In dem mutmaßlichen Bekennerschreiben wird aber noch ein anderes Ziel des Brandanschlags benannt: das „Rüstungsunternehmen“ Rohde & Schwarz am Münchner Ostbahnhof. Dort reagiert man auf die Drohung ruhig.
„Rohde & Schwarz sichert seine kritischen Infrastrukturen gegen Störeinflüsse von extern durch ein umfassendes Sicherheitskonzept ab, die Auswirkungen waren überschaubar“, so eine Sprecherin.
Auch auf politischer Ebene ist Forst Kasten weiter Thema: So hat der BA Au-Haidhausen einstimmig eine Resolution verabschiedet. Darin fordert er die Stadt auf, „alle rechtlich möglichen Wege zu beschreiten, um die Baumfällungen und die Auskiesung zu verhindern“.
Außerdem kritisieren die Lokalpolitiker die Einwirkung der Regierung von Oberbayern auf die Stadträte im Sozialausschuss im Stadtrat. Diese habe vor der Abstimmung in der vergangenen Woche den „Stadträten mögliche juristische Konsequenzen derart drastisch dargestellt, dass die freie Ausübung des Mandates beeinträchtigt worden sein kann“.
Dass sich BAs in Angelegenheiten einschalten, die nicht ihr eigenes Territorium betreffen, ist selten. Antragssteller Martin Wiesbeck von den Grünen sagt: „Klimaschutz geht uns alle an. Wenn Bäume fallen, egal wo, dann spüren wir die Auswirkungen in der Arktis, in der Sahelzone und eben auch in der Au und in Haidhausen.“
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Post erklärt in einem offenen Brief an OB Dieter Reiter, dass er weiteren Kies-Abbau für „grundfalsch“ halte und moniert, dass München einerseits den Klimanotstand ausrufe, andererseits einen Wald abholzen wolle.
Die FDP-Stadtratsfraktion spricht sich stattdessen für die Aufforstung von Ersatzflächen in oder um München aus. Der Kies-Abbau in Forst Kasten sei rechtlich nicht zu verhindern.
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Letztes Update: 20. Mai 2021, 15.02 Uhr
Die Entscheidung ist gefallen: Der Sozialausschuss der Stadt München hat sich gegen einen Stopp der Kies-Abbau-Pläne im Forst Kasten entschieden. Dagegen stimmten nur die Vertreter von ÖDP und Linke, wie Stadtrat Tobias Ruff (ÖDP) gegenüber Hallo erklärte.
Die meisten anderen Ausschussmitglieder sahen sich genötigt, dem Vorhaben zuzustimmen - auch wenn sie politisch dagegen sind. Denn ein Stopp des Abbaus, für das die Arbeiten bereits ausgeschrieben wurden, sei rechtswidrig.
Konkret heißt es von der Regierung von Oberbayern: „Ist ein Ausschreibungsverfahren eingeleitet, kann dieses rechtmäßig nur unter sehr engen Voraussetzungen aufgehoben werden, ohne dem besten Bewerber den Zuschlag zu erteilen. Insoweit genießen die Bewerber Vertrauensschutz. Keinen Grund für die Aufhebung einer Ausschreibung stellt es beispielsweise dar, wenn sich lediglich die Motivationslage des Ausschreibenden ändert. „
Genehmigt ist der Rohstoffabbau damit aber noch nicht, darüber muss der Landkreis entscheiden. Auch ein entsprechender Genehmigungsantrag liegt bisher nicht vor.
Ein Aktivisten-Camp, das seit Dienstag im Forst Kasten besetzt ist, muss nun - nach Entscheidung des Sozialausschusses der Stadt eigentlich geräumt werden. Das sieht die Versammlungsgenehmigung der Polizei vor.
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Naturfreunde kämpfen weiterhin gegen die Kiesgrube im Forst Kasten. In der Nacht auf Donnerstag beleuchtete eine Gruppe das Münchner Rathaus am Marienplatz mit einer Licht-Aktion. Dort war mit grünen Buchstaben zu lesen #kastibleit.
Mit der Aktion wollten die Veranstalter auf die Abstimmung im Münchner Sozialausschuss aufmerksam machen, die heute über den Kies-Abbau bei Neuried entscheidet.
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Erstmeldung: 19. Mai 2021
Seit Jahren kämpfen Naturschützer gegen eine Kiesgrube auf 9,5 Hektar Wald der städtischen Heiliggeistspital-Stiftung im Forst Kasten. Am Donnerstag. 20. Mai, wird der Sozialausschuss der Stadt München dieser voraussichtlich zustimmen – obwohl viele Stadträte das Gegenteil wollen.
Weil ein Gutachten der Regierung von Oberbayern besagt, dass ein Stopp des Projekts rechtswidrig wäre und Schadensersatzforderungen in sechsstelliger Höhe nach sich zöge, sieht sich die Rot-Grüne-Regierungskoalition dazu gezwungen, Ja zu sagen. Nur die ÖDP will gegen den Beschluss stimmen, so Sprecherin Judith Bauer. Diese Entwicklung treibt Umweltfreunde und -organisationen jetzt auf die Barrikaden.
Mit Plakaten und Sprechchören machten Demonstranten bereits am Dienstag vor dem Sitz der Regierung von Oberbayern ihrem Ärger Luft. „Die Abholzung konterkariert die deutsche und bayerische Klimaschutzpolitik und macht sie völlig unglaubwürig“, sagt Malwina Andrassy von der Inititative „Wald-Neuried-Erhalten“, die sich wie Greenpeace, der Bund Naturschutz oder das Grünzug Netzwek Würmtal der Demo angeschlossen hat.
Sie alle fordern: Die Behörde muss das Vorhaben erneut prüfen. Und dabei einbeziehen, dass die Stadt München 2019 den Klimanotstand ausgerufen und die Justiz erst vor drei Wochen die Bundesregierung zu schärfen Klimaschutzmaßnahmen verdonnert hat.
Inwieweit solche Aspekte von der Regierung von Oberbayern bisher berücksichtigt wurden, wollen auch vier Grünen-Landtagsabgeordnete um Christian Hierneis aufklären. Sie haben der Staatsregierung eine schriftliche Anfrage mit mehrseitigem Fragenkatalog zugeschickt.
Zwar wisse man, dass dieser nicht vor der Sitzung am Donnerstag beantwortet werden muss. „Wir hoffen aber, dass unsere Anfrage den ein oder anderen Stadtrat noch zum Zögern bringt“, so Hierneis gegenüber Hallo. „Unsere Anwälte sagen, dass der Stadtrat keinen Schadensersatz zahlen muss, wenn er wegen fehlender Informationen eine falsche Entscheidung getroffen hat.“ Das hätten eigene Gutachten der Kies-Gegner ergeben.
Und offene Fragen gebe es noch jede Menge: Etwa: Was passiert, wenn die Klage der Gräfelfinger Kiesfirma Glück, die bei der Ausschreibung der Stadt nicht zum Zuge gekommen war, Erfolg hat? Sind dann erneut Schadensersatzforderungen gegenüber dem Stadtrat möglich?
In der Gemeinde Neuried hofft man hingegen, auch nach dem Ja des Münchner Stadtrats den Abbau stoppen zu können. „Wir verfolgen weiter unseren Plan, den Forst Kasten als Vorranggebiet für Rohstoffabbau aus dem Regionalplan zu bekommen“, so Bürgermeister Harald Zipfel (SPD).
Ein wichtiges Wort mitzureden hat dabei auch der Kreistag. Der muss bestätigen, dass die 9,5 Hektar Wald für den Kies-Abbau aus dem Landschaftsschutzgebiet und Bannwald herausgenommen werden. „Erst wenn das geschieht, können wir klagen“, so Hierneis, der auch Geschäftsführer der Bund Naturschutz Stiftung ist.
Viele legen ihre Hoffnung daher nun auf Landrat Christoph Göbel. Der hatte einst in Neuried versprochen, nur dann den neuen Kies-Abbau im Forst Kasten zu genehmigen, wenn die Firma Glück den Zuschlag erhält. Andernfalls müssten weiter Zu- und Abfahrten aus dem Wald gebaut werden. „Eine Vereinbarkeit solcher zusätzlicher Infrastruktur zur Erschließung mit den festgesetzten Schutzzielen wird im Landratsamt kritisch gesehen“, heißt es auf Anfrage.
Aber: Noch liege der Behörde kein Genehmigungsantrag vor. Ohne können man keine Aussage zur Genehmigungsfähigkeit geben.
Auch in Neuried kam es am Dienstag es zu einer Demonstration mit ca. 30 Teilnehmern im Forst Kasten. Es handelte sich dabei um eine nicht angemeldete Versammlung, bei der sich auch eine Person auf einem Baum befestigt hatte. Die Versammlungsleiterin wurde von der Polizei über ihre Rechte und Pflichten belehrt und die Versammlungsteilnehmer hielten sich an die coronabedingten Hygiene- und Abstandsregeln.