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Bayern: Bürger können unberechtigt verhängte Corona-Bußgelder zurückfordern ‒ Aber es gibt Ausnahmen

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Von: Kristina Beck

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Polizeibeamte kontrollieren in einem Park die Einhaltung der Vorschriften zur Eindämmung des Coronavirus.
Polizeibeamte kontrollierten damals in Parks und öffentlichen Plätzen die Einhaltung der Vorschriften zur Eindämmung des Coronavirus. (Symbolbild) © Sebastian Gollnow/dpa

Geld zurück wegen Unverhältnismäßigkeit: Bayerns Bürger können sich formlos Bußgelder zurückerstatten lassen. Was Betroffene jetzt wissen müssen

München ‒ Die eigene Wohnung ohne triftigen Grund zu verlassen, war während der Zeit der Ausgangsbeschränkungen zu Beginn der Corona-Pandemie in Bayern nicht nur nicht gerne gesehen, es wurden auch nicht wenige Bußgelder verhängt.

Allerdings sei das Vorgehen nicht verhältnismäßig gewesen und stelle einen schweren Eingriff in die Grundrechte dar, hat das Bundesverwaltungsgericht Ende 2022 festgestellt. Nun können Bürgerinnen und Bürger bestimmte unberechtigt verhängte Corona-Bußgelder zurückfordern.

Unberechtigt und unverhältnismäßig: Bayerische Bürger haben bei den Corona-Bußgeldern ein Anrecht auf Rückerstattung

Konkret geht es um Fälle, in denen Menschen zu Beginn der Pandemie zur Kasse gebeten wurden, weil sie alleine oder mit Angehörigen ihres Hausstandes ihre Wohnung verließen und sich im Freien aufhielten. Das teilte das Gesundheitsministerium am Freitag laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) nach Prüfung der inzwischen vorliegenden Urteilsbegründung mit.

Die Betroffenen ‒ dies dürften bayernweit einige Tausend sein ‒ können die Rückzahlung demnach nun formlos bei den damals zuständigen Behörden beantragen.

Wie und wo beantrage ich die Rückerstattung?

„Beim Thema Rückzahlungen setzen wir auf ein möglichst einfaches Vorgehen“, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). „Die Anträge auf Rückzahlung werden nun unbürokratisch abgearbeitet.“

Wenn das Bußgeld per Bußgeldbescheid verhängt wurde, entscheiden laut Ministerium die Bezirksregierungen über die Rückerstattungen. Die Anträge können dann bei den Kreisverwaltungsbehörden, die den Bußgeldbescheid erlassen haben, oder direkt bei der für die jeweilige Kreisverwaltungsbehörde zuständigen Regierung eingereicht werden.

Wurde das Bußgeld hingegen von einem Gericht ausgesprochen, sind die Justizbehörden für die Entscheidung über die Rückerstattung zuständig.

„In diesen Fällen wird empfohlen, den Antrag bei dem Gericht, das in erster Instanz über die Geldbuße entschieden hat, oder bei der für dieses Gericht zuständigen Staatsanwaltschaft zu stellen“, so die Erläuterung des Gesundheitsministeriums.

Wem steht die Rückerstattung zu?

Die Rückzahlung steht nur denjenigen zu, die das Bußgeld in explizit bezahlen mussten, weil sie ihre Wohnung damals verließen, „um alleine oder mit Angehörigen des eigenen Hausstands im Freien zu verweilen“. Holetschek betonte, dass in allen anderen Fällen keine Geldbußen zurückgezahlt würden.

Etwa wenn Bußgelder verhängt wurden, weil Menschen die eigene Wohnung verlassen haben, um andere zu treffen oder gar Partys zu feiern, heißt es bei der dpa.

Hintergrund der Entscheidung zur Rückerstattung der Corona-Bußgelder in Bayern

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte Ende November 2022 geurteilt, dass die strengen Ausgangsbeschränkungen des Freistaats im April 2020 unverhältnismäßig und unwirksam waren.

„Das ganztägig und damit auch während der Tagstunden geltende Verbot, die eigene Wohnung zum Verweilen im Freien zu verlassen, war ein schwerer Eingriff in die Grundrechte der Adressaten“, entschieden die Verwaltungsrichter.

Die Staatsregierung hatte daraufhin eine Rückzahlung von unberechtigt verhängten Bußgeldern angekündigt ‒ aber erst nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe des Bundesverwaltungsgerichts.

Insgesamt waren im fraglichen Zeitraum, vom 1. bis 19. April 2020, bayernweit rund 22.000 Bußgelder wegen Verstößen gegen die damalige Ausgangsbeschränkung verhängt worden. Allerdings dürfe nach Angaben der dpa nur ein Teil der Betroffenen, die genaue Zahl ist unklar, auf Rückzahlung hoffen.

Reaktion auf das Vorgehen: FDP fordert aktiveren Umgang von der Staatsregierung

FDP-Fraktionschef Martin Hagen reicht das nicht: „Die Staatsregierung sollte die betroffenen Bürgerinnen und Bürger zumindest proaktiv über die Möglichkeit einer Rückzahlung informieren lassen, soweit dies durch die Verwaltungsbehörden bei vorliegenden Daten über die Bußgeldbescheide möglich ist.“

Immerhin habe auch die Staatsregierung den Fehler zu verantworten. „Zuerst werden die Menschen rechtswidrig zuhause eingesperrt und jetzt sollen sie auch noch selbst ihrem Geld hinterherlaufen - das ist respektlos gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern“, zitiert die dpa Martin Hagen.

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