalt gegen Bahn-Kontrolleure ist gestiegen. Im Interview spricht ihr Chef über den harten Alltag und den Umgang mit schwierigen Fahrgästen.

Montag 9.10 Uhr, S3 Westkreuz: Eine Starnbergerin (50) tritt mit dem Fuß gegen zwei Bahn-Kontrolleure und schlägt mit der Faust zu. Nur ein paar Stunden später, um 12.45 Uhr, in einer S-Bahn kurz vor Pasing: Ein wohnsitzloser Rumäne tritt einem DB-Mitarbeiter gegen das Bein und versucht, ihn mit dem Kopf zu stoßen. Dienstagabend, Bahnhof Erding: Ein betrunkener 50-Jähriger schlägt auf einen Security-Mitarbeiter ein und verletzt ihn an Hand und Bein, nur weil er nicht rauchen durfte.

Das sind nur drei Fälle innerhalb von zwei Tagen. Die Gewalt gegen Bahn-Kontrolleure wird immer schlimmer! Deutschlandweit sind die Übergriffe auf Mitarbeiter der Deutschen Bahn von 2014 auf 2015 um 20 Prozent gestiegen, auf 1800 Fälle. 2016 traf es allein in Bayern 300 Sicherheitsmitarbeiter und anderes Personal.

Die Eisenbahnergewerkschaft EVG kämpft schon lange für mehr Sicherheit für ihre Mitarbeiter. „Wir sind froh, dass wir erst vor sechs Wochen mit der Deutschen Bahn vereinbart haben, dass Mitarbeiter, die das wollen, bessere Schutzwesten bekommen und nach entsprechender Schulung auch ein Pfefferspray mit sich führen können“, sagt Sprecher Uwe Reitz.

In der tz packt der Chef der MVG-Kontrolleure aus – so hart ist ihr Alltag wirklich - das Interview mit Eduard Imblon (54), Chef der MVG-Fahrkartenkontrolleure.

„Die Hemmschwelle sinkt allgemein“

Herr Imblon, wie gefährlich ist der Job des Kontrolleurs?

Eduard Imblon: Wir arbeiten in einem der sichersten Nahverkehrssysteme überhaupt. Aber tatsächlich verzeichnen wir einen deutlichen Anstieg der Angriffe auf unsere Mitarbeiter: von 14 Fällen im Jahr 2015 auf 27 im vergangenen Jahr.

Wie erklären Sie sich das?

Imblon: Einmal liegt das daran, dass wir einfach mehr kontrolliert haben.

Warum?

Imblon: Es gibt immer mehr Fahrgäste. Und die Schwarzfahrerquote lag viele Jahre bei 2,5 Prozent der kontrollierten Fahrgäste. In den vergangen Jahren ist die Zahl aber auf 3 Prozent angestiegen. Da gab es Handlungsbedarf.

Aber die verstärkten Kontrollen sind nicht der einzige Grund für die Gewaltzunahme …

Imblon: Nein, da steckt ein gesellschaftliches Problem dahinter. Die Hemmschwelle sinkt allgemein, auch verbal. Wir werden gerne mal „Arschloch“ genannt. Beleidigungen gehören zum Tagesgeschäft. Bei massiver Beleidigung gibt’s aber eine Anzeige!

Gewalt sollte allerdings nicht zum Alltag gehören.

Imblon: Übergriffe sind auch nicht alltäglich. Einige bleiben einem allerdings im Gedächtnis, weil sie über Schubsereien hinausgehen.

Was meinen Sie?

Imblon: Einmal hat ein Schwarzfahrer einem Kollegen derart stark in den Finger gebissen – bis auf die Knochen. Der Kollege war lange krank geschrieben.

Haben Sie weitere Beispiele?

Imblon: Besonders schlimm war, als ein Kontrolleur ins Gleisbett geschubst wurde. Glücklicherweise nachdem der Zug gerade ausgefahren war – und die U-Bahnwache zufällig vor Ort war und ihn rausziehen konnte. Dennoch erlitt der Kontrolleur schwere Hüftverletzungen. In einem anderen Fall ist Gott sei Dank nichts passiert: Da wurde ein Mitarbeiter mit dem Messer bedroht.

Gibt es einen Typ von Fahrgast, der besonders gerne ausrastet?

Imblon: Das geht durch alle Schichten. Auch der schicke Fahrgast glaubt mal, er sei im Recht, weil er sich für etwas Besseres hält.

Im Kabel1-Video: Hier wird ein Kontrolleur auf‘s Übelste beschimpft

Video

Interview: Nina Bautz/Glomex

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