Bayerns Ärzte schlagen Alarm - KVB mit aktuellen Zahlen zur Pandemie

Die Pandemie hat alles im Griff: Wie niedergelassene Ärzte darunter leiden, zeigen die Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns. Was eindringlich gefordert wird.
München - Die Allgemein-, Facharzt- und Psychotherapeutischen Praxen und ihre Teams arbeiten seit bald zwei Jahren auf Hochtouren, leisten in der Corona-Pandemie enorme zusätzliche Arbeit: 9,2 Millionen Schutzimpfungen wurden erteilt, 35 Millionen Patienten aktiv versorgt und 70 Millionen Arzt-Patienten Kontakte gab es allein im ersten Halbjahr 2021 in Bayern.

Diese Zahlen teilte nun der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) mit – und verband sie mit einer eindrücklichen Warnung an die neue Regierung: „Die Anerkennung fehlt, die Teams werden dünner, der ambulante Betrieb muss entlastet werden“, so Vorstand Dr. Wolfgang Krombholz.
Laut KVB leiden in Bayern 67 000 Patienten an Long-Covid
„Die von der alten Bundesregierung geforderte Schnelligkeit und Koordination, Digitalisierung und die drohende Strafzahlung an niedergelassene Ärzte – da hat man den Kollegen keinen Gefallen getan.“ Sie würden das steigende Patienten-Aufkommen in der Pandemie täglich effektiv bewältigen: „67 000 Patienten leiden bereits unter Long-Covid.
Wie sich dieses Phänomen langfristig auf den Praxisbetrieb auswirken wird, wissen wir nicht.“ Eine Erhebung der KVB bei über 300 Fachärzten laufe. „Schon jetzt aber ist klar, dass die zugespitzte Situation finanzieller Förderungen der Praxen bedarf – analog zu den Kliniken.“
Zusätzliche Hürde für Ärzte und Angestellte sind der hohe zeitliche Aufwand: „Rund 61 Arbeitstage benötigt eine Praxis, um geforderte Daten zu hinterlegen.“ Zu viel, meint Vorstandskollege Dr. Pedro Schmelz: „Handhabung und Datenschutz muss machbar sein, die gesetzgeberische Zumutung ist erreicht.“

Durch die zur Verfügung gestellte, fehlerhafte IT wäre Praxenpersonal behindert worden: „14 Tage dauerte es im Schnitt allein, Software-Fehler zu beheben.“ Der Wunsch an die neue Regierung: „weniger Bürokratie, Druck und Sanktionen für Praxen, dagegen Honorare und verlässliche Preise sicherzustellen.“
Die Lücken in der Versorgung, sei es bei Haut- und HNO-Ärzten, bei Neurologen wie Kinderärzten, die auch schon vor der Pandemie sichtbar waren, würden sich nun eklatant zeigen.
Vorständin Dr. Claudia Ritter-Rupp warnt: „Gerade die junge Generation leidet stark psychisch unter der Pandemie. Die psychosoziale Entwicklung vieler Kinder ist gestört, das zeigt sich in Ängsten, Depression, Übergewicht, Mediensucht.“ Doch selbst wenn die Diagnose gestellt wird: Es gibt keinen therapeutischen Versorgungsplatz.
Wartezeit für Psychotherapeuten beträgt drei Monate
„Wir sprechen im Therapiebedarf bei der Generation der Acht- bis 29-Jährigen von einer Zunahme von 15 bis 25 Prozent.“ Allein die Plätze gäbe es nicht:
„Psychotherapeuten haben jetzt im Schnitt knapp sechs neue Anfragen pro Woche –Während in München mehr als 50 % der Psychotherapeuten einen Behandlungsplatz für eine langfristige Therapie innerhalb von 3 Monaten anbieten können, ist dies in Oberfranken nicht einmal bei 20 % der psychotherapeutisch tätigen Praxen der Fall.“ Zu spät, warnt sie. „Da wurde die staatliche Bedarfsplanung nicht an die Pandemie angepasst.“
Kinder-Impfen – das sagt die KVB
Am 15. Dezember startet Bayern mit den Covid-19-Impfungen bei Kindern – eine Herausforderung für alle Kinderarztpraxen. „Zu den üblichen Krankheiten und Untersuchungen ist die Covid-Impfung eine On-Top-Leistung mit intensiver Beratung“, weiß Dr. Pedro Schmelz.
Erst recht, nachdem viele Eltern aufgrund nicht-einheitlicher Empfehlungen von Europäischer Arzneimittel-Agentur und Ständiger Impfkommission (STIKO) verunsichert sind.
Quelle: www.hallo-muenchen.de