Rosenthals Urgroßmutter Dorline Springer wurde 1877 in München geboren. Sie war mit dem Kaufmann David Springer verheiratet und bekam zwei Töchter. Seit 1913 lebte die Familie im Rosental 19. Im Januar 1942 musste Dorline in die „Judensiedlung Milbertshofen“ in der Knorrstraße ziehen, aus der sie die Gestapo wenig später in das Ghetto Piaski deportierte.
Ihre Todesumstände sind nicht bekannt. Dorline Springers 1904 geborene Tochter Elisabeth Springer besuchte das Lyzeum am St.-Anna-Platz, studierte Wandmalerei an der Städtischen Malschule und bestand 1931 die Schauspielprüfung. Zehn Jahre später wurden sie und ihr Mann, der Autor Josef Weiss, nach Kaunas deportiert und dort erschossen.
Einer zweiten Tochter von Dorline Springer, Anni Springer, gelang die Ausreise in die USA. Allerdings kam sie nie darüber hinweg, dass sie ihre Mutter nicht retten konnte und nahm sich 1969 das Leben. „Auch sie ist ein Opfer des Holocausts“, meint Judith Rosenthal. „Doch für sie gibt es leider kein Erinnerungszeichen.“
In dieser Woche werden für insgesamt 20 Münchner jüdischer Abstammung Tafeln an ihren jeweiligen Wohnhäusern angebracht. Sie alle wurden zwischen 1933 und 1945 von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet. Die Zeichen bestehen aus Edelstahl und sind vergoldet. Es gibt sie als Wandtafeln an der Fassade und als Stelen auf öffentlichem Grund.
Zur feierlichen Anbringung sind auch Angehörige aus Übersee wie Nancy Freund-Heller angereist. Sie zitiert in ihrer Rede den Autor Clint Smith: „Kein Stein, kein Denkmal, kein Museum kann das Leben von Millionen von Menschen zurückbringen. Dennoch müssen wir versuchen, diese Leben zu ehren und diese Geschichte so gut wie möglich zu erklären.“ Heller hat sich – zum Teil mit der Unterstützung ihres über 90-jährigen Vaters – neun Monate lang mit den Biografien ihrer ermordeten Verwandten beschäftigt.
Sie erinnert speziell an das Leben von sieben getöteten Mitgliedern der Familie Sänger. „Die Sängers waren eine große Familie und Mit-Inhaber eines Ingenieurbüros, das mit der Wasserver- und Entsorgung vieler Gemeinden in Bayern beauftragt war. Einige Söhne der Familie hatten im Ersten Weltkrieg gedient“, weiß Heller. Für sie werden an verschiedenen Orten Erinnerungszeichen angebracht.
Am Mittwoch, 24. Mai, findet ab 11 Uhr an der Rotunde im Stadtarchiv München an der Winzererstraße 68 eine Feier für ermordeten Mitglieder der Familie Sänger statt. Um 12.30 Uhr wird für Stephan Sänger an der Tengstraße 32 ein Erinnerungszeichen angebracht. Es folgt eine weitere Tafel für Selma Sänger an der Haimhauserstraße 2 um 13.30 Uhr. Am Franz-Josef-Strauß-Ring 4 bekommt um 15.45 Uhr Alfred Sänger eine Tafel. Um 16.45 werden noch Erinnerungszeichen für Anneliese, Berta, Irene und Fritz Sänger an der Maria-Einsiedel-Straße 4 angebracht. Eine Übersicht weiterer Standorte von Erinnerungszeichen gibt es online unter https://stadt.muenchen.de/infos/erinnerungszeichen.
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