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„Glaube an Schutzengel“: Münchnerin wird im Sommer 100 Jahre alt - das sind ihre Geheimnisse

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Von: Leoni Billina

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Elisabeth Pointner ist 99 Jahre alt - im Juni wird sie 100.
Elisabeth Pointner ist 99 Jahre alt - im Juni wird sie 100. © Achim Frank Schmidt

Im Haus an der Tauernstraße von der Münchenstift leben zur Zeit über 20 Seniorinnen und Senioren, die über 95 Jahre alt sind. Sie erzählen von ihrem Leben und verraten, was das Geheimnis eines langen Lebens ist.

Sie blicken auf erfüllte und bewegte Lebensgeschichten zurück: Im Alten- und Pflegeheim der Münchenstift an der Tauernstraße in Harlaching leben derzeit über 20 Seniorinnen und Senioren, die über 95 Jahre alt sind. Unzählige schöne, traurige und spannende Geschichten stecken in diesen Jahrzehnten voller Lebenserfahrung.

Münchenstift-Mitarbeiterinnen Stefanie Kelly und Tina Mazuran
Münchenstift-Mitarbeiterinnen Stefanie Kelly und Tina Mazuran © Achim Frank Schmidt

Das dachten sich auch die beiden Münchenstift-Mitarbeiterinnen Stefanie Kelly und Tina Mazuran: Für die Ausstellung „Alles nach Plan?“ haben sie einige der ältesten Bewohner porträtiert und zu Wort kommen lassen. Ihre Interviews beleuchten die Biografien der Bewohnerinnen und Bewohner. Es geht um Pläne, die die Senioren in ihrer Kindheit hatten und die Wege, die das Leben genommen hat. Das Projekt können die Bewohner, Angehörigen und Besucher aktuell in den Gängen des Altenheims in Harlaching bewundern.

Unsere Zeitung hat das Haus an der Tauernstraße besucht und mit den Protagonisten gesprochen: Über ihre Kindheit, Berufswege und Familie – und nachgefragt, was genau das Geheimnis eines so langen Lebens ist.

Elisabeth Pointner (99): Dank an Schutzengel

In zwei Monaten hat Elisabeth Pointner Geburtstag. Sie wird 100 Jahre alt. Feiern will sie diesen Meilenstein nicht besonders – eine Freundin wird sie besuchen, außerdem ihr Neffe und dessen Frau. Kein großes Tamtam. Elisabeth Pointner hat ein bewegtes Leben hinter sich. Aufgewachsen ist sie in Wien, kam als junge Frau nach Bayern, weil ihr späterer Ehemann dort lebte und nach dem Zweiten Weltkrieg wieder im Familienbetrieb arbeitete. Die Reise von Wien nach Bockhorn bei Erding war abenteuerlich. Mit Zügen und in Viehwaggons, teils versteckt, weil man zu dieser Zeit nur mit einem Passagierschein reisen durfte. Sie hatte keinen. „Ich war mein Leben lang nie besonders gläubig“, sagt Elisabeth Pointner. „Aber an eins glaube ich fest: an meine Schutzengel.“ Vielleicht sind die auch der Grund, warum die Wienerin nun bald 100 Jahre alt wird. Ein Rezept für so ein langes Leben hat sie nicht. „Ganz ehrlich, ich weiß es nicht, wie man so alt wird. Ich habe mein Leben lang gearbeitet, alles, was dahergekommen ist, angenommen.“

Ein Leben voller Arbeit

Als lebenstüchtig beschreibt Elisabeth Pointner ihre Mutter – und wenn sie so von ihrem Leben erzählt, dann merkt man, dass sie diese Eigenschaft geerbt hat. Zunächst machte sie eine Lehre als Schneiderin, arbeitete dann im Land- und Gastwirtschaftsbetrieb der Schwiegereltern. Schließlich zogen sie und ihr Mann nach München. An der Boschetsrieder Straße eröffneten sie ein Papiergeschäft, das sie 29 Jahre lang gemeinsam und erfolgreich führten.

Seit einem Sturz 2021 lebt Elisabeth Pointner im Haus an der Tauernstraße. „Was soll man sagen, man ist halt nicht mehr taufrisch“, sagt die 99-Jährige. „Am Ende muss man froh sein, dass alles so gut gegangen ist.“

Helga Kimpel (97): Traum vom Tanz erfüllt

Schon als Kind träumte Helga Kimpel (97) davon, Tänzerin zu werden. Diesen Traum verfolgte sie so zielstrebig, dass er tatsächlich wahr wurde – allerdings nicht ohne Schwierigkeiten.

Nach der Schule zog sie oft um, erzählt Helga Kimpel den Münchenstift-Mitarbeiterinnen Stefanie Kelly und Tina Mazuran. So lebte sie in Leipzig, Berlin und Essen, wo sie schließlich an der Folkwangschule studierte. Die Folkwang-Universität der Künste ist eine angesehene Hochschule für Musik, Theater und Tanz.

Helga Kimpel hat sich den Traum vom Tanzen erfüllt
Helga Kimpel hat sich den Traum vom Tanzen erfüllt © Michaela Auer

Doch dann kam der Krieg – ihre Ausbildung als Tänzerin musste sie deshalb unterbrechen. Stattdessen wurde sie dienstverpflichtet, kümmerte sich um die Kinder einer Familie und arbeitete im Lazarett auf Schloss Elmau. Ihr Leben führte sie anschließend nach Paris – wo sie ein Tanzstudio mit Rosalie Daladier leitete. Rosalie Daladier war die Schwiegertochter des französischen Politikers Édouard Daladier, der vor dem Krieg auch Ministerpräsident Frankreichs war.

Das Leben als Tänzerin erforderte vollen Einsatz: „Meine Selbstdisziplin half mir, den Alltag zu meistern“, erzählt Helga Kimpel.

Nach München kam die Tänzerin schließlich, um sich um ihre Mutter zu kümmern, der es gesundheitlich nicht gut ging. Und auch hier verfolgte sie ihre Leidenschaft fürs Tanzen weiter: Bis zu ihrem 88. Lebensjahr führte sie ein Tanzstudio in München.

Gabor Wagner (95): Bewegung hält mich fit

Wenn man Gabor Wagner fragt, was ihm in seinem Leben wichtig war, kommt die Antwort schnell. „Der Kopf“, sagt der 95-Jährige und tippt sich mit dem Zeigefinger an die Schläfe. „Ich war in meinem Leben immer wissbegierig.“ Gabor Wagner ist in Ungarn aufgewachsen, zur Schule ging er in Pécs. Zuerst Gymnasium, dann Handelsschule – „ich wollte immer der Beste sein“, erinnert er sich.

Lernen und fleißig sein, das zieht sich durch sein Leben. Ob im Umgang mit den Pferden der Familie, bei der Weinherstellung mit dem Vater oder in der Schule und später im Medizinstudium – immer wollte er dabei sein, lernen, mehr wissen als die anderen.

Gabor Wagner (95) ist sich sicher: Viel Bewegung hat ihn fit gehalten
Gabor Wagner (95) ist sich sicher: Viel Bewegung hat ihn fit gehalten © Achim Frank Schmidt

So setzte er sich auch ein ehrgeiziges Ziel: Chirurg werden! Diesen Traum erfüllte er sich und arbeitete später an der Uniklinik in Mainz.

Gabor Wagner war der erste Arzt seiner Familie – jetzt studierte seine Enkeltochter auch Medizin

Im Studium lernte er auch seine spätere Frau kennen. Mit ihr bekam er zwei Töchter – von denen die eine Augenärztin wurde. Außerdem hat er zwei Enkelkinder – die Enkeltochter studiert Medizin. „Eine richtige Medizinerfamilie, das kann man schon so sagen“, sagt Gabor Wagner stolz.

Heuer wird er 96 Jahre alt – und er glaubt auch zu wissen, warum. „Ich habe mich immer viel bewegt, viel Sport gemacht“ – sein Rezept für ein langes Leben. Als Junge schon sei er immer mit dem Rad unterwegs gewesen und schwimmen gegangen und auch heute ist er mehrmals die Woche sportlich aktiv.

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