Verfassungsschutz darf die AfD in Bayern nicht mehr überwachen ‒ Hintergründe zur Entscheidung in München

Die heimliche Ausforschung der AfD verstöße gegen die Chancengleichheit. Darum dürfe der Verfassungsschutz die AfD nicht mehr beobachten. Details zum heutigen Urteil
Bei der Beobachtung der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) darf das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz bis auf Weiteres keine nachrichtendienstlichen Mittel einsetzen. Das hat das Verwaltungsgericht München entschieden.
In der Mitteilung des Verwaltungsgerichtes heißt es: „Danach wird dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz vorläufig untersagt, gegenüber der Partei nachrichtendienstliche Mittel einzusetzen und Öffentlichkeitsarbeit hinsichtlich möglicher verfassungsfeindlicher Bestrebungen der Partei zu betreiben.“ Die Beobachtung der Partei auf Basis offen zugänglicher Informationen bleibe allerdings möglich.
Verfassungsschutz Bayern: AfD will kein „Verdachtsfall“ mehr sein
Die AfD wehrt sich seit dem 5. Oktober vor dem Verwaltungsgericht dagegen, als sogenannter „Verdachtsfall“ für verfassungsfeindliche Bestrebungen behandelt zu werden. Die sogenannte Zwischenentscheidung des Verwaltungsgerichts enthält laut Mitteilung „keine inhaltliche Entscheidung darüber, ob tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen der Partei AfD bestehen, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beseitigen“. Selbst für eine nur vorläufige Beantwortung dieser Frage werde das Gericht „angesichts der komplexen Sachlage noch einige Zeit benötigen“.
Gericht: Heimliche Ausforschung greife in die Tätigkeit der Partei ein
Das Gericht stellte fest, „dass der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel mit dem Risiko heimlicher Ausforschung schwer in die Tätigkeit der Partei eingreife“. Zusammen mit der Veröffentlichung der Beobachtung der Partei als Verdachtsfall bestehe „die Gefahr einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit der Partei insbesondere im Hinblick auf den künftigen Landtagswahlkampf“.
Das Gericht betonte aber auch, dass der Verfassungsschutz mit der Sicherung der freiheitlich demokratischen Grundordnung eine Aufgabe von hohem verfassungsrechtlichem Rang wahrnehme. Die AfD müsse deshalb vorläufig hinnehmen, zumindest aus öffentlich zugänglichen Quellen beobachtet zu werden, entschied das Gericht.
Im September: Beobachten ja, aber nur verhältnismäßig
Das Innenministerium hatte im September verlautbart, dass die AfD auch in Bayern als Gesamtpartei vom Verfassungsschutz beobachtet werde. „Das dient der Aufklärung, inwieweit in der AfD als Gesamtpartei Bestrebungen vorliegen, die den Kernbestand des Grundgesetzes zu beeinträchtigen oder zu beseitigen versuchen“, hieß es zur Begründung. Landtagsabgeordnete würden aber nicht beobachtet.
Wie die dpa mitteilt, hatte ein Sprecher des bayerischen Verfassungsschutzes damals aber bereits betont: „Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit ist zu berücksichtigen, dass die AfD noch nicht als erwiesen extremistisch eingestuft ist.“ Damit machte er schon vor der jetzigen Entscheidung des Gerichts deutlich, dass dem Landesamt bewusst ist, dass nicht automatisch alle nur denkbaren Maßnahmen jederzeit erlaubt sind.
Wann das Gericht im Eilverfahren entscheiden wird, ist derzeit noch offen. Dies lasse sich derzeit noch nicht prognostizieren. Gegen den Beschluss (Az. M 30 E 22.4913) können die Beteiligten innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einlegen.
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